Anleihen

EZB gegen Fragmentierung – vermarktet als Rettung des Euro

EZB-Zentrale in Frankfurt

Der Chef der französischen Notenbank und EZB-Ratsmitglied Francois Villeroy de Galhau hat gegenüber der italienischen Zeitung Corriere della Sera ein Interview gegeben. Die Formulierung der dort gemachten Aussagen ist erstaunlich. Und sie zeigen in voller Klarheit die Geisteshaltung in den Kreisen der EZB. Planwirtschaft pur, Abwürgen des Marktes, Liraisierung des Euro, direkte Geldumverteilung über den Brenner…. man könnte sich viele Sprüche dafür ausdenken. Es geht um den Kampf der EZB gegen die „Fragmentierung“, also das Auseinanderdriften der Anleiherenditen von Staatsanleihen in der Eurozone.

EZB will den freien Anleihemarkt einstampfen

Man will verhindern, dass nach Ende der Anleihekäufe der EZB wieder der freie Anleihemarkt wie früher die Risiken für Staatspleiten in die Renditen von Staatsanleihen einpreist. Risikoprämie nennt man das eigentlich am freien Anleihemarkt. Vor allem für Länder wie Italien und Griechenland drohen kräftig steigende Renditen, die einen immer größeren Abstand erreichen im Vergleich zur europäischen Benchmark, den deutschen Staatsanleihen. Letzte Woche wurde ein Abstand zwischen Italien und Deutschland (Anleihen mit 10 Jahren Laufzeit) von 250 Basispunkten erreicht. Aktuell ist die Differenz auf nur noch 202 Basispunkte (2,02 Prozentpunkte) gesunken. Die deutsche Rendite liegt bei 1,76 Prozent, die italienische Rendite bei 3,78 Prozent.

Alleine die Ankündigung der EZB aus letzter Woche, dass man konkret gegen die Fragmentierung vorgehen wolle, brachte die Renditeabstände wieder ein klein wenig zum Schrumpfen. Aber wie geht es weiter? Die heutigen Aussagen von Francois Villeroy de Galhau geben Klarheit, mit welchem Nachdruck man es durchziehen will. Die EZB will kein Wischi Waschi veranstalten, sondern den freien Markt unterdrücken. Italien, Griechenland, Spanien und Co sollen nicht nach frei am Markt gebildeten Risikoaufschlägen Zinsen bezahlen, sondern sollen wie bereits in den letzten Jahren zu günstigen manipulierten Zinsen neue Schulden machen können.

Französischer Notenbankchef will die Integrität des Euros verteidigen

Laut Aussage von Francois Villeroy de Galhau soll das neue Kriseninstrument der EZB gegen die Fragmentierung zeigen, dass die Entschlossenheit der Notenbanker „die Integrität des Euro zu verteidigen keine Grenzen kennt“. Das ist mal eine Aussage. Mehr gefällig? Das neue Kriseninstrument soll in dem Umfang zur Verfügung stehen, der nötig sei um die „unbegrenzte Zusage“ der EZB zum Schutz des Euro sehr deutlich zu machen. Die zusätzlichen Käufe von Südländer-Anleihen durch die EZB (um deren Renditen zu senken) soll durch den Verkauf anderer Wertpapiere ausgeglichen werden, damit die Käufe die Bemühungen zur Bekämpfung der hohen Inflation nicht beeinträchtigen. Was soll die Grundlage für die Manipulation (oder besser gesagt aktive Steuerung) der Renditen durch die EZB sein? Francois Villeroy de Galhau drückt es so aus: Es gehe um eine Mischung aus Ermessen, Diskussion, Regeln und Kriterien – dies solle die Grundlage für die anstehenden Intervention auf den Anleihemärkten bilden. Im Klartext: Die EZB macht was sie will, Hauptsache die Renditen der Südländer bleiben niedrig.

Lagarde über den „Kern des Mandats“ der EZB

EZB-Chefin Christine Lagarde sprach gestern vor dem EU-Parlament. Das neue „Instrument“ gegen die Fragmentierung der Anleiherenditen solle ausufernde Reaktionen am Markt für Staatsanleihen bekämpfen. Und es untermauere das Bekenntnis der EZB die Inflation mittelfristig bei 2 Prozent stabilisieren zu wollen. Man müsse absolut sicher sein, dass der geldpolitische Kurs der EZB auf alle Länder des Euroraums übertragbar ist. Dies entspreche „dem Kern unseres Mandats“, so Lagarde. FMW: Eigentlich dachten wir der Kern des Mandats der Zentralbank in Frankfurt wäre es die Preisstabilität zu gewährleisten, und nicht einzelnen Ländern auf Kosten anderer Länder günstige Kredite zu verschaffen. Denn die EZB will unter anderem Anleihen von Euro-Nordländern mit niedrigen Renditen verkaufen, um mit dem frei gewordenen Geld Südländer-Anleihen zu kaufen. Damit erhöht man zum Beispiel die Renditen in Deutschland und senkt sie für Italien. Der deutsche Staat (der deutsche Steuerzahler) muss dann mehr für Schulden bezahlen, der italienische weniger.

Christian Rieck hat den Kampf gegen die Fragmentierung der Renditen jüngst auch äußerst kritisch besprochen. Sehen Sie sein Video dazu hier.



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7 Kommentare

  1. Das ist der Weg zur „EUROPA-ANLEIHE“!
    Das wird nicht lange dauern, dann haben Nordlandanleihen genau den gleichen Preis, wie die Highflyer jetzt.
    Ich fordere die gleichen gesellschaftlich-sozialen Standarts für alle Europäer, die in GR oder IT gelten. Rente mit 50 und so weiter…, denn das kann man einem „fleißigen Volk“ gar nicht mehr erklären, Irgendwann reicht selbst die massivste Verblödung nicht und es kracht.
    Mal eine Frage zu dem Thema, was bedeutet das eigentlich für die Börsen in Euroland, wenn der Euro zur Lira wird?

    1. @Zabbi. Zu Ihrer Frage: Was bedeutet es, wenn der Euro zur Lira wird? Nach 1970 wurde die italienische Lira zur D-Mark ständig abgewertet. Während man zunächst nicht einmal 200 Lire für eine D-Mark hinlegen musste, waren es im Höhepunkt vor der Entscheidung zum Euro 1995 über 1200 Lire für eine Deutsche Mark. Italien hat sich seine Wettbewerbsfähigkeit stets durch Abwertung ermöglicht (als Urlauber konnte man dies über zwei Jahrzehnte erleben), aber dies war ab 2001 nicht mehr möglich. Allerdings bekam man dann nordeuropäische Zinssätze, ein Traum für die Finanzpolitik zur Schuldenaufnahme. Jetzt befürchtet man eben, dass dem Euro z.B. im Relation zum US-Dollar, dasselbe Schicksal droht. Durch den Kampf gegen Fragmentierung und letztendlich bei gemeinsamer Haftung für Bonds. Für die Börsen ist dies anfangs ein Vorteil, weil die Exporte billiger werden, aber die Importe!

    2. Also ich fange langsam aber sicher an die bald wertlosen Euronen in die CHF zu wechseln… Diese Abzocke geht bald in die Luft. Und das ist auch gut so.

  2. Französischer Notenbankchef will die Integrität des Euros verteidigen, und verkauft dabei die Seele der Währung

  3. Damit wird der ital. Staatsbankrott nur verzögert, aber nicht abgewendet. Irgendwann werden die Zinsen im ganzen Euro-Raum zu hoch für Italien sein. Italien ist einfach ein hoffnungsloser Fall…

  4. Dr. Sebastian Schaarschmidt

    Die Südländer mussten schon immer den Abnehmern höhere Zinsen bieten, damit diese überhaupt anbissen.

    Italien, zum Beispiel, musste 1992 sage und schreibe 13 Prozent bieten. Der Grund war der Zusammenbruch der Parlamentarischen Demokratie im Siefelsaat.
    Die Italienischen Christdemokraten und die Italienischen Sozialdemokraten hatten abgewirtschaftet. Sie waren in Parteispenden- Skandalen, Korruptionsskandalen und Amtsmissbrauch- Skandalen verstrickt.
    Griechenland musste nach dem Millitärputsch 1981, sogar 25 Prozent bieten, um Abnehmer für seine Staatsanleihen zu finden.
    Die Investoren ließen sich das Risiko bezahlen.
    Die EZB nimmt nun Deutschland in die Haftung. Niemand bei Verstand würde italienische Staatsanleihen für nur 4 Prozent kaufen.
    Italien ist hoch verschuldet hat mit die höchsten Gehälter im Öffentlichen Dienst, der nur mit immer neuen Schulden zu finanzieren ist. Das Gleiche gilt für Spanien, Portugal, Malta, Zypern, Frankreich und Griechenland.
    Italien hatte 92 versprochen, wenn wir in den Euro aufgenommen werden, haben wir eine Schuldenquote von 60 Prozent.
    Das Gleiche versprach Griechenland, Spanien, Portugal….
    Nichts ist passiert. Als Italien das versprach lagen die Schulden bei der Hälfte von heute! Das Gleiche gilt für alle anderen Ländern der Südzone inclusive Frankreich.

  5. Der nächste kleine hilflose Versuch sich gegen die Inflation zu stemmen.Sollte man jetzt wirklich
    glauben,dass „Lira“ Anleihen nicht weiter steigen werden ?
    Die auf uns zukommende Zeit zeigt eindeutig,dass der Kapitalmarkt griechische und italienische Anleihen nur
    zu einem höheren Risiko-Zinssatz wird kaufen wollen.Wenn man etwas, aber nur etwas weiter in die Zukunft
    sieht,wird die EZB noch mehr solche Anleihen kaufen müssen.Daher die momentane Reaktion der EZB
    („die Hütte brennt“) Der Umweg über einen Verkauf der etwas „lukrativeren“deutschen Anleihen bleibt nur
    als Versuch zu sehen die „Bonität“ des EUR und überhaupt das Vertrauen in diese Währung und die der
    „Währungshüter“ kurzfristig noch zu erhalten.

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