Die Warnung des ehemaligen obersten NATO-Generals in Europa, James Stavridis, vor einem Krieg der USA mit China greift ein historisches Muster auf: die Thukydides-Falle. In einem Artikel beschreibt James Stavridis, wie der Zollkrieg zwischen den USA und China die Wahrscheinlichkeit eines militärischen Konflikts erhöht hat. Er nennt fünf Warnsignale, die diese Spannungen besonders gefährlich machen: Chinas militärische Aufrüstung, wachsende Spannungen um Taiwan, zunehmende Cyberangriffe, eine geopolitische Spaltung der Welt und das Fehlen diplomatischer Kanäle.
Stavridis’ Warnsignale, der den Großteil seiner militärischen Karriere im Pazifik absolviert hat, zeichnen ein Bild drohender Konfrontation. Chinas Marine, mit Trägern wie der Liaoning, wächst rasant. Die Verteidigungsausgaben stiegen 2024 auf 231 Milliarden US-Dollar. Taiwan ist der Brennpunkt: Chinas Manöver treffen auf US-Waffenlieferungen wie F-16V-Jets. Cyberangriffe auf Infrastruktur bergen Eskalationsrisiken, während die Welt sich in pro-amerikanische und pro-chinesische Lager spaltet. Diplomatische Kanäle, einst Stabilisatoren, sind blockiert.
Trump und USA eskalieren die Konfrontation mit China
Trumps Handelskrieg, angefacht durch Berater Peter Navarro, der China als Bedrohung brandmarkt, verschärft diese Lage. Der „Mar-a-Lago Accord“, ein Plan zur wirtschaftlichen Isolation Chinas, bleibt vage, doch China soll eingedämmt werden.
Diese Dynamik führt zu einer historischen Falle, die Graham Allison als Thukydides-Falle beschreibt. Wenn eine aufstrebende Macht wie China die Vorherrschaft der USA bedroht, wächst die Gefahr eines Krieges. Allison betont aber, dass dieser Konflikt nicht unvermeidlich bleibt. Allison analysiert sechzehn historische Machtübergänge, von denen zwölf in Kriegen endeten, etwa als Großbritannien und Deutschland vor 1914 um die globale Vorherrschaft rangen. Diplomatie, wirtschaftliche Verflechtung und rationale Politik entschärfen die Falle, wie Allison hervorhebt.
Trumps Politik scheint diese Lehren zu ignorieren. Sein Berater Peter Navarro, Autor von „Death by China“, prägt eine Rhetorik, die China als existenzielle Bedrohung stilisiert und Verhandlungen erschwert. Die Zollpolitik, die Märkte ins Chaos stürzt, zwingt China in die Defensive, während der „Mar-a-Lago Accord“, so unrealistisch er wirken mag, Xi vor eine Wahl stellt, nämlich nachzugeben oder zu eskalieren.
Diese Dynamik erinnert an die Smoot-Hawley-Zölle von 1930, ein US-Gesetz, das Zölle auf über 20.000 Importgüter drastisch erhöhte. Der darauf folgende Handelseinbruch vertiefte die Weltwirtschaftskrise und verschärfte geopolitische Spannungen, etwa zwischen den USA und Europa. Trumps Drohungen gegen Verbündete wie Kanada oder Europa schwächen die Einheit westlicher Allianzen, während China durch die Neue Seidenstraße (Belt and Road Initiative (BRI)), den Ausbau der BRICS und die Shanghai Cooperation Organisation (SCO) Gegenbündnisse schmiedet.
Innenpolitischer Druck erhöht Eskalation um Taiwan
Die wirtschaftliche Lage beider Länder macht die Spannungen brisanter. China kämpft mit einer tiefen Krise, die seit der Corona-Pandemie schwelt. Das Land befindet sich in einer deflationären Phase. Durch die Immobilienkrise schrumpft der Wohlstand der politisch wichtigen Mittelschicht. Die Jugendarbeitslosigkeit liegt offiziell bei knapp 17 Prozent, in Wirklichkeit deutlich höher. Soziale Spannungen nehmen zu und brechen sich vermehrt Bahn. Der inzwischen eingestellte Protest-Monitor des Freedom House verzeichnete bis 2023 eine steigende Zahl von Protesten.
Damit gerät der implizite Gesellschaftsvertrag Chinas in Gefahr, der der Partei den alleinigen Zugriff auf den Staat sichert, solange sie den Wohlstand breiter Schichten mehrt. Um innere Konflikte zu dämpfen, konstruiert China eine Bedrohung von außen. Der Überfall Russlands auf die Ukraine zeigt, wie Putin wirtschaftliche Krisen und Unzufriedenheit durch eine erfundene NATO-Bedrohung überdeckte, um einen Krieg zu rechtfertigen. Um Unzufriedenheit zu kanalisieren, verstärkt Xi Jinping die nationalistische Rhetorik um Taiwan. Als unveräußerlicher Teil Chinas glorifiziert, wird die Insel zum Symbol der Einheit. Die Forderung, Taiwan müsse „heim ins Reich“, dient als Ablenkung von inneren Problemen.
Ein militärischer Vorstoß, sei es eine Blockade oder ein Angriff, erscheint verlockend, falls Xi Jinping annähme, dass Trump nicht eingreift. Dieses Muster ist nicht neu. In der Kubakrise 1962 trieben innenpolitische Zwänge und geopolitische Rivalität die Welt an den Rand eines Krieges, bis Diplomatie die Wende brachte.
Auf der anderen Seite des Pazifiks droht Trump, die USA in eine selbstverschuldete Rezession zu steuern. Die Zölle heizen die Inflation an, stören Lieferketten und drücken das Wachstum in diesem Jahr auf unter ein Prozent. Diese wirtschaftliche Unsicherheit trifft auf eine gespaltene Gesellschaft. Die Polarisierung zwischen Republikanern und Demokraten erreicht historische Höchststände, und Trumps autokratische Maßnahmen verschärfen die Lage. Massendeportationen von Migranten, Einschränkungen der Meinungsfreiheit und Pläne, amerikanische Bürger in ausländische Gefängnisse zu verlegen, schüren Unruhe. Proteste in allen Bundesstaaten wachsen. Sie signalisieren tiefe Frustration. Trump, der auf Einheit angewiesen ist, sucht einen externen Feind, um die Nation zu sammeln. China, als wirtschaftlicher und geopolitischer Rivale, bietet sich an.
Trump untergräbt amerikanische Sicherheitsallianzen
Die Regierungen vor Trump haben die amerikanische Pazifik-Politik neu ausgerichtet und ein strategisches Netzwerk an wirtschaftlichen und militärischen Allianzen geknüpft, um den wachsenden Einfluss Chinas im Pazifik einzudämmen, wobei Biden verstärkt auf militärische Kooperation setzte, insbesondere durch AUKUS und das Quad-Format, während Obama stärker auf wirtschaftliche Einhegung durch Initiativen wie die Trans-Pacific Partnership setzte.
Schon in seiner ersten Amtszeit zeigte Trump widersprüchliche Politik gegenüber Taiwan. Während er Taiwan durch umfangreiche Waffenlieferungen stärkte, untergrub sein Austritt aus der Trans-Pacific Partnership und Streit mit Verbündeten wie Südkorea das strategische Netzwerk, das China eindämmen und Taiwans Schutz fördern sollte.
Seine zweite Amtszeit schwächt die amerikanischen Allianzen weiter. Der Mar-a-Lago Accord verfolgt das Ziel, eine unilaterale Weltordnung unter amerikanischen Bedingungen zu diktieren. Diese müssen alle akzeptieren, ob Freund oder Feind. Taiwan bildet keine Ausnahme, ebenso wenig die Verbündeten der NATO oder AUKUS. Trump beschuldigt Taiwan, US-Chiptechnologie zu stehlen, und fragt, warum die USA Schutzgeld zahlen sollten. Damit schwächt er die Abschreckung, die bisher einen chinesischen Angriff verhindert hat.
Invasion Taiwans rückt durch US-Schwäche näher
Bisher galt das Jahr 2027 als mögliches Datum, an dem China versuchen würde, Taiwan entweder zu erobern oder mit einer Blockade zur Kapitulation zu zwingen. Inzwischen tauchen immer mehr Gerüchte auf, die einen früheren Zeitpunkt nennen. Sowohl chinesische als auch andere internationale Arbeiten, wie z.B. der des Center for Strategic and International Studies (CSIS) oder das Buch „The Chinese Invasion Threat“ zeigen, dass eine Invasion zumindest sehr schwierig, wenn nicht gar unmöglich wäre, wenn die USA und Japan eingreifen, aber die Kosten wären immens: Tausende tote Soldaten, hunderte gesunkene Schiffe und eine zerstörte taiwanesische Wirtschaft.
Noch schwerer wiegt der globale Schaden. Taiwan produziert 92 Prozent der weltweiten Hochleistungs-Halbleiter, die alles von Smartphones bis zu Militärsystemen antreiben. Ein Konflikt würde die Lieferketten lahm legen und ließe die Weltwirtschaft in eine Krise stürzen. Für Xi Jinping erscheint ein solcher Schritt verlockend, falls er annähme, dass Trumps chaotische Politik die USA zögern ließe.
Trumps außenpolitische Schwäche verstärkt diese Gefahr. Seine Haltung zur Ukraine-Krise, wo er vage von Deals mit Russland spricht und die Militärhilfe infrage stellt, signalisiert Unzuverlässigkeit. Diese Schwäche, gepaart mit seiner Bewunderung für Autokraten wie Wladimir Putin, sendet ein Signal an China: Die USA zögern in einem Konflikt. Diese Unsicherheit erinnert an die britisch-französische Politik der 1930er Jahre, die durch Nachgiebigkeit gegenüber Hitler seine Aggressionen ermutigte, etwa durch das Ignorieren der Rheinlandbesetzung 1936.
Thukydides-Falle: Die Mechanik des nächsten Kriegs
Allison betont, dass Diplomatie und offene Kanäle hinter und vor dem Vorhang die Gefahr eines Konflikts vermindern. Aber die Zollpolitik der letzten Wochen hat schon offenbart, dass ein Problem der Trump-Administration darin besteht, dass niemand weiß, wen sie für Verhandlungen autorisiert.
Was könnte die Thukydides-Falle auslösen? In China könnte die wirtschaftliche Not Xi zwingen, Taiwan als Ablenkung zu nutzen, um die Partei zu stabilisieren und Unruhen zu dämpfen. Für Trump besteht die Versuchung darin, eine gespaltene Gesellschaft, wachsende Proteste und eine drohende Rezession durch ein Feindbild China zu einen. Ein unbeabsichtigter Zwischenfall, etwa ein Cyberangriff oder eine Kollision im Südchinesischen Meer, eskaliert durch mangelndes Vertrauen. Ein globaler wirtschaftlicher Kollaps, ausgelöst durch Trumps Handelskrieg, drängt beide Länder in eine Spirale, in der militärische Abenteuer als Ausweg erscheinen. Diese Szenarien, von Stavridis’ Warnsignalen untermauert, zeigen die Nähe zur Falle.
Die Gefahr, dass China einen Angriff auf Taiwan wagt, übersteigt die Wahrscheinlichkeit, dass Trump China angreift.
Macht Trumps Politik die Thukydides-Falle realistischer? Die Antwort ist beunruhigend klar. Seine chaotische Zollpolitik, Navarros feindselige Rhetorik und die Schwächung westlicher Allianzen treiben die Spannungen mit China auf ein neues Niveau. Die wirtschaftliche Krise in beiden Ländern, gepaart mit innerer Instabilität, schafft ein Umfeld, in dem Ablenkungsmanöver verlockend werden.
Taiwan, als gefährlichster Krisenherd, wird durch Fehlkalkulationen oder gezielte Provokationen zum Zündfunken. Stavridis’ Warnsignale, von Chinas Aufrüstung bis zu fehlenden Kanälen, unterstreichen die Nähe zur Falle. Allison betont, dass sie nicht unvermeidlich bleibt. Wirtschaftliche Verflechtung, nukleare Abschreckung und die Möglichkeit eines „Deals“ bieten Auswege.
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Die Thukydides-Falle greift militärisch bei zwei rivalisierenden Atommächten nicht, da es keinen Gewinner gibt, nachdem der Verlierende zu Atomwaffen greift und dann die entsprechende Antwort bekommt. Anders sieht die Lage bei der Durchsetzung der dauerhaften wirtschaftlichen Dominanz aus. Das Spiel mit den Zöllen kann China und die wenigen Verbündeten marginalisieren, wenn der Westen die Kollateralschäden aushält. Nicht nur die technologische Überlegenheit der USA werden Europa, Japan, Australien, Kanada und Südamerika in dieAllianz mit den USA zwingen, ebenso das Importvolumen der USA von 3000 Milliarden Dollar.
Die Thukydides-Falle benötigt keinen modernen Autor als Quelle. Sie wurde vor über 2000 Jahren beschrieben und hat einer strategischen Überlegung, die es auch davon schon gab, den heutigen Namen gegeben. Und zwar deswegen, weil das antike Griechenland die Wiege unserer westlichen freien Welt war.
Was der Autor leider ausblendet, ist mE das Wichtigste: Was würde passieren, wenn die USA sich einfach ihrem Niedergang ergeben und China die Führung übernimmt? Immerhin hat Xi das als Ziel ausgegeben. Es handelt sich um eine Kommunistische Diktatur. Ist diese Weltordnung dann besser als die heutige?
Ein friedlicher Übergang vom Empire zu den USA war möglich, weil die Kulturen sich sehr ähnlich waren, die Grundwerte fast gleich. Ein solcher Übergang von den USA zu China ist unmöglich.
Besser wäre es daher gewesen, die USA wären nicht so heruntergekommen und die Welt hätte China nicht so viel durchgehen lassen. Aber das ist jetzt alles „Fahrradkette“.
„Der Überfall Russlands auf die Ukraine zeigt, wie Putin wirtschaftliche Krisen und Unzufriedenheit durch eine erfundene NATO-Bedrohung überdeckte, um einen Krieg zu rechtfertigen. Um Unzufriedenheit zu kanalisieren, verstärkt Xi Jinping die nationalistische Rhetorik um Taiwan. Als unveräußerlicher Teil Chinas glorifiziert, wird die Insel zum Symbol der Einheit. Die Forderung, Taiwan müsse „heim ins Reich“, dient als Ablenkung von inneren Problemen.“ Die Ablenkung funktioniert auf beiden Seiten. Ist ja nicht so, dass die Ungleichheit in den USA und Europa nicht zugenommen hat und die Bürger zufrieden wären mit ihren Eliten…
@ markus
Im Moment sind im Westen viele unzufrieden. Das besondere Problem ist aber, dass unsere Gesellschaften in den Gründen darüber gespalten sind.
Die einen wollen mehr Gleichheit und sind neidisch/sozialistisch geprägt, die anderen wollen mehr Ungleichheit, jedoch eine die auf individuell beeinflussbaren Ursachen beruht. Wobei letztere natürlich davon ausgehen, selbst auf der Gewinnerseite zu sein.
Diese Spaltung macht der Politik eine Mobilisierung der „traditionellen“ Art unmöglich. Jedoch hat die heutige Politik das noch nicht akzeptiert. Alles was derzeit gemacht wird, basiert offensichtlich auf der Annahme, dass die Bevölkerung genau so leicht manipulierbar war ist, wie sie es früher war. Das ist ein gefährlicher Irrtum.
@Felix, das ist Ihrer kruden These nach vermutlich auch der Grund dafür, dass sowohl die klassisch links-sozialistische Neidwählerschaft der SPD, als auch die rechts-libertären Leistungsbürger der FDP bei den letzten Wahlen scharenweise zur AfD übergelaufen sind und dort in dieser wilden Mischpoke aus Hass, Wut, Niedertracht und Lüge deutlich weniger Spaltung zu verspüren scheinen, als von Ihnen koloportiert?
Zu einer Partei, deren rudimentärer Politikansatz die Belange und Bedürfnisse von keiner der beiden Gruppen auch nur ansatzweise bedienen kann. Deren Kernkompetenz einzig und alleine im Schüren von Hass und Hetze gegen ein paar Minderheiten und die politischen Gegner besteht. Und dabei scheint nicht einmal mehr ein Mindestmaß an Fakten, demokratischen Werten und Verfassungstreue vonnöten zu sein; auf polarisierender Emotionalität gestrickte Propaganda reicht völlig aus.
Wie es aussieht, ist die Bevölkerung in einem Umfeld aus multipolarer Instabilität und Krisenanfälligkeit, überbordender Pseudo-Medienvielfalt, Informationsüberreizung und erodierender Bildung noch viel leichter manipulierbar, als es früher der Fall war.
Genau darin liegt der gefährliche Irrtum, auf den sogar Intellektuelle wie Sie hereinzufallen scheinen. Es sei denn, die Triebfeder Ihrer oftmals fragwürdigen gesellschaftspolitischen Ansichten und schleichend-latenten Normalisierung einer grenzwertigen Interpretation von Meinungsfreiheit ist eine völlig andere.
@leftutti
@Felix als „Intellektuellen“ zu bezeichnen, ist eine Beleidigung des Wortes…. ;-)
Leftutti
Ich verwehre mich gegen Ihre Anfeindungen. Eine These ist nicht krude, nur weil Sie sie nicht nachvollziehen können oder wollen.
Sie machen viele Worte die nur ein Ziel haben, das Gegenüber nebenbei zu diskreditieren. Inhaltlich sind sie davon abhängig, dass ihre Klimanummer nicht auffliegt. Bitte haben Sie Verständnis, dass ich Ihnen dabei kein Glück wünsche. Ansonsten aber alles Gute auch für Sie.
@Felix, es käme mir nie in den Sinn, einen der großartigsten wissenschaftlichen Denker und Forenphilosophen anzufeinden und nebenher zu diskreditieren.
Ich hatte allerdings auch nicht erwartet, dass Sie kritisches Hinterfragen einer in Teilen rechtsextremistischen und rassistisch-völkischen Partei wie der AfD sowie eine kurze deskriptive Statistik von deren Wählerwanderungen bei den letzten Wahlen derart aus der Fassung bringt, um eine solch pikierte Reaktion hervorzurufen. Schließlich waren doch gerade Sie in den vergangenen paar Jahren nicht unbedingt zimperlich, wenn es um das Diskreditieren anderer Parteien und deren Wählerschaft ging.
Ihre inhaltlich eher schlichten Thesen kann ich trotz der Ihnen eigenen euphemistischen und camouflierenden Rhetorik durchaus nachvollziehen.
Und siehe da: Die von Ihnen unterstellte Intention hinter meinen Worten und Ihre Vermutungen hinsichtlich irgendwas mit verborgener „Klimanummer“ … das sind bereits die nächsten beiden kruden Thesen 😉
Als Intellektuellem mit mehreren Hochschulabschlüssen ist Ihnen sicherlich geläufig, dass die These aller Theorie Anfang ist, der in der Folge mit Argumenten begründet und belegt werden will. Grundlage dafür sollten nachprüfbare Fakten sein. Die sind in Ihren Kommentaren oftmals leider Mangelware.
Diesen Mangel substitutiv durch eine Behauptung nach der anderen wie Perlen an einer Schnur aufzufädeln, wirkt wenig überzeugend.
Mit Ihren Thesen provozieren Sie eine Reihe von legitimen Fragen, deren Beantwortung uns einem Diskurs im klassischen Sinne deutlich näherbringen könnte.
Im ersten Kommentar:
Warum interpretieren Sie den Wunsch nach mehr Gleichheit, wie er etwa in Artikel 3 GG oder im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) verankert ist, als Neid und Sozialismus?
Ist es im Geiste dieser Gesetze innerhalb kooperativer Gemeinschaften nicht so, dass Privilegien besonderer Argumente bedürfen? Gelten diese Argumente nicht nur dann als gemeinhin rational, wenn sie von den am wenigsten privilegierten Mitgliedern der Gemeinschaft akzeptiert werden können?
Bewegen Sie sich argumentativ nicht gerne außerhalb des Rahmens kooperativer Gemeinschaften, weil es dort keinen moralischen Grund für eine Gleichbehandlung gibt?
Nach welchem Wägungsschema gewichten Sie die Rechtsprinzipien der formalen und der materiellen Gleichheit, wenn Sie vom libertären Wunsch nach Ungleichheit auf Basis individuell beeinflussbarer Ursachen schreiben?
Sind Millionenerbschaften oder die Bildungs-, Entwicklungs- und beruflichen Start-Möglichkeiten von Geburt an Privilegierter individuell beeinflussbare Ursachen?
Wie erhält es sich dahingehend bei Menschen mit Behinderung, Frauen oder Nachfahren von Menschen aus prekären finanziellen und sozialen Verhältnissen?
Lehnen die nach Ungleichheit Strebenden jegliche Ungleichheit freiwillig und kategorisch ab, sofern sie nicht auf individuell beeinflussbaren Ursachen beruht (z.B. steuerrechtliche Privilegien, legale Fluchtmöglichkeiten aus den gesetzlichen Sozialabgaben nach Solidaritätsprinzip, juristische Möglichkeiten oder Möglichkeiten der Einflussnahme auf Politik und Gesetzgebung aufgrund des ererbten finanziellen und gesellschaftlichen Status, Ausbildung an privaten Eliteschulen, nicht selten auch im Ausland)?
Im Folgekommentar:
Was genau ist meine „Klimanummer“?
Wieso sollte ich meine Ansichten zum anthropogenen Klimawandel verbergen wollen? Immerhin bin ich seit gut zwei Jahrzehnten intensiv beruflich damit befasst.
Welche Referenzen und Erfahrungen haben Sie dahingehend aufzuweisen?