Der ehemalige Bundesbanker und Chefvolkswirt der EZB, Otmar Issing, hat kürzlich mit anderen eine Art Brandbrief gegen die Politik der europäischen Notenbank mitverfasst (hier der Wortlaut des Memorandums). Darin kritisieren die Autoren des Memorandums die Politik der EZB, die so tue, als sei die Konjunktur Europas noch in einem Krisenmodus wie zu Zeiten der Finanzkrise. Die vielleicht zentrale Passage bringt die negativen Folgewirkungen der fortgesetzten ultralaxen Geldpolitik so auf den Punkt:
„The negative impact of the ultra-low interest environment extends from the banking system, through insurance companies and pension funds, to the entire financial sector. The re-distribution effects in favour of owners of real assets, create serious social tensions. The young generations consider themselves deprived of the opportunity to provide for their old age through safe interest-bearing investments. The search for yield boosts artificially the price of assets to a level that ultimately threatens to result in an abrupt market correction or even in a deep crisis.“
Faktisch sorgt die EZB (wie auch die Fed) dafür, dass man in der Gegenwart bereits die Zukunft verkonsumiert – und irgendwann die Zeche für das Gelage der Gegenwart bezahlt werden muß – vielleicht schon von uns selbst (Altersarmut durch finanzielle Repression aufgrund der Abschaffung des Zinses), sicher aber von unseren Kindern! Und: mit dieser Geldpolitik manövrieren sich die Notenbanken in eine Zwangslage, aus der es kein Entrinnen gibt! Denn die Finanzmärkte glauben an die Illusion, dass die Notenbanken die Dinge vollständig unter Kontrolle hätten – aber diese vermeintliche Kontrolle ist in der Realität eine Kontroll-Illusion!
In einem Interview mit „Mission Money“ spricht Otmar Issing über die Fehler der EZB: sie betreibe faktisch Staatsfinanzierung und verletzte damit ihr Mandat schwer. Dazu sorge die Notenbank dafür, dass die Wirtschaft immer weiter zombifiziere – das könnte auch aus dem Munde von Markus Krall stammen. Wenn die Vermögenspreise nur durch das Drucken der Notenbankpresse steigen statt durch steigende Gewinne der Unternernehmen, dann stehe ein Crash unweigerlich bevor, so Issing.
Issing bringt die Dinge als Insider, der weiß, welche Möglichkeiten und Zwänge die EZB hat, auf den Punkt. Unbedingt ansehen!
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ich möchte auch nicht im EZB-Turm sitzen,wenn das hier alles hochgeht. Der Turm ist dann für die frustrierten Menschenmassen wohl erste Anlaufstelle…
Ein wahnsinnig interessantes Video mit einem absoluten Insider, der ein unglaubliches Wissen und eine über 50-jährige Lebenserfahrung zum Thema Geldpolitik, Inflation u.w. besitzt. Professor Issing, der das komplizierte Thema versteht, wie kaum ein Mensch in Deutschland, zeigt auch sehr verständlich auf, mit welch gefährlichem Halbwissen von manchem hier im Forum populistisch argumentiert wird. Danke für das Lehrvideo.