Anleihen

Offiziell: Die EZB akzeptiert Schrott als Sicherheit

Die EZB-Zentrale in Frankfurt

Nun ist es offiziell. Die EZB hat heute Nacht verkündet, dass man Schrottanleihen als Sicherheiten akzeptiert, wenn man Kredite an Geschäftsbanken herausreicht (wir hatten es ja schon angekündigt). Tja, in Krisenzeiten wirft man auch die letzten Beschränkungen über Bord. Nach dem Motto „jetzt ist alles möglich“? Betiteln tut die EZB ihre Veröffentlichung mit den Worten „EZB unternimmt Schritte, um die Auswirkungen möglicher Rating-Herabstufungen auf die Verfügbarkeit von Sicherheiten zu mildern“. Im Klartext: Läuft eine Entwicklung schlecht, passt man sich den schlechteren Vorgaben an, damit das Spiel weitergehen kann!

EZB akzeptiert „Schrottanleihen“

Bis September 2021 will man von nun wegen der Coronakrise Sondermaßnahmen einführen. Die EZB schreibt, dass im Zuge der Coronakrise weniger Sicherheiten verfügbar sein könnten, da sie von Ratingagenturen abgestuft werden könnten. Dadurch dürfte die EZB diese Sicherheiten dann nicht mehr für die Kreditvergabe akzeptieren. Aber, so möchten wir fragen: Ist es nicht genau dafür vorgesehen, das Rating? Soll man nicht genau in so einem Downgrade-Fall die Akzeptanz als Sicherheit verweigern? Was volkswirtschaftlich sinnvoll ist um die Geldzirkulation und Kreditvergabe der Banken an Unternehmen und Verbraucher am Laufen zu halten, führt aber das Halten an selbst aufgestellte Regeln ad absurdum.

Anleihen die bisher als Sicherheit noch akzeptiert wurden, weil sie ein BBB- Rating hatten (unterste Stufe einer „Investment Grade“ Kategorisierung), können nun weiterhin als akzeptabel betrachtet werden, wenn ihr Rating jetzt bis auf BB sinkt, also zwei Stufen tiefer (hier eine Übersicht der Rating-Stufen). Mit BB akzeptiert die EZB somit aber offiziell „Schrottanleihen“, gemäß den Ratingklassen der Agenturen. Es ist eh absurd, dass sich staatliche oder halb-staatliche Organisationen wie die EZB derart versteift auf private Bonitätseinschätzungen verlassen (unsere bescheidene Meinung). Warum nicht selbst Bewertungen vornehmen? Aber gut, man sah ja in der letzten Finanzkrise, wie gut und zuverlässig die privaten Ratings funktionierten (Satire).

Wird die Ausnahme zum Normalzustand?

Tja, diese „Ausnahmesituation“ soll laut EZB bis September 2021 gelten. Aber wie geht es danach weiter? Wir haben da so eine Vorahnung. Es ist in vielen Bereichen des Lebens ja eine bewährte Taktik, dass man erst kleine vorsichtige Schritte geht, bevor man dann nach und nach das tut, was man eh von Anfang an vor hatte. Nochmal. Länger als ein Jahr noch wird diese Ausnahmesituation gelten, also dass man bei der EZB Schrottanleihen (zum Beispiel aus Athen) als Sicherheiten akzeptiert. Wird sagen wir mal im April 2021 überhaupt noch jemand merken, dass dieser Zustand eine Ausnahmesituation ist?

Die Notenbanker könnten dann diese Maßnahme einfach in einen Normalzustand umwandeln – zum Beispiel mit dem Argument, dass er ja so gut funktioniert hat? Oder mit dem Argument, dass die Coronakrise auch noch 2022 auf den Kapitalmärkten Auswirkungen zeigen könnte? So schreibt die EZB aktuell in ihrem Abschlusskommentar dieser Veröffentlichung, dass man „erforderlichenfalls“ beschließen könnte, zusätzliche Maßnahmen zu ergreifen, um die Auswirkungen von Rating-Herabstufungen weiter abzuschwächen, insbesondere im Hinblick auf die Gewährleistung einer reibungslosen Transmission der eigenen Geldpolitik in allen Rechtssystemen des Euro-Währungsgebiets. Tja, also auch nach September 2021 könnten Schrottanleihen weiterhin als akzeptable Kreditsicherheiten gelten.



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2 Kommentare

  1. Die Politik der EZB folgt der Architektur des merkwürdigen Gebäudes auf dem Photo…

  2. Die Meldung ist doch höchstens eine Fußnote. ich wundere mich immer mehr das sich irgendjemand wundert. Als kurz nach der Einführung des Euro Frankreich und Deutschland die Kriterien nicht eingehalten werden konnten, wurden sofort die Regeln gebrochen.
    Ist also seit 20 Jahren klar, worauf das hinausläuft. Prophetische Gabe ist nicht notwendig um die weiteren Entwicklungen vorherzusehen.

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