Devisen

Schwäche trotz Zinswende der EZB Euro auf 20-Jahrestief – Blick auf den nicht gebremsten Sturz

Der Euro ist heute auf ein 20-Jahrestief gefallen. Die EZB hebt Zinsen an und wird weiter anheben. Aber das hat noch nicht geholfen. Schauen wir auf weitere Einflussfaktoren.

Euro und US-Dollar Geldscheine

Am 8. September hatte die EZB den Leitzins um 0,75 Prozentpunkte auf 1,25 Prozent angehoben. Und erst am 21. Juli wurde ihre Zinswende ab dem Nullpunkt gestartet nach jahrelangen Nullzinsen. Heute früh hatte EZB-Direktoriumsmitglied Isabel Schnabel klar gemacht, dass man die Zinsanhebungen mit Schwung fortsetzen wird um die Inflation in der Eurozone einzudämmen. Na dann… der Euro müsste nun gegenüber dem US-Dollar eigentlich auf dem Weg nach oben sein? Aber dem ist nicht so.

Euro auf 20-Jahrestief

Mit einem aktuellen Kurs von 0,9850 notiert der Euro gegenüber dem US-Dollar fast genau da, wo er auch gestern Abend kurz vor 20 Uhr notierte. Denn da hatte die Federal Reserve den Leitzins für die USA um 0,75 Prozentpunkte angehoben. Heute früh sahen wir mit 0,9808 das 20-Jahrestief für den Euro. Die USA laufen voraus mit ihrem Zinsen, und die Eurozone hat mit der EZB derzeit Mühe Anschluss zu halten, auch wenn sie große Schritte geht. Je größer der Abstand der US-Zinsen über denen der Eurozone ist, desto attraktiver ist der Dollar-Raum, und der Euro tendiert weiter zur Schwäche.

EZB hebt Zinsen an – Fed hat aber deutlich Vorsprung

Hat denn die letzte Zinsanhebung der EZB vom 21. Juli etwas geholfen? Nein, denn damals notierte EURUSD noch bei einem Wechselkurs von 1,02. Im folgenden TradingView Chart sieht man es ganz gut: Die Euro-Zinsen sind jetzt bei 1,25 Prozent – sie laufen dem US-Niveau (3,25 Prozent) hinterher. Auch wenn die EZB bei ihrer nächsten Entscheidung in fünf Wochen zum Beispiel erneut um 0,75 Prozentpunkte anhebt, wären es mit 2,00 Prozent immer noch 125 Basispunkte Abstand zum Dollar-Raum.

Zinsen in den USA im Vergleich zur Eurozone

Und so sehen wir im folgenden Chart derzeit eine Fortsetzung der langfristigen Abwertung des Euro gegenüber dem US-Dollar. Vor genau zwölf Monaten notierte EURUSD noch bei 1,1725 – jetzt sind wir wie gesagt bei 0,9850 angekommen, nur ganz wenig entfernt vom 20-Jahrestief von heute früh. Hans-Werner Sinn hatte es jüngst in einem Interview angesprochen: Die EZB müsse mit ihren Zinsen zum US-Niveau aufschließen, wenn man eine Aufwertung des Euro bewirken wolle. Hat man in Frankfurt dazu den Mut? Dazu wären noch verdammt große Schritte notwendig, die für die Konjunktur in Europa wohl ziemlich giftig wären (man denke dabei nur mal an die Immobilienmärkte).

Kursverlauf von Euro gegen US-Dollar in den letzten zwölf Monaten

Rezession in der Eurozone voraus – Einpreisung am freien Devisenmarkt

Robin Brooks vom Institute of International Finance war schon seit Wochen äußerst negativ für den Euro eingestellt. Er erwähnt in einem aktuellen Tweet abseits der Zinsthematik die konjunkturelle Komponente. Denn Europa steht wegen der Energiekrise (viel stärker als die USA) vor einer Rezession, was durch einen fallenden Euro auch dargestellt wird. Robin Brooks sagt aktuell: Der fallende Euro ist keineswegs eine Schande. Das bedeutet keineswegs, dass die Währungsunion schwach ist oder dass die Gefahr eines Auseinanderbrechens besteht. Es geht um Putins Wahnsinn, der einen großen negativen Schock für die Wirtschaft der Eurozone darstellt. Der Euro fällt, weil eine frei schwankende Währung genau das tut.



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