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EZB-Mitarbeiter wollen Ausgleich für Inflation EZB: Gehaltserhöhung unter Inflation – Gewerkschaft enttäuscht

Mitarbeiter EZB Inflation

Die EZB hat mehrere tausend Mitarbeiter, die unter anderem dafür zuständig sind, die Entwicklung der Inflation vorherzusagen. Besonders erfolgreich waren sie damit jedoch nicht wirklich – die europäische Notenbank verließ sich viel zu lange auf die Prognosen ihrer Mitarbeiter und bezeichnete die Inflation als „vorübergehend“. EZB-Chefin Lagarde sprach daher noch Ende 2021 davon, dass Zinsanhebungen im Jahr 2022 praktisch ausgeschlossen seien – obwohl die Inflation in der Eurozone damals bereits bei 5% lag.

Als sich dann auch durch den Ukraine-Krieg die Inflation weiter beschleunigte, musste die EZB eine Vollbremsung vollziehen – nicht zuletzt, weil auch die Fed zuvor bereits stark auf die Bremse getreten war und damit federführend den monetären Klimawandel einleitete. Seitdem ist die EZB unter Zugzwang, zumal mit Beginn des Jahres 2023 die Energiekosten vor allem in Deutschland für Firmen und Konsumenten deutlich steigen und damit die Teuerung noch weiter anziehen dürfte.

EZB schätzt Inflation falsch ein – jetzt wollen Mitarbeiter mehr Geld

Nun aber bekommt die EZB wegen der Inflation Probleme im eigenen Haus. Denn die Mitarbeiter der Notenbank fordern aufgrund der Inflation höhere Gehälter – aber die Notenbank ist nicht bereit, den eigenen Mitarbeitern die durch Inflation entstandenen Kaufkraftverluste durch höhere Löhne auszugleichen, wie Bloomberg nun berichtet.

Die Personalvertreter der EZB sind enttäuscht über die von der Leitung der Notenbank geplante Gehaltserhöhung, die die Inflation bei weitem nicht wettmacht.

Die EZB-Gewerkschaft namens International and European Public Services Organization (Ipso) will eine Anpassung der Gehaltserhöhung in Höhe von 4,07%, die 2023 in Kraft treten soll. Diese folgt einer bereits eher schmal bemessenen Anhebung um 1,48% für 2022 – weniger als die Hälfte der deutschen Inflation im vorangegangenen Jahr.

“Wir sind mit dem Vorschlag nicht zufrieden”, sagte Carlos Bowles, Vizepräsident von Ipso, zu Bloomberg. “Da die Inflation in Deutschland und der Eurozone in diesem Jahr bei 8,5% liegen dürfte, bedeutet dies einen erheblichen Kaufkraftverlust.” Wenn die Reallöhne fallen “schadet dies der Arbeitsmoral und auch ihrem Vertrauen in die Institution”, so Bowles.

EZB Mitarbeiter Inflation

Kaufkrafterverluste in Deutschland

EZB fürchtet Lohn-Preis-Spirale

Der EZB-interne Lohnkampf trifft dabei zusammen mit der erhöhten geldpolitischen Aufmerksamkeit für Lohnabschlüsse und ihre potenziell inflationstreibenden Auswirkungen. Als oberste Währungshüterin stellte EZB-Präsidentin Christine Lagarde unlängst fest, dass die Lohnzuwächse “anziehen” und warnte vor einer “selbstzerstörerischen” Lohn-Preis-Spirale.

EZB-Gewerkschafter Bowles kann freilich seine Forderung auch geldpolitisch untermauern und verweist seinerseits auf Untersuchungen von IWF-Ökonomen, wonach ein schnelleres Wachstum der Nominallöhne “nicht unbedingt ein Zeichen dafür ist, dass eine Lohn-Preis-Spirale einsetzt”.

Die EZB ist nicht die einzige Zentralbank, bei der die Löhne zu Streit führen. Die Mitarbeiter ihres brasilianischen Pendants haben in diesem Jahr sogar gestreikt.

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Generell steigen in Europa angesichts der rekordniedrigen Arbeitslosigkeit zwar die Löhne, können aber nicht mit der Inflation Schritt halten. Die IG Metall konnte für die deutschen Metallarbeiter gerade einmal 5,2% Lohnerhöhung nächstes Jahr und 3,3% in 2024 erreichen.

Extra-Urlaub

Die EZB-Gewerkschaft hat in der Vergangenheit versucht, die Gehaltserhöhungen an die Verbraucherpreise zu koppeln, blitzte mit der Forderung aber ab. Lagarde erklärte im Mai, dass die Anpassungen “angemessen” sein müssen.

Bowles lehnt die EZB-Methode zur Berechnung von Gehaltserhöhungen ab, die auf den Entwicklungen bei den nationalen Zentralbanken des Euroraums und anderen EU-Institutionen basiert. Er hat auch mögliche Wege für einen Kompromiss angedeutet.

“Wir wollen zumindest über unsere Gehälter verhandeln, aber die EZB ist dazu nicht bereit”, sagte er. Die Institution sei auch nicht bereit zu nicht-finanziellen Vorschlägen wie zusätzliche Urlaubstage am Jahresende.

“Wenn ein Kompromiss auf dem Verhandlungsweg von der EZB weiterhin abgelehnt wird, müssen wir Anfang nächsten Jahres Protestaktionen in Betracht ziehen”, so Bowles.

Ein EZB-Sprecher lehnte eine Stellungnahme zu den Forderungen der Gewerkschaft ab und erklärte, das Verfahren der Zentralbank folge einer “vordefinierten Methodik” und “spiegele die Lohndynamik vergleichbarer Institutionen wider”.

FMW/Bloomberg



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2 Kommentare

  1. Da können die Menschen, die ihre Lieben zuhause pflegen einfacher rechnen. Sie bekommen nämlich nichts an Erhöhung.
    Da waren die Ärmsten der Armen, die wegen Krankheit erwerbsunfähig sind, aber nicht gepflegt werden müssen, schon besser dran, denn sie bekamen 2022. 0,67 % mehr an Grundsicherung. Da werden sie wohl zu Weihnachten ein Fass aufmachen, bevor die Stromabrechnung kommt.
    So geht ein Land mit den Kranken, Pflegevedürftigen und Grundsicherungsempfängern um.

    Viele Grüße aus Andalusien Helmut

  2. Gibt es bei der EZB keine leistungsbezogene Bezahlung? Dann hätte es vermutlich eine Gehaltsenkung geben müssen ! Wozu sind diese tausende gut bezahlte Mitarbeiter notwendig, wenn das Ergebnis völlig daneben liegt. Ein Austausch von Madame Lagarde halte ich für zwingend nötig – da muss jemand an die Spitze, der sich da wirklich auskennt – und nicht eine Lagarde, für die letztes Jahr das wichtigste war, sich Gedanken über die Einführung schönerer Geldscheine zu machen. Geldscheine, die sie sowieso gerne abschaffen möchte !

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