Die Eurozone hat die Rezession hinter sich gelassen, beflügelt von deutlich kräftigerem BIP-Wachstum als erwartet in ihren vier größten Volkswirtschaften. Gleichzeitig kam jedoch der jüngste Rückgang der Inflation zum Stillstand. Was macht nun die EZB? Trotz der Tatsache, dass die Abkühlung der Inflation im Euroraum eine Pause eingelegt hat, dürfte die EZB im Juni erstmals die Zinsen senken. Es ist davon auszugehen, dass die Währungshüter durch eine geldpolitische Lockerung den zarten Aufschwung unterstützen wollen, statt ihn durch länger hohe Zinsen zu gefährden.
Wachstum steigt – Inflation klebrig: Was macht die EZB?
Wie Bloomberg berichtet, stieg das Bruttoinlandsprodukt im ersten Quartal in der Eurozone um 0,3% gegenüber den vorangegangenen drei Monaten — das stärkste Tempo seit eineinhalb Jahren. Aus einer separaten Veröffentlichung ging hervor, dass die Verbraucherpreise im April um 2,4% auf Jahresbasis gestiegen sind, was genau der Teuerung vom März entspricht und mit den Schätzungen der Analysten übereinstimmte. Dies könnte ein Indiz dafür sein, dass die letzten Meter zum 2%-Ziel der EZB holprig werden.
Die Aussichten für den Währungsraum hellen sich auf, nachdem hohe Inflation, steigende Zinsen und eine schwache weltweite Nachfrage die Wirtschaftsleistung hatten sinken lassen. Unterstützt wird der Aufschwung dabei auch durch die deutsche Wirtschaft, die sich nach einer milden Rezession langsam erholt. Der wahrscheinliche Beginn der geldpolitischen Lockerung durch die Europäische Zentralbank (EZB) im Juni dürfte ebenfalls für Auftrieb sorgen.
Europa: Wirtschaftswachstum zieht an
Nach einer Schrumpfung in der zweiten Jahreshälfte 2023 übertraf das Wachstum (BIP) im ersten Quartal in Deutschland, Frankreich, Italien und Spanien die Erwartungen der Analysten. Die EZB geht davon aus, dass sich die Wirtschaft im Laufe des Jahres im Zuge des Rückgangs der Inflation, der Erholung der Haushaltseinkommen und der Stärkung der Auslandsnachfrage erholen wird, und prognostiziert ein Wachstum von 0,6% im Jahr 2024 und 1,5% im Jahr 2025.
In der Tat deuten die jüngsten Daten darauf hin, dass die Wirtschaft die Wende geschafft haben könnte. Die Bedenken sind jedoch noch nicht vollständig ausgeräumt: Im April kam es zu einem unerwarteten Stimmungsrückgang.
Die Inflation nähert sich derweil der 2%-Marke. Dementsprechend sind die Notenbanker der EZB zuversichtlicher, dass die Teuerung auf dem besten Weg ist, dieses Ziel zu erreichen — was die Tür für eine erste Senkung der Zinsen im Juni öffnet. Sorgen bereitet ihnen die hartnäckige Dienstleistungsinflation. Sie sank im April nun auf 3,7%, nachdem sie fünf Monate lang unverändert bei 4% gelegen hatte.
Die Kerninflation hat sich in diesem Monat ebenfalls abgeschwächt — von 2,9% auf 2,7%. Volkswirte hatten mit einem etwas deutlicheren Rückgang gerechnet.
Was Bloomberg Economics sagt:
“Diese Abschwächung der Dienstleistungspreisinflation ist das, was die EZB sehen muss, um die Zinsen zu senken. Ohne einen Schock bei den Löhnen oder einen Anstieg der Rohstoffkosten wird dies im Juni geschehen. Das deutlich über den Erwartungen liegende BIP-Wachstum zeigt, dass die Wirtschaft den hohen Zinsen recht gut standhält, was die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass der EZB-Rat im Juli eine Bilanz der Daten ziehen und die Kreditkosten stabil halten wird.” — Jamie Rush, Chefökonom für Europa.
Der Euro machte frühere Verluste aufgrund des stärker als erwarteten Wachstums wieder wett und entwickelte sich besser als alle anderen G10-Währungen, mit Ausnahme des Dollars. Geldmarkthändler reduzierten ihre Wetten auf sinkende Zinsen in diesem Jahr leicht und rechneten mit zwei Schritten um je einen Viertelpunkt und einer 76%igen Wahrscheinlichkeit für eine dritten.
Die Abschwächung der Inflation in der Eurozone könnte sich im Mai fortsetzen, so ein Nowcast von Bloomberg Economics, das einen Wert von 2,3% vorhersagt.
FMW/Bloomberg
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Eine Zinssenkung von 0,5% scheint mir angemessen zu sein. Im nächsten Jahr sollten die Zinsen dann unverändert bleiben. Bei den guten 10 jährigen Unternehmensanleihen könnte ich mir sogar einen Anstieg vorstellen, da mehr investiert werden könnte, und eine leichte Reduktion bei den Hochzinsanleihen, da die Wirtschaft besser läuft.