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Inflation über 8% - Zinsen nur bei 2,5% EZB hat wegen Inflation Nachholbedarf bei Zinsen

EZB Zinsen Inflation

EZB-Chefin Christine Lagarde hat letzte Woche auf ihrer Pressekonferenz klar gemacht, dass die Zinsen auf der nächsten Sitzung um weitere 0,5% angehoben werden – und auch dann noch nicht Schluß sein wird mit der Straffung der Geldpolitik. Damit steht die EZB inzwischen weitgehend alleine: die Bank of England deutete in der Vorwoche an, in Sachen Zinsen erst einmal die Füße still zu halten, Fed-Chef Powell hatte am Mittwoch zwar weitere Anhebungen der Zinsen angekündigt, sich jedoch erstaunlich zurückhaltend geäußert.

Die EZB hatte erst sehr spät die Zinsen angehoben, und muß das Versäumte – anders als etwa die Fed – noch nachholen. Damit sind Lagarde und die EZB die letzten geldpolitischen Falken, wie Bloomberg berichtet.

EZB und Lagarde: Die letzten geldpolitischen Falken

Die EZB, die bei der weltweiten Zinserhöhungsparty zu spät dran ist, versucht, alle davon zu überzeugen, dass sie auch eine der letzten sein wird, die aufhört.

Während ihre Amtskollegen von den USA bis Großbritannien nach der drastischen Straffung der Geldpolitik Signale senden, die Anhebung der Zinsen bald zu stoppen, beharrt die EZB darauf, die Zinsen weiter deutlich anzuheben.

Die Präsidentin der EZB, Christine Lagarde, versprach bei ihrer Pressekonferenz am Donnerstag geradezu, die Zinsen im März erneut um einen halben Prozentpunkt anzuheben, mit der Aussicht auf weitere Maßnahmen in der Folgezeit.

Zwar wird dies damit begründet, dass der zugrunde liegende Preisdruck nicht weniger besorgniserregend ist und die Straffung der Geldpolitik in der Eurozone weniger weit fortgeschritten ist als in anderen Ländern. Doch laufen Lagarde und die EZB Gefahr, zunehmend isoliert dazustehen, da die Anleger zunehmend darauf vertrauen, dass der globale Inflationsschock seinen Hochpunkt überschritten ist.

Die EZB begann viel später mit der Straffung als ihre Konkurrenten

Diese Konfrontation könnte sich in nur sechs Wochen zuspitzen, weil die EZB versprochen hat, noch einmal einen großen Zinsschritt zu machen, , obwohl sie gleichzeitig behauptet, „datenabhängig“ zu sein und Entscheidungen „von Sitzung zu Sitzung“ zu treffen.

Die Haltung der EZB könnte wie ein Glaubensbekenntnis wirken, wenn die dann fälligen statistischen Veröffentlichungen und neuen vierteljährlichen Prognosen ein solch entschlossenes Vorgehen nicht eindeutig rechtfertigen.

„Bis März kann noch viel passieren“, sagte Peter Praet, ein ehemaliger Chefökonom der EZB, gegenüber Bloomberg Television. „Ich war überrascht von der Absicht, die Zinsen um 50 Basispunkte zu erhöhen, denn wer weiß schon, was passieren wird?“

Im Gegensatz zur EZB, die die Zinssätze um einen halben Punkt anhob, hob die Federal Reserve am Mittwoch die Zinsen nur um einen Viertelpunkt an. Der Vorsitzende der Fed, Jerome Powell, sagte zwar, dass die Fed die Zinsen weiter anheben werde, aber seine Rhetorik und die optimistischeren Inflationsaussichten öffneten die Tür für eine Rally bei Aktien und Staatsanleihen.

Auch die Bank of England deutete am Donnerstag an, dass sich ihre eigene Zinserhöhung dem Ende zuneigen könnte. Die Bank of Canada, die in der vergangenen Woche eine Zinserhöhung vorgenommen hatte, geht nun davon aus, dass sie die Zinssätze unverändert lassen wird.

Alle diese Notenbanken haben früher als die EZB mit der Anhebung der Zinssätze begonnen und diese bisher um deutlich mehr als die 300 Basispunkte in der Eurozone erhöht. Dennoch ist die relativ synchrone Wende im Konjunkturzyklus der fortgeschrittenen Welt auch dem Euroraum nicht entgangen – die Inflation verlangsamte sich im Januar stärker als erwartet auf 8,5%.

Die am Freitag von der EZB veröffentlichte Umfrage unter professionellen Prognostikern ergab, dass die Erwartungen für die Gesamt- und Kerninflation im Jahr 2025 über dem Zielwert von 2% lagen.

Lagarde verwies auf die zugrundeliegenden Verbraucherpreissteigerungen, die derzeit einen Rekord in der Geschichte der Einheitswährung darstellen, sowie auf das Risiko eines Lohndrucks als Gründe, um wachsam zu bleiben. Die Reaktion der Märkte, einschließlich des größten Rückgangs der italienischen 10-Jahres-Renditen seit fast drei Jahren, deutet jedoch darauf hin, dass die hawkishe Rhetorik allmählich auf taube Ohren stößt.

Pietro Reichlin, Wirtschaftsprofessor an der Universität Luiss in Rom, ist dagegen der Meinung, dass die EZB mit ihrer Entschlossenheit, den Märkten zu trotzen und – in Lagardes Worten – „den Kurs beizubehalten“, richtig liegt.

„Die Inflation ist in Europa nach wie vor hoch, und die Wirtschaft entwickelt sich etwas besser als erwartet, so dass die Entscheidung, die Zinsen weiter anzuheben, Sinn macht“, sagte er. „Es gibt gute Argumente dafür, den Kurs für weitere Anhebungen beizubehalten.“

Inflation im Euroraum schwächt sich stärker ab als erwartet, aber die Kernrate bleibt auf Rekordhoch

Auch die EZB räumt ein, dass die Inflations-Gefahr allmählich nachlässt. Lagarde sagte, die Risiken für die Inflationsaussichten seien „ausgewogener“ als zuvor.

Dennoch betonte sie, dass die Anleger eine Erhöhung um einen halben Prozentpunkt im März als mehr oder weniger eingepreist betrachten sollten. Zwar sei dies nicht „unwiderruflich“, aber nur „ganz extreme“ Szenarien würden die EZB von diesem Kurs abbringen.

Der litauische Zentralbankchef Gediminas Simkus sagte am Freitag sogar, dass es über den nächsten Monat hinaus weitere Zinserhöhungen geben könnte, der slowakische Notenbankchef Peter Kazimir meinte, der Kampf gegen die Inflation sei „noch lange nicht gewonnen“.

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Was Bloomberg Economics dazu sagt

„Der EZB-Rat hat wenig Klarheit darüber geschaffen, wie weit die Zinsen steigen müssen. Das Versprechen einer Neubewertung des geldpolitischen Kurses im Mai erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass es auf dieser Sitzung dann zu einer Verschiebung der Zinsschritte kommen wird.“

Zu den Informationen, die den EZB-Mitgliedern bis dahin vorliegen werden, gehören die für März erwarteten neuen Prognosen zu Wachstum und Inflation, in denen die niedrigeren Energiepreise einfließen. Vor der nächsten EZB-Entscheidung kommen noch einmal Daten zur Inflation – auch wenn die EZB klar gemacht hat, dass dies ihre Entscheidung nicht ändern wird.

Es besteht jedoch die Gefahr, dass die EZB mit ihrer starren Haltung gegenüber weiteren Erhöhungen der Zinsen sich allzu stark festlegt. Die Erfahrung mit Fehlern, wie sie bei den abgebrochenen Zins-Anhebungen in den Jahren 2008 und 2011 gemacht wurden, ist lehrreich.

„Die EZB sollte nicht der letzte Falke sein“, sagte Holger Schmieding, Chefvolkswirt bei Berenberg. „Sie sollte bald aufhören. Die Erklärungen von Lagarde deuten jedoch darauf hin, dass sie die Zinsen höchstwahrscheinlich im Mai weiter anheben wird.“

FMW/Bloomberg



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3 Kommentare

  1. In der Ära von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker/Erfahrungen als Eurogruppenchef und Finanzminister von Luxemburg wurde mir bewußt, welchen Einfluß die Währung Euro auf dem globalen Finanzmarkt mit sich bringen kann.

  2. Dr. Sebastian Schaarschmidt

    Lächerlich ! Lächerlich, einfach lächerlich. Zinsen von unter 3,5 Prozent im Schnitt, stehen Inflationen von über 7 ,5 Prozent gegenüber.

    In den baltischen Staaten erreichte sie jüngst 21 Prozent!

    Und das sind nur die offiziellen Raten. Dabei hat,auch die EZB, das Ziel von unter aber nahe zwei Prozent. Um diese Vorgabe zu erreichen ,müssten die Zinsen, zumindest das Niveau der Jahrtausendwende, von 4,75 Prozent erreichen ( Inflation damals bei 2,5 Prozent im Schnitt).
    Aber eigentlich brächten nur Zinsen oberhalb der Inflationsrate echte Entlastung.

    Das faktisch insolvente Länder ,wie Italien oder Griechenland ,damit unter Druck kommen, liegt auf der Hand. „Hier handelt es sich im Wesentlichen um minderbemittelte Hauptschüler ,die sich nur durch politische Protektion, auf’s Gymnasium verirrt haben und jetzt natürlich versagen „, um einen bekannten Geldpolitiker zu zitieren.

  3. Deutschland ist im Euro gefangen. Wer hat denn dieser Währungsunion zugestimmt? Die deutsche Bundesbank hat früher dafür gesorgt, dass die Geldwertstabilität gewahrt wurde, wenn es auch der Wirtschaft und der Politik nicht passte. Welch goldene Zeiten! Heute ist die EZB die Versicherungsgesellschaft, um alle Risiken in den EU-Staaten zu begleichen. Zypern, Malta und andere südeuropaische Staaten haben im EZB-Rat die gleichen Stimmrechte wie Deutschland, d. h. das Schuldenmachen geht ohne Ende weiter. Stellt doch mal die Frage, warum die USA und Kanada keine Währungsgemeinschaft haben? Ungarn und Polen sind für den Euro nicht bereit, ihn einzuführen, sie werden es wohl besser wissen.
    Nun, es ist bekannt, ein Franzose sagte einmal, „schafft und die D-Mark ab, es ist die Atombombe Deutschlands“ Einige unsere Politiker sind dieser Aussage auf den Leim gegangen, oder?

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