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EZB fordert EU-Kommission auf endlich massiv Geldstrafen gegen Reformverweigerer zu verhängen

Es ist ein alter Hut. Zahlreiche Mitgliedsstaaten der EU halten sich nicht wirklich an die Vorgaben der EU, fast egal in welchem Bereich. Zum Beispiel gibt es Staaten, die mehr neue Schulden machen als es...

FMW-Redaktion

Es ist ein alter Hut. Zahlreiche Mitgliedsstaaten der EU halten sich nicht wirklich an die Vorgaben der EU, fast egal in welchem Bereich. Zum Beispiel gibt es Staaten, die mehr neue Schulden machen als es eigentlich nach den Gemeinschaftsregeln erlaubt ist. Dafür gibt es das EU-Regelwerk, wonach die EU-Kommission gegen diese Länder Strafen bis zu 0,1% des jeweiligen Bruttoinlandsprodukts verhängen kann. Diese Regelung kam zum Tragen bei Spanien und Portugal.

Aber aufgrund der wackligen politischen Lage in den beiden Ländern wollte Brüssel ihnen keine großen Geldbußen aufdrücken – denn wie hätte das wohl beim jeweiligen Wahlvolk ausgesehen, wenn die EU ihnen auch noch Geld wegnimmt als Strafgebühr? So „verurteilte“ die EU-Kommission zwar Spanien und Portugal wegen Nichteinhaltung der Vorgaben – aber die Strafe wurde einfach bei 0 Euro festgesetzt. Was passiert, wenn eine Strafe ausbleibt? Der Schuldige fühlt sich ermuntert, und macht weiter. Das scheint wohl auch die EZB inzwischen mehr und mehr aufzuregen. So schreibt man heute wohl mit dem Adressaten EU-Kommission:

Given the difficulties of strengthening reform implementation in the context of the preventive arm of the macroeconomic imbalance procedure, there seems to be a strong case for applying the corrective arm of this procedure for all countries with excessive imbalances. This tool, which has not been used so far, offers a well-defined process ensuring greater traction on reform implementation for the most vulnerable Member States.

Die EU-Kommission soll also laut EZB endlich mal damit anfangen ihre vorhandenen Maßnahmen-Rechte auch zu nutzen, damit die Sünder auch mal eine Strafe spüren! Und es geht hierbei nicht nur um eine zu hohe Schuldenaufnahme. Genau so geht es um andere Arten von Ungleichgewichten oder fehlenden Reformen. Deutschland zum Beispiel baut seine Handelsüberschüsse nicht ab. Mittelmeer-Anrainerstaaten privatisieren beziehungsweise liberalisieren bestimmte Bereiche ihrer Wirtschaft nicht. Viele Reformen werden einfach verschleppt oder gleich ganz ignoriert.

So stellt die EZB heute fest, dass nach Angaben der EU-Kommission die Mitgliedsstaaten im letzten Jahr gut 90% der angemahnten Reformschritte gar nicht oder nur zu sehr sehr geringen Teilen umgesetzt hätten. Im Klartext: Den Mitgliedsstaaten sind die Reformvorgaben aus Brüssel eigentlich egal, im Großen und Ganzen betrachtet. Die EZB hat dazu eine Grafik veröffentlicht, welches Land noch wie viel zu tun hat. Je länger die Balken, desto mehr ist noch zu tun. Dazu hat man vier verschiedene Aufgabengruppen definiert, wo Reformstau vorherrscht, und Ungleichgewichte nicht beseitigt werden.

Diese Bereiche sind der Arbeitsmarkt, Steuern, Produktmärkte und Rahmenkonditionen. Inkludiert sind beispielsweise auch strukturelle Verbesserungen von Staatsfinanzen, geringere Steuern auf die Arbeitsleistung, sowie effektivere Staatsapparate und Staatsunternehmen. Trotz Aufsicht durch die EU-Kommission sei die Umsetzung von Reformen auch nicht vorangekommen bei den Ländern mit den größten Ungleichgewichten. Die Ungleichgewichte in Ländern wie Bulgarien, Frankreich, Italien, Zypern und Portugal würden auf Allzeithochs verharren. Die EZB weist darauf hin, dass die EU-Kommission die Anforderung für große Reformen zuletzt gesenkt hatte, damit sich gerade die Problemkandidaten erst einmal auf Prioritäten wie den Sozialbereich konzentrieren können (also drückt man bei höheren Neuschulden für Sozialkosten beide Augen zu).

Tja, bei der EZB sitzen diejenigen, die so eine Empfehlung aussprechen können. Macht doch endlich mal. Verhängt endlich mal kräftig und reihenweise Geldbußen. Doch die EU-Kommission, die muss politische Entscheidungen treffen. Verhängt sie wirklich bald saftige Geldbußen, dann weiß sie was passieren könnte. Die Stimmung der Wähler in den jeweiligen Ländern schwankt stärker gegen die EU als Institution. Von daher hagelt es weiterhin „Verurteilungen“ mit Strafzahlungen in Höhe von 0 Euro? Was auffällt: Deutschland hat laut EZB erstaunlich viel Nachholbedarf und liegt auf Platz 4. Das liegt vor allem an den hohen Steuern und Abgaben (blauer Strich). Was ebenfalls auffällt: Griechenland fehlt gleich ganz in dieser Übersicht. Haben EU-Kommission + EZB sich gesagt: Ach komm, für Griechenland macht es eh keinen Sinn mehr sich mit solchen Details aufzuhalten?

Quelle: EZB



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1 Kommentar

  1. „Verhängt sie wirklich bald saftige Geldbußen, dann weiß sie was passieren könnte. Die Stimmung der Wähler in den jeweiligen Ländern schwankt stärker gegen die EU als Institution.“
    Die Tatsache, dass die EU-Kommision denkt, dass sie alles Regeln muss und gleichzeitig vorlebt, dass Regeln nur für andere (hautsächlich den kleinen Bürger) gelten, bringt die Leute gegen die EU auf!

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