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EZB-Direktorin über eigene Geldpolitik: Mit der Zeit sinkt der Nutzen, Risiken steigen!

Sabine Lautenschläger, Mitglied des EZB-Direktoriums und stellvertretende Vorsitzende der EZB-Bankenaufsicht, hat ein gewichtiges Wörtchen mitzureden bei allem, was die EZB...

FMW-Redaktion

Sabine Lautenschläger, Mitglied des EZB-Direktoriums und stellvertretende Vorsitzende der EZB-Bankenaufsicht, hat ein gewichtiges Wörtchen mitzureden bei allem, was die EZB entscheidet. In ihrer aktuellsten Rede beim „Banken- und Unternehmensabend“ in München nahm sie Stellung zur aktuellen Geldpolitik der EZB, und setzt wie auch Jens Weidmann von der Bundesbank ein weiteres Zeichen Richtung schnellstmöglichem Ausstieg aus der „Lockerung“. Auch wenn sie die Zeit für eine Zinswende in der Eurozone noch nicht gekommen sieht, will sie so bald wie möglich raus aus den Negativzinsen und der Geldschwemme. Zitat:


Meiner Ansicht nach wird die Debatte in Deutschland etwas einseitig geführt. Die vorherrschende Meinung hierzulande scheint zu sein, dass die EZB mutwillig eine Geldpolitik betreibt, deren einziger Effekt es ist, Banken und Sparern zu schaden – vor allem deutschen Banken und Sparern.

Ich bin nicht gerade als geldpolitische Taube bekannt, im Gegenteil. Dennoch muss ich in Sachen „niedrige Zinsen“ drei Dinge klarstellen, die in der deutschen Debatte etwas zu kurz kommen.

Erstens legt die EZB die Zinsen nicht willkürlich fest. Die Zinsen spiegeln immer die wirtschaftliche Lage wieder, und die wird von Dingen beeinflusst, die jenseits der Geldpolitik liegen – von der Steuerpolitik, der Finanzpolitik oder von Strukturreformen, die die Zukunftsfähigkeit der nationalen Wirtschaft sicherstellen. Es greift also zu kurz, allein die EZB für die niedrigen Zinsen verantwortlich zu machen. Das ist ein bisschen so, als würde man den Zahnarzt dafür verantwortlich machen, dass er eine Wurzelbehandlung durchführen muss.

Zweitens: Was würde passieren, wenn die Zinsen jetzt stiegen? Der Aufschwung würde ausgebremst, die Arbeitslosigkeit würde steigen und die Inflation fallen. Wäre den Sparern damit geholfen, die ja zumeist auch Arbeitnehmer sind? Wäre den Banken damit geholfen, deren Erträge und Wertberichtungsbedarf davon abhängen, dass die Wirtschaft gut läuft? Ich denke nicht.

Drittens sind die niedrigen Zinsen nur zum Teil ein sogenanntes zyklisches, also vorübergehendes Phänomen. Tatsächlich beobachten wir, dass die Zinsen bereits seit einigen Jahrzehnten sinken – und zwar weltweit. Verursacht wird das durch strukturelle, also langfristige Entwicklungen. Ein Beispiel dafür ist die Demographie: Alternde Gesellschaften sparen mehr, das Angebot an Ersparnissen steigt, der Zins sinkt.

Um es zusammenzufassen: Das Phänomen niedriger Zinsen ist vielschichtiger als die Debatte in Deutschland vermuten lässt.

Das ändert allerdings nichts daran, dass ich sehr skeptisch bin, was weitere Zinssenkungen oder zusätzliche expansive geldpolitische Maßnahmen angeht – mit der Zeit wird der Nutzen geringer und die Risiken dieser Maßnahmen größer.

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EZB-Direktorin Sabine Lautenschläger. Foto: EZB

Hauptsächlich drehte sich ihre Rede aber um die Regulierung der großen Banken in der Eurozone, für die sie zuständig ist. Sie sehe die strengeren Auflagen und die für die Banken verbundenen größeren Mühen durch mehr Regulierung mit einem „gewissen Wohlwollen“, ebenso wie die Steuerzahler, die unter den Kosten der Finanzkrise gelitten hätten, so Lautenschläger. Sie sagte auch etwas sehr Intelligentes (keine Satire unsererseits): Wenn man über die Kosten der Regulierung für Banken spreche, dann müsse man auch über die Kosten von Krisen für alle anderen sprechen. Wie wahr! Vielleicht ist die Perspektive der Bankmanager auch einfach generell falsch, so meinen wir. Denn die Banken haben anders als „normale“ Privatunternehmen eine fast hoheitliche Aufgabe, nämlich den Zahlungsverkehr sowie die Versorgung von Konsumenten und Wirtschaft mit Krediten. Volkswirtschaftlich ist es viel wichtiger, dass Banken stabil aufgestellt sind, als dass sie hohe Gewinne erzielen, so unsere Meinung! Ein Ausschnitt aus Lautenschläger´s Rede zur Bankenregulierung:


Das wirft ein etwas anderes Licht auf die Diskussion, und es lässt sogar den Gedanken zu, dass die Banken selbst die Regulierung etwas wohlwollender betrachten sollten. Denn auch sie haben unter der Krise gelitten. Hinzu kommt, dass bessere Regulierung ihnen dabei hilft, das Vertrauen zurückzugewinnen, das in der Krise verlorengegangen ist.

Eins ist aber auch klar: Der regulatorische Rahmen darf nicht so eng sein, dass er den Banken die Luft zum Atmen nimmt. Was wir brauchen, sind Regeln, die Stabilität bieten, ohne die Finanzierung der Realwirtschaft zu risikogerechten Preisen unmöglich zu machen. Das ist das entscheidende Kriterium – gerade in einem Land wie Deutschland, wo viele Unternehmen sich über Bankkredite finanzieren.
Wir arbeiten jetzt seit einigen Jahren an diesem regulatorischen Rahmen, der auf globaler Ebene auch als Basel III bezeichnet wird. Um den Banken Sicherheit über die künftigen Regeln zu geben, sollten wir die Arbeiten jetzt abschließen.

Und ein Abschluss der Regulierungsarbeiten auf globaler Ebene ist notwendig. Märkte und Marktteilnehmer sind untereinander vernetzt. Risiken daraus machen nicht vor nationalen Grenzen halt. Deshalb sollten wir uns auf globaler Ebene auf Mindeststandards für zumindest systemisch relevante Banken einigen. Im Übrigen orientieren sich auch die Investoren europäischer Banken an der Einhaltung globaler Regeln. Das Bankensystem ist global und es braucht einen globalen regulatorischen Rahmen – alles andere wäre ein Rückschritt.


Wir beenden diesen Artikel mit dem allerletzten Satz aus Lautenschläger´s Rede, Zitat:

„Denn wie Charles Darwin festgestellt hat, sind es nicht unbedingt die Stärksten, die überleben, und auch nicht die Intelligentesten. Es sind diejenigen, die am ehesten bereit sind, sich zu verändern.“



Die gesamte durchaus interessante Rede von Sabine Lautenschläger finden Sie hier.



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