Anleihen

Euro und Renditen für Anleihen steigen – Märkte sehen EZB-Zinsanhebung

Euro-Symbol

Erstmals ließ EZB-Chefin Christine Lagarde heute in ihrer PK durchblicken, dass man sich bei der Inflation geirrt hat. Für die EZB-Sitzung im März hält Lagarde sich eine Änderung der Zinspolitik offen. Das heißt aber nicht, dass schon bald eine Zinsanhebung anstehen dürfte – sondern vielleicht eher eine Andeutung für höhere Zinsen später im Jahr? Jedenfalls sehen wir als Reaktion auf die Aussagen der EZB, dass der Euro gegen den Dollar ansteigt (EURUSD steigt von 1,1284 auf 1,1395), und dass die Renditen für deutsche Bundesanleihen (Laufzeit 10 Jahre) auch spürbar ansteigen, nämlich von 0,04 Prozent vor der EZB-Verkündung auf jetzt 0,14 Prozent. Am Anleihemarkt ist das ein großer Sprung – vor allem wenn man bedenkt, wie lange die Renditen der zehnjährigen deutschen Anleihen im Negativbereich lagen.

Dieser Anstieg bei Euro und Renditen für Anleihen zeigt, dass durch die Worte von Madame Lagarde am Markt offenbar eine stärkere Zinsanhebung für die Eurozone eingepreist wird. Dies sieht auch der weltweit anerkannte Kapitalmarktexperte Christophe Barraud so. Er twittert hierzu aktuell, dass Händler, die bisher von einer Zinsanhebung der EZB im September um 0,10 Prozentpunkte ausgingen, jetzt eine Anhebung von 0,25 Prozentpunkten erwarten.

Experten mit aktuellen Kommentaren zur PK der EZB

Thorsten Polleit von der Degussa, kommentiert aktuell, dass Christine Lagarde, nach Zinssteigerungen befragt, auf den Monat März verwiesen hat, wenn die EZB neue Prognosen veröffentlicht. Sollte sich die bisherige Lagebeurteilung ändern, werde die EZB ihre Zinspolitik überdenken, so Frau Lagarde. Anders gesagt: Es gibt laut Thorsten Polleit kein kategorisches Nein für Zinsanhebungen, sondern es hängt nun an den selbsterstellen Prognosen, mit der die EZB ihre Zinspolitik leitet. So gesehen werde es nun von den Kräfteverhältnissen im EZB-Rat abhängen, wie die Prognosen ausfallen, ob es also tatsächlich eine Mehrheit geben wird, der für eine frühere Beendigung der Nullzinspolitik eintritt. Die Zeit dürfte seiner Meinung nach dafür arbeiten. Denn die Inflation werde sehr wahrscheinlich nicht (stark) zurückgehen in den kommenden Monaten, und die öffentliche Ärgernis über hohe Inflation werde steigen.

Dr. Jörg Krämer, Chefvolkswirt der Commerzbank, meldet sich aktuell auch zu Wort. Die EZB behalte sich sogar weiter vor ihre Leitzinsen noch einmal zu senken („easing bias“), obwohl das Gegenteil notwendig wäre. Während der PK habe sich die EZB aber nachdenklicher gegeben. Die Inflationsraten im Dezember und Januar seien unerwartet hoch ausgefallen und würden alle EZB-Ratsmitglieder beunruhigen. Die Inflation werde besonders in den kommenden Monaten höher ausfallen als bisher unterstellt. Dr. Jörg Krämer bemerkt auch, dass Christine Lagarde auf die März-Sitzung verwies, wenn dem Rat die aktualisierten Inflationsprognosen vorlägen. Bemerkenswert war seiner Aussage nach auch, dass Madame Lagarde nicht die Aussage von der Dezember-Sitzung wiederholte, dass eine Zinserhöhung 2022 „sehr unwahrscheinlich“ sei. Außerdem weist er auf ihre Aussage hin, dass die Inflation in der mittleren Sicht viel näher an das Ziel von 2 Prozent gerückt sei. Dies sei vielleicht der klarste Hinweis gewesen, dass die EZB ihren Leitzins wohl noch in diesem Jahr erhöhen werde. Denn dass die 2024er EZB-Inflationsprognose mit 1,8 Prozent unter dem EZB-Ziel von 2,0 Prozent liegt, sei für die EZB im Dezember das wichtigste Argument gewesen, an ihrer sehr lockeren Geldpolitik festzuhalten.

Bei der Commerzbank ändert man die Prognose und erwartet jetzt, dass die EZB im März zunächst beschließen wird ihre Nettoanleihekäufe im Rahmen des APP Anfang September einzustellen. Dies wäre ein klares Signal für eine Zinserhöhung im September, wobei man angesichts des hohen Inflationsdrucks mit einem Schritt um 25 Basispunkte rechnet. Für Dezember erwartet die Commerzbank eine zweite Erhöhung um 25 Basispunkte. Dann läge der Einlagensatz bei 0%. Bisher hatte man mit einer ersten Zinserhöhung um 10 Basispunkte Anfang 2023 gerechnet, womit man bereits deutlich vor dem Durchschnitt der Volkswirte gelegen habe.

Chart zeigt Euro vs US-Dollar im Verlauf der letzten 30 Tage. Euro vs US-Dollar im Verlauf der letzten 30 Tage.

Chart zeigt Rendite für zehnjährige deutsche Bundesanleihen Rendite für zehnjährige deutsche Bundesanleihen im Verlauf der letzten 12 Monate. Am Ende sieht man den aktuellen Anstieg.



Kommentare lesen und schreiben, hier klicken

Lesen Sie auch

Hinterlassen Sie eine Antwort

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert




ACHTUNG: Wenn Sie den Kommentar abschicken stimmen Sie der Speicherung Ihrer Daten zur Verwendung der Kommentarfunktion zu.
Weitere Information finden Sie in unserer Zur Datenschutzerklärung

Meist gelesen 7 Tage