Allgemein

EZB fürchtet Deflation statt Inflation in der Eurozone

EZB Zentrale in Frankfurt - Angst vor Deflation

Seit der Finanzkrise in den Jahren 2007-2009 kämpft die Europäische Zentralbank einen verzweifelten Kampf. Nicht gegen Inflation, sondern Deflation (hier genauer erläutert). Also die Aufwertung des Geldes. Das klingt absurd angesichts der immer größer werdenden Summen, die von Notenbanken und Regierungen in den Ring geworfen werden, um die Coronakrise zu bekämpfen. Und doch zeigt der Trend bei der Inflation klar nach unten. Isabel Schnabel, Mitglied im EZB-Direktorium, geht davon aus, dass wir schon in den kommenden Monaten in die Deflation rutschen könnten. Was bedeutet das für Sie als Sparer, Anleger oder Geldbesitzer?

Deflation hat zu Unrecht einen schlechten Ruf

Deflation hört sich eigentlich vorteilhaft an. Die Preise sinken, die Kaufkraft des Geldes steigt. Doch die Deflation kam in Verruf. So wird zum Beispiel bis heute die Phase zwischen 1873 und 1896 als große Depression beschrieben, in der Deflation und eine angeblich schwere Wirtschaftskrise Hand in Hand gingen. Tatsächlich war diese angebliche Depression jedoch gar keine Depression. Die Wirtschaft wuchs auch in diesem Zeitraum der Deflation – jedoch langsamer als zuvor. Auch die Weltwirtschaftskrise Ende 1929 ging mit Deflation einher. Dabei war es nicht die Deflation, die eine Wirtschaftskrise auslöste, sondern die Wirtschaftskrise führte zu Deflation. Historisch gesehen ist es keineswegs eine ausgemachte Sache, dass deflationäre Phasen schlecht für die Wirtschaft sind. Die „große Depression“ ist das beste Beispiel dafür, dass die Kaufkraft des Geldes zunehmen UND die Wirtschaft wachsen kann.

Doch davon wollen die Notenbanken heute wenig wissen. Mit Billionensummen wird das selbst gemalte Schreckgespenst der Deflation bekämpft. Schließlich würde sich auch die Frage stellen, wozu wir überhaupt eine Zentralbank brauchen, die Zinsen und Geldversorgung steuert, wenn die Wirtschaft sowohl in inflationären als auch deflationären Phasen wüchse. Das Deflationsszenario wurde von Schnabel denn auch ausgepackt, um die Geldpolitik der EZB in den vergangenen Jahren gegen Vorwürfe zu verteidigen, sie sei riskant gewesen. Insbesondere das jetzt wiederbelebte Kaufprogramm für Anleihen steht im Fokus der Kritik.

Die EZB rechnet in diesem Jahr in zwei von drei Szenarien mit Deflation

Die EZB hat nun drei Szenarien aufgestellt, ein optimistisches, pessimistisches und neutrales Szenario. Die beiden letzten Szenarien werden nach Ansicht der EZB spätestens im vierten Quartal 2020 zu Deflation in der Eurozone führen. Im pessimistischen Szenario beginnt diese Phase sogar schon in diesem Quartal und reicht bis ins erste Quartal 2021. Wie kann das sein angesichts einer Rekordausweitung der Notenbankbilanz und Wirtschafts-Stimuli in Höhe hunderter Milliarden Euro in der Eurozone?

Wer mit offenen Augen durchs Leben geht, wird auch durchaus Inflation an allen Ecken und Kanten entdecken. Der Kapitalmarkt spielt seit Beginn der Coronakrise verrückt. Aktien- und Anleihenkurse erreichen Rekordhöhen und sind bei vielen Unternehmen völlig losgelöst von der realwirtschaftlichen Situation der Unternehmen. Selbst die Aktienkurse von insolventen, in Abwicklung befindlichen Unternehmen steigen. Der Goldpreis legt zu und andere Realwerte wie Kunst, Münzen oder Briefmarken erfahren reges Interesse, wie Auktionatoren berichten.

Von all dem bekommt man jedoch wenig mit, wenn man nur auf die offiziellen Inflationszahlen blickt. Dort fließen weder Aktien- noch Immobilienpreise ein und Warengruppen, die besonders üppige Preisnachlässe erfahren, wie zum Beispiel Tourismus, sind derzeit besonders wenig gefragt. Wer nicht in den Urlaub fliegt, hat wenig davon, dass eine Kreuzfahrt in der Südsee jetzt besonders günstig ist und den offiziellen Inflationswert Richtung Deflation bewegt. Und dank staatlich regulierter Mieten fließen selbst die steigenden Immobilienpreise kaum noch in den Warenkorb ein. Die Menschen bemerken die steigenden Preise spätestens dann, wenn sie eine Wohnung kaufen wollen, weil sie dank Mietpreisregulierung keine Mietswohnung mehr finden können.

Wenn die EZB Inflation will, wird sie andere Maßnahmen einführen müssen

Wenn die EZB die auftretende Inflation auf den Kapital- und Sachanlagemärkten nicht messen kann oder will, gleichzeitig jedoch Deflation verhindert werden soll, dann wird sie sich neue Maßnahmen überlegen müssen, um Inflation herbeizuführen. Die kann nur erreicht werden, wenn all das in die Märkte gepumpte Geld auch endlich nachfragewirksam auf den Warenmärkten wird.

Verbal rückt die EZB bereits in Richtung Intervention auf den Warenmärkten. Seit ihrem Amtsantritt spricht EZB-Präsidentin Lagarde davon, dass die Zentralbank auch den Klimawandel bekämpfen müsse. Derzeit soll das allein dadurch erreicht werden, dass künftige Anleihekäufe auch an Nachhaltigkeitskriterien ausgerichtet werden sollen. Sollte die EZB dazu übergehen, auch konkrete Investitionsprojekte mit Förderkrediten zu unterstützen, würde sie direkt die Nachfrage nach bestimmten Gütern ankurbeln. Dann hätten wir Inflation auf allen Märkten. Spätestens wenn das passiert, dürfte der Goldpreis kein Halten mehr kennen. Denn sobald der Inflationsfunke auch auf die Warenmärkte überspringt, all die Billionen an Liquiditätshilfen nachfragewirksam werden und die Menschen täglich sehen, dass ihr Geld immer weniger wert wird, spätestens dann werden sie nach Schutz gegen den Kaufkraftverlust suchen. In Euro gerechnet notiert der Goldpreis bereits seit Monaten auf Allzeithochs.



Kommentare lesen und schreiben, hier klicken

Lesen Sie auch

18 Kommentare

  1. Deutschland ist NICHT die Eurozone! Das zeigt sich sowohl beim Einbruch der Wirtschaft durch COVID, welcher in Deutschland relativ moderat ausfällt, als auch bei der Inflation, welche in Deutschland durchaus sehr deutlich zu sehen und zu spüren ist. Europa ist keine einheitliche Wirtschaftszone! Regelmäßig irgendwelche Durchschnitte als Entscheidungsgrundlage für Fiskal- und Geldpolitische Entscheidungen zu Lasten Deutschlands heranzuziehen, ist skandalös.

    1. „Einbruch der Wirtschaft durch COVID, welcher in Deutschland relativ moderat ausfällt,…“

      Wo haben Sie denn diese Mär gefunden?

      https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/corona-krise-deutscher-export-bricht-um-mehr-als-30-prozent-ein-16807051.html

      Das wird schon!

      1. Da pfeiffen volle Hosen im dunklen Walde..

        Bald haben wir eine ausgeglichene Handelsbilanz. Der feuchte Traum der Grünen und Linken. Wird Zeit, dass diese Gestalten mal erleben, was das bedeutet.

        1. @Wutbürger, recht(s) hast Du!
          Nur Pfeifen schreiben pfeifen mit drei Efff.

          1. Superdupper. Sie haben es wieder mal auf den Punkt gebracht. Die Rechtschreibung ist das Wichtigste bei einem Beitrag. So war das bei uns in der ersten Klasse auch immer.

      2. Erstens ist Export nicht gleich Wachstum und zweitens vergleichen Sie mal den Einbruch Deutschlands mit dem von Italien Frankreich Spanien und dann denken Sie nochmal kurz über Ihren Kommentar nach. Wenn die EZB regelmäßig Geld- und Fiskalpolitik an den Schlechtesten ausrichtet, dann ist das aus deutscher Sicht skandalös. Punkt.

  2. Hahaha. Die Brandstifter beklagen die vielen Brände.
    Schon meine Oma hat vor Jahrzehnten, noch zur DM-Zeit, bei 3% Zins geklagt: „Womit soll man denn die Konjunktur anschieben, es gibt ja fast keinen Zins!“. Was würde die heute zu den Geldfälschern sagen. Sicher nichts druckfähiges.

    Ein sehr hoher Anteil derer mit Geldvermögen, nicht nur die Omis, verkonsumieren traditionell nur den Zins, nicht die Substanz. Deshalb gibt es einen optimalen Zinssatz, mit dem Schuldner und Sparer leben können. Und dieser liegt nicht bei NULL! Und schon gar nicht darunter. Solche Zinssätze, welche die Ahnungslosen in FFT gut finden, signalisieren Menschen mit Lebenserfahrung: es ist etwas oberfaul im System. Du musst das Geld zusammenhalten. Angstsparen ist das Gebot der Stunde! Und so geschieht es eben. Deflation im Anmarsch. Und Depression auch.

  3. In der EZB sitzen Beamten, welche keine wirtschaftlichen Zusammenhänge , geschweige denn „Wirtschaftlichkeit“ kennen!
    Sie wissen nur das es Geld in unbegrenzter Höhe gibt und sie nie verantwortlich für ihr Handeln sind! Es sind einfach nur Beamte die auf ihre Pensionen schielen und deshalb devot jeden Mist der Politiker mitmachen!

  4. Man sollte bei der Betrachtung von Inflation und Deflation zumindest die Vermögenspreis-Inflation außen vor lassen. Eine kurze Phase der Deflation ist nicht von der Hand zu weisen, da die Liquidität die mittels Programmen in die Wirtschaft gepumpt wird, die entfallenden Umsätze aufgrund des Corona-Wahnsinns und der damit verbundenen Käuferzurückhaltung niemals kompensieren kann. Das gilt auch für Investitionen der Unternehmen die unter Planungsunsicherheit leiden.

    Die darauf folgenden zwangsweise einzige Maßnahme nämlich Geld unters Volk zu werfen, wird dann eine echte Inflation genannt Stagflation einleiten, bei der man gespannt sein darf, ob die Zauberlehrlinge sie wieder einfangen können. Große Zweifel sind angebracht. Signifikant gefallenes Verbrauchervertrauen in Verbindung mit abgeworfenen Billionen sind der Stoff aus dem Koffer gemacht werden, um das Geld für einen Brotkauf zu schleppen.

    1. @Hubi Stendahl, rhetorisch zuerst einmal im Ansatz überzeugend wirkend. Logisch eher oberflächlich. Was meinen Sie mit „Corona-Wahnsinn“? Diesen Begriff setzen Sie als gegeben, als grundsätzlich geltende Annahme, als Basis für die gesamte Argumentationskette voraus.

      Bitte begründen. Quellen?

      1. https://www.youtube.com/watch?v=kqVL7KR-Qyk
        Hier werden Sie geholfen, falls Sie die Story der Medien-Regierung glauben.

  5. Die Sorgen der EZB, wenn ich mir die kostenfreien Prospekte diverser Discounter anschaue, dann ist die Deflationen nicht mehr zu leugnen.

    1. —sind nicht abwegig—
      soll es heißen.

      1. https://www.youtube.com/watch?v=kqVL7KR-Qyk
        Hier werden Sie geholfen, falls Sie die Story der Medien-Regierung glauben.

  6. Pingback: Aktuelles vom 10. Juli 2020 | das-bewegt-die-welt.de

  7. Also bekämpft die EZB, mittlerweile angeführt von einer verurteilten Kriminellen, im besten Don Quijote Stil den nicht existenten Deflations-Drachen. Die massive Inflation bei Mieten, Nahrungsmitteln und Energie wird mit Unterstützung der Bundesregierung ignoriert.

    Witzig, wenn es nicht so traurig wäre und hauptsächlich zu Lasten der deutschen Bevölkerung ginge: amazon.de/dp/B088ZW69C7

  8. Pingback: Bitcoin und das zitternde Maß des Fiat-Geldes - bitcoin news

  9. Pingback: Bitcoin und das zitternde Maß des Fiat-Geldes - bloekchain

Hinterlassen Sie eine Antwort

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert




ACHTUNG: Wenn Sie den Kommentar abschicken stimmen Sie der Speicherung Ihrer Daten zur Verwendung der Kommentarfunktion zu.
Weitere Information finden Sie in unserer Zur Datenschutzerklärung

Meist gelesen 7 Tage