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Warum kaufen Börsianer nicht Deutsche Bank und Co? Warum europäische Banken unpopulärer sind als US-Konkurrenten

Mit Blick auf den Buchwert bleiben die Aktien europäischr Banken weit hinter den US-Instituten zurück. Eine Kaufchance?

Hochhäuser von Banken in Frankfurt

Europäische Banken werden von Börsianern (noch) links liegen gelassen, wenn es um die Relation zu den großen Banken in den USA geht. Schauen wir zunächst mal auf den folgenden Chart. Die reine Performance von ein paar ausgewählten Aktien in den letzten fünf Jahren zeigt: Morgan Stanley +53 %, JPMorgan +22 %, UniCredit +20 %, BNP Paribas -7 %, Deutsche Bank -7 %. So weit, so gut? Da gibt es noch andere wichtige Kriterien, die zu beachten sind!

Prozentuale Entwicklung von verschiedenen Banken in den letzten fünf Jahren

Europas Banken bleiben zurück – Blick auf Buchwert

Mal abgesehen von den US-Regionalbanken, die pleite gegangen sind oder übernommen wurden, steht kaum eine mehr im Feuer als die verlustgeplagte PacWest Bancorp. Wenig überraschend handelt diese Aktie laut Bloomberg gerade mal bei 39 % ihres Buchwerts. Und die der Deutsche Bank AG? Die gerade das profitabelste Jahr seit 2007 absolviert hat und 9 Milliarden Euro Überschusskapital auf der Bilanz? Bei 35 %! Die Bewertungslücke der größten deutschen Bank ist beispielhaft für viele andere europäische Banken. Obwohl sie verschont geblieben sind von den Problemen, die die US-Banken belasten, obwohl sie die Stresstests der Bankenaufsicht mit fliegenden Fahnen meistern, verweigern die Investoren den Kauf.

“Natürlich sind wir unzufrieden mit unserem Aktienkurs” sagt Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing seinen Aktionären bei der Hauptversammlung letzte Woche in Frankfurt. “Offenbar müssen wir noch mehr tun, um die Märkte von uns zu überzeugen. Und Sie haben mein Wort, dass wir hier dranbleiben.” Sewings Enttäuschung teilen Bankchefs auf dem ganzen Kontinent, die sich schwertun, Investoren zurückzugewinnen, obwohl sie von steigenden Zinssätzen und einem globalen Handelsboom profitieren. Frederic Oudea, der diese Woche nach 15 Jahren als CEO der Societe Generale abtrat, lamentierte kürzlich über einen niedrigeren Aktienkurs als zum Zeitpunkt seines Antritts.

Christian Sewing befindet sich in einer noch misslicheren Lage. Er hat den Chefposten vor etwas mehr als fünf Jahren übernommen, als die Deutsche Bank in einer schweren Vertrauenskrise steckte. Er hat tausende von Arbeitsplätzen abgebaut, sich auf die historischen Stärken der Bank besonnen und Rentabilität und Ertragswachstum repariert. Dennoch wird die Aktie immer noch etwa 15% unter dem Wert gehandelt, den sie bei seinem Amtsantritt hatte.

Fragmentierter Markt bei europäischen Banken

Ein Teil des Zögerns der Investoren lässt sich durch die Vorsicht erklären, die sich in den letzten zehn Jahren aufgebaut hat. Der europäische Bankensektor ist im Vergleich zu dem riesigen US-Markt notorisch fragmentiert, was ein strukturelles Hindernis für höhere Gewinne darstellt.

Banken in Europa mit niedrigerer Bewertung zum Buchwert

Die Jahre der Negativzinsen, die die Gewinne stark gedrückt haben, die strenge Regulierung, die Beschränkung der Ausschüttungen während der Pandemie und die teuren Umstrukturierungen bei europäischen Banken sind ebenfalls noch frisch in Erinnerung. Viele Anleger leiden noch immer unter schweren Verlusten aus Wetten, die sich als zu früh erwiesen haben.

Vorsichtige Anleger

Bei der Credit Suisse wurden Aktionäre bei der Rettungsaktion durch die UBS Ende März schwer getroffen. Der von der Regierung eingefädelte Deal hat große Investoren aus dem Nahen Osten vor Bankaktien zurückschrecken lassen, nachdem einige erst wenige Monate zuvor große Summen in die Credit Suisse investiert hatten.

Bei der Deutschen Bank stiegen im vergangenen Jahr zwei große institutionelle Aktionäre aus – Cerberus Capital Management und Capital Group reduzierten ihre Anteile. Und trotz der Trendwende bleibt das Kreditinstitut anfällig für die Nervosität der Anleger. Die Aktie brach am 24. März um bis zu 15% ein, als der Beinahe-Zusammenbruch der Credit Suisse an den Märkten widerhallte und Ängste wieder aufflammten, von denen Christian Sewing dachte, er hätte sie seit langem endgültig ausgeräumt. Aufseher vermuten einen CDS-Handel hinter dem Absturz. “Ich hoffe, dass das nachlässt, was manche als ‘Muskelgedächtnis’ des Marktes bezeichnen”, sagte Finanzvorstand James von Moltke letzten Monat auf die Frage nach dem Ereignis.

Kaufchance

Analysten sehen die europäischen Banken inzwischen fast einhellig als Chance. Für die fünf größten Banken der EU gibt es 93 Kaufempfehlungen, verglichen mit nur 6 Verkaufsempfehlungen, zeigen von Bloomberg zusammengestellte Analystendaten. Aber es könnte länger dauern, die Investoren zu überzeugen. “Am Ende bleibe ich nur mit einer einzigen Enttäuschung zurück: dem Aktienkurs und der Tatsache, dass es mir nicht gelungen ist, den Markt zum Kauf zu bewegen”, sagte Oudea in einem Interview mit der französischen Zeitung Le Monde, das in seiner letzten Woche im Amt veröffentlicht wurde.

FMW/Bloomberg/Erster Chart TradingView



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