Devisen

Euro und Anleiherenditen im Aufwind – Grüne treiben Märkte?

Der Euro steigt weiter, auch deutsche Anleiherenditen sind im Aufwind. Die Grünen befeuern heute Optimismus für das Sondervermögen.

Franziska Brantner. Foto: Bloomberg

Der Euro zeigt aktuell weiteren Aufwind, so auch die deutschen Anleiherenditen. Lehnten die Grünen gestern noch ihre Zustimmung zum Sondervermögen von CDU und SPD ab, so signalisieren sie heute Verhandlungsbereitschaft. Man darf vermuten: Die Grünen wollen lediglich mehr für die eigene „gute“ Sache rausschlagen. Zusagen für Elektroauto-Subventionen, mehr Geld für Klimaschutzprojekte, NGO-Finanzierung, grüner Stahl usw? Schließlich kann man ja so ziemlich alles als Infrastruktur-Investition bezeichnen, was dann Teil des 500 Milliarden Euro-Sondervermögen werden würde?

Euro und Anleiherenditen im Aufwind

Meine Vermutung: Werden grüne Wunschprojekte beim neuen Konjunkturpaket über 500 Milliarden Euro umfassend genug gewürdigt, dürften die Grünen der Grundgesetzänderung zustimmen, für dessen Zweidrittel-Mehrheit ihre Stimmen notwendig sind. Aber was, wenn die Grünen sich doch verweigern? Dax, Euro und Anleiherenditen könnten absacken! Aber diese aktuelle Hoffnung, dass die Grünen doch noch zustimmen werden, kann man aktuell wohl im steigenden Euro und bei den steigenden Anleiherenditen ablesen. Im Chart sehen wir als rote senkrechte Linie den Zeitpunkt Dienstag Abend letzte Woche, wo Friedrich Merz das 500 Milliarden Euro-Paket verkündete – letztlich ein Geschenk für die SPD, damit sie überhaupt zu Koalitionsverhandlungen antritt – ein verdammt teures Antrittsgeschenk!

Seit genauer einer Woche sehen wir den Sprung der zehnjährigen deutschen Anleiherenditen von 2,50 % bis gestern Abend auf 2,81 %, jetzt sind wir bei 2,87 % angelangt (rote Linie in der Grafik). Die blaue Linie zeigt den Verlauf von Euro gegen Dollar. EURUSD lag vor einer Woche noch bei 1,0517, gestern Abend dann bei 1,0827. Heute sehen wird den Wechselkurs bei 1,0929.

Die steigende Anleiherenditen zeigen die Aussicht auf die anstehende massive Neuverschuldung des deutschen Staates durch das Sondervermögen. Und der steigende Euro zeigt die Aussicht auf ein massives Konjunkturprogramm durch Sondervermögen und unbegrenzte Rüstungsausgaben, die von der Schuldenbremse ausgenommen sein sollen. Damit kann man die Konjunktur in Deutschland und ganz Europa antreiben. Dies sorgt für Geldströme Richtung Eurozone und pusht erst einmal den Euro nach vorne. Bei europäischen Aktien, Euro und Anleiherenditen kann es die nächsten Tage zu erhöhter Volatilität kommen, je nach Nachrichtenlage bezüglich des Sondervermögens. Kommt das Paket durch den Gesetzgebungsprozess oder nicht?

Grafik zeigt Verlauf von Euro und deutschen Anleiherenditen seit Anfang letzter Woche

Grüne sehen Chance für Verteidigungsausgaben-Deal in dieser Woche

Die Grünen sind bereit noch in dieser Woche eine Einigung zu erzielen, die den Weg für hunderte Milliarden Euro an Verteidigungs- und Infrastrukturausgaben mit dem voraussichtlichen nächsten Kanzler Friedrich Merz ebnen würde. „Natürlich sind wir bereit zu verhandeln“, sagte die Co-Vorsitzende der Grünen, Franziska Brantner, heute in einem Bloomberg-TV-Interview. “Die Lage in der Ukraine ist ernst, und wir brauchen wirklich, dass Europa seine eigenen Verteidigungsausgaben erhöht.“ (Aussagen ab Minute 13 im Video).

Als die Gespräche zur Überwindung der Pattsituation am späten Montag in Berlin begannen, forderten die Grünen strengere Regeln für Verteidigungsausgaben. Das Gegenangebot signalisierte, dass eine Einigung möglich sei – und ein enger Verbündeter von Merz sagte, die beiden Positionen seien nicht „meilenweit voneinander entfernt“.

Der von den Christdemokraten geführte Block um Merz und die Sozialdemokraten legten letzte Woche ein umfassendes Finanzreformpaket vor, das sich auf die Erhöhung der Verteidigungsausgaben und die Schaffung eines 500 Milliarden Euro schweren Infrastrukturfonds konzentriert. Die Grünen lehnten den Vorschlag jedoch am Montag in seiner jetzigen Form ab und kritisierten ihn als Versuch, damit „Wahlgeschenke“ zu finanzieren.

Brantners Kommentare schürten die Erwartungen, dass höhere Haushaltsausgaben das europäische Wachstum ankurbeln und den Euro gegenüber dem Dollar auf ein Viermonatshoch heben werden, während die deutschen Anleihen, angeführt von Anleihen mit längeren Laufzeiten, weiter fielen. Der Euro stieg um bis zu 0,8 % auf 1,0921 Dollar, während die zehnjährigen deutschen Anleiherenditen um bis zu sechs Basispunkte auf 2,89 % stieg, den höchsten Stand seit Donnerstag.

Die Grünen werden nicht Teil der nächsten Regierung sein, aber ihre Unterstützung ist erforderlich, um das Finanzierungspaket zu verabschieden, das eine Änderung des deutschen Grundgesetzes erfordert. Merz strebt an, das Paket durch beide Kammern des Parlaments zu bringen, bevor am 25. März der neue Bundestag zusammentritt, sodass nur wenig Zeit bleibt, um Probleme mit einer Partei zu lösen, die vom konservativen Block regelmäßig kritisiert wird. Sobald das neu gewählte Parlament seine Arbeit aufgenommen hat, wird es viel schwieriger sein, eine Zweidrittelmehrheit zu erreichen, da die AfD und die Linke den Plan ablehnen.

Kein Blankoscheck

Brantner kritisierte das Verteidigungsgesetz als zu eng gefasst, da es keine Ausgaben für Geheimdienste oder Unterstützung für die Ukraine enthalte und der Regierung zu viel Spielraum für Ausgaben für andere Projekte biete. „Wir sind nicht bereit, einfach einen Blankoscheck auszustellen und der Regierung freie Hand für Ausgaben zu geben, ohne Strukturreformen, ohne Ehrgeiz, ohne Hilfe für die Ukraine“, sagte sie. ‚Dafür sind wir nicht da.“

Die Grünen schlugen vor, die Schwelle für Ausnahmen von den Schuldenregeln für Verteidigungsausgaben auf 1,5 % des Bruttoinlandsprodukts anzuheben, verglichen mit 1 % in Merz‘ Plan. Das bedeutet, dass mehr Verteidigungsausgaben Teil des regulären Haushalts wären. Brantner sagte, die Gespräche, an denen sie nicht direkt teilnahm, seien „nicht so einfach“ gewesen. Brantner war Staatssekretärin im Wirtschaftsministerium der scheidenden Regierung und wurde im November zur Co-Vorsitzenden der Grünen gewählt. „Wir bleiben konstruktiv und ernsthaft“, sagte sie. “Wir sind bereit, das zu tun, was für unser Land notwendig ist.“

Der CDU-Abgeordnete Thorsten Frei, ein enger Verbündeter von Merz, bezeichnete die 1,5-%-Ausnahme als „im Bereich des Vorstellbaren“ – und sagte, dass die Parameter der Verteidigungsausgaben untersucht werden müssten. „Es ist nicht so, dass es meilenweit auseinander läge, wo es unmöglich wäre, sich zu einigen“, sagte Frei heute im Deutschlandfunk. Einige in Merz‘ eigenen Reihen kritisierten den Umgang des voraussichtlichen Kanzlers mit den Grünen, so Personen, die mit den Diskussionen vertraut sind. Eine Person warf dem konservativen Parteichef vor, es fehle ihm an emotionaler Intelligenz, um mit einer Partei umzugehen, die er seit langem verärgert hat.

Dennoch, obwohl Merz‘ Team von dem harten Nein der Grünen überrascht wurde, sieht es immer noch Spielraum für eine Einigung in letzter Minute, sagte ein CDU-Funktionär am Montag. Ein SPD-Funktionär sagte auch, dass diese Woche eine Einigung erzielt werden könnte – und dass die Grünen den Preis durch politisches Muskelspiel in die Höhe treiben würden. Alle sprachen unter der Bedingung der Anonymität, da die Gespräche hinter verschlossenen Türen stattfinden.

Über eine Einigung mit den Grünen hinaus muss der künftige Kanzler auch seine eigenen einfachen Abgeordneten auf seiner Seite halten. Eine CDU/CSU-, SPD- und Grünen-Mehrheit im aktuellen Bundestag würde bedeuten, dass die Marge bei etwas mehr als 30 Stimmen liegt. Der CDU-Abgeordnete Thomas Heilmann sagte dem Magazin Stern, dass angesichts der Tatsache, dass viele Abgeordnete den Bundestag nach dem 25. März verlassen werden, eine stabile Mehrheit nicht garantiert sei. Er warf auch rechtliche Fragen zur Dauer der Debatte auf.

Merz setzte unterdessen seine parallelen Gespräche zur Bildung einer Regierung mit der SPD fort, nachdem sein CDU/CSU-Block die Wahl am 23. Februar gewonnen hatte. Die Sondierungsgespräche führten zu einer vorläufigen Einigung über die Bildung einer Koalitionsmehrheit am Samstag. Die Parteien werden nun in den kommenden Wochen formelle Verhandlungen führen, um die Differenzen in Fragen wie Ausgaben und Migration zu verringern. Merz hat erklärt, dass er bis zu den Osterferien, die am 18. April beginnen, einen Koalitionsvertrag abschließen will.

Kommentar

FMW-Kommentar: Deutsche Aktien, Euro und Anleiherenditen spielen derzeit alle die Aussicht, dass Sondervermögen und Aufrüstung ohne Schuldenbremse es wirklich durch den parlamentarischen Prozess schaffen. Aber was, wenn nicht? Dann könnte man schlagartig ein Abrutschen der Kurse erleben.

FMW/Bloomberg



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1 Kommentar

  1. Das Problem ist nur das die Grünen zwar das Geld für die Verteidigung genehmigen würden, aber nicht die 500 Mrd für Wahlgeschenke. Nur ohne das würde die SPD es nicht machen.

    Interessant ist, dass der Bundeskanzler im 3. Wahlgang auch mit einer relativen Mehrheit gewählt werden kann. Merz müsste sich dann als Kanzler Mehrheiten suchen. Wäre machbar, funktioniert anderswo auch. Für ein Sondervermögen ginge das bsw mit den Grünen.

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