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Wie der Klimawandel die Überschreitung des EZB-Mandats rechtfertigen soll EZB macht Klimapolitik, Fed sagt nein: Irrweg einer Notenbank

Kümmert euch besser um die Inflation - das ist euer Mandat!

EZB Klima-Politik Fed

Eigentlich ist das Mandat der EZB die Geldwertstabilität, aber die europäische Notenbank kümmert sich nun verstärkt um das Klima – ganz anders als die US-Notenbank Fed!

EZB: Inflation und das Klima

In Sachen Inflation hat die EZB nicht gerade mit Prognosestärke geglänzt – noch im November 2021 schloss Christine Lagarde Zinsanhebungen für das Jahr 2022 faktisch aus, weil die Inflation angeblich doch nur „vorübergehend“ sei. Dabei lagen damals die Erzeugerpreise – gewissermaßen die Inflation in der Pipeline – in der Eurozone bereits über 20%.

Viel zu spät – deutlich später als die US-Notenbank Fed – erkannten die europäischen Währungshüter dann Mitte 2022 ihren Irrtum und steuerten um. Warum aber hatte die EZB die Inflation falsch eingeschätzt? Einer der Gründe dürfte sein, dass sich die EZB für Bereiche zuständig fühlt, die faktisch ausserhalb ihres Mandats liegen, so zum Beispiel auch für Klima-Politik: sie will Geldströme in alternative Energieträger lenken und gleichzetig Kreditgeber abstrafen, die Kredite an Unternehmen aus dem fossilen Sektor vergeben. Das deutsche Sprichwort „Schuster, bleib bei deinen Leisten“ war selten so passend wie in diesem Fall.

EZB macht Klimapolitik, US-Notenbank lehnt das ab

Heute hat die EZB einen Bericht vorgelegt über „new climate-related statistical indicators to narrow climate data gap“. Damit geht die EZB einen (Irr-)Weg, den etwa die US-Notenbank Fed klar ablehnt: sie macht aktive Klimapoltitik. Die Begründung der EZB dafür ist ein Totschlagargument: der Klimawandel habe Auswirkungen auf die Finanzstabilität, weswegen man nun einmal auch für Klima-Politik zuständig sei. Damit läßt sich im Grunde jede Mandats-Überschreitung rechtfertigen!

Die Fed hingegen lehnt das aus guten Gründen ab: so sagte Fed-Chef Powell bei einer Notenbanker-Konferenz in Schweden kürzlich: “We are not, and will not be, a climate policymaker.” Warum? Weil man als Notenbank dafür schlicht kein Mandat habe!

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Die Europäische Zentralbank hat eine erste Reihe von klimabezogenen statistischen Indikatoren vorgestellt, um die Auswirkungen der globalen Erwärmung auf den Finanzsektor besser zu überwachen und die Entwicklungen im Bereich der nachhaltigen und umweltfreundlichen Finanzwirtschaft zu verfolgen. Das berichtet Bloomberg.

Die neuen Indikatoren sind entweder experimentell oder analytisch, erklärte die EZB am Dienstag. Sie wies darauf hin, dass erstere zwar viele, aber nicht alle“ ihrer Standards erfüllen. Die analytischen Messgrößen seien von geringerer Qualität und hätten „gewisse – manchmal erhebliche – Einschränkungen“.

„Die Indikatoren sind ein erster Schritt, um die Lücke in den Klimadaten zu schließen, die entscheidend ist, um weitere Fortschritte auf dem Weg zu einer klimaneutralen Wirtschaft zu machen“, sagte Vorstandsmitglied Isabel Schnabel in der Erklärung. „Wir brauchen ein besseres Verständnis dafür, wie sich der Klimawandel auf den Finanzsektor auswirken wird und umgekehrt. Dafür ist die Entwicklung von qualitativ hochwertigen Daten der Schlüssel“.

Die Statistiken sind ein Meilenstein für den Plan der EZB, Überlegungen zum Klimawandel in ihren politischen Rahmen einzubeziehen. Die EZB hat dieses Ziel im Juli letzten Jahres vorgestellt und im Oktober damit begonnen, fällig werdende Unternehmensanleihen zugunsten von Emittenten mit einem grüneren Fußabdruck zu reinvestieren.

Schnabel hat weitere wichtige Schritte ins Auge gefasst. In einer Rede in diesem Monat deutete sie an, dass die EZB möglicherweise damit beginnen müsse, die Bestände an Anleihen aktiv umzuschichten, um das Klimarisiko besser zu berücksichtigen.

Sie argumentierte auch, dass jeder Versuch, das Anleiheportfolio der EZB umweltfreundlicher zu gestalten, Staatsanleihen einschließen müsse.

Unter Lagarde wird die EZB  zur Klima-Notenbank

Unter Präsidentin Christine Lagarde hat die EZB ihre Bemühungen darauf ausgerichtet, einen Beitrag zum Kampf gegen die globale Erwärmung zu leisten und eine breitere Diskussion über die bessere Beobachtung klimabezogener Risiken und den grünen Übergang einzuleiten.

Die neuen Indikatoren beruhen nach Möglichkeit auf öffentlich zugänglichen Daten, um sicherzustellen, dass sie zugänglich und reproduzierbar sind, so die EZB. Sie decken drei Bereiche ab:

– Experimentelle Indikatoren zur nachhaltigen Finanzierung, die einen Überblick über die als grün, sozial oder nachhaltig bezeichneten Schulden bieten

–  Analytische Indikatoren zu den von Finanzinstituten finanzierten Kohlenstoffemissionen, die Einzelheiten über die Kohlenstoffintensität von Wertpapieren und Kreditportfolios liefern

–  Analytische Indikatoren zu klimabedingten physischen Risiken, die die Auswirkungen von Naturkatastrophen auf die Performance von Krediten, Anleihen und Aktienportfolios analysieren

Die Daten zeigen, dass sich das Volumen nachhaltiger und grüner Anleihen im Euroraum in den letzten zwei Jahren mehr als verdoppelt hat und deutlich schneller als der gesamte Anleihemarkt gewachsen ist, so die EZB.

Die Daten zeigen auch, dass der Großteil der durch Aktien oder Anleihen finanzierten Emissionen von Investmentfonds gehalten wird, während die kohlenstoffintensivsten Aktivitäten über Bankkredite finanziert werden.

FMW/Bloomberg



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3 Kommentare

  1. Aus Erfahrung setze ich einerseits darauf, daß das Bundesverfassungsgericht sozusagen weiterhin darüber wacht, daß die EZB ihr Mandat nicht überschreitet. Aber vielleicht ist es ja möglich, daß die EZB die energiepolitische Agenda der Öl-Allianz OPEC+/Energiemix bestehend aus fossilem Erdöl, fossilem Erdgas, Wasserstoff, Wasserkraft, Sonnenenergie und Windenergie unterstützt.

  2. „– Experimentelle Indikatoren zur nachhaltigen Finanzierung, die einen Überblick über die als grün, sozial oder nachhaltig bezeichneten Schulden bieten“

    Lest diesen Satz ganz genau . Wie sagte Dirk Müller vor Jahren so treffend : “ die nehmen bei der EZB jetzt auch die letzten rostigen Damenfahrräder aufs Buch “ Lasst euch kein X für ein U verkaufen. Es geht niemals um Stakeholding, sondern nur und ausschliesslich um Shareholding und um hochprofitabeles stetig rentierliches Eigentum oder Besitztum. Schuldenfreier Cashflow aus dem operativen Geschäft. Das ist der Weg nach oben.Alles andere landet im abzuschreibenden Schuldenzirkus der Bankbilanzen ,die am Ende sozialisiert abgeschrieben werden müssen. Handelt ihr mit großen Summen ,geht ins steuerfreie Ausland,ansonsten drücken sie diese minderbemittelte Politik und die Kosten ,über Steuerzahlungen wieder zurück in eure Accounts. Profit und Rendite , darum gehts und nicht um regenbogenfarbene Armbinden. Haltung ist für Verlierer !!

  3. Young Global Leader

    Hallo Herr Fugmann, das ist doch nur ein Puzzlestück, dass Sie in der Hand halten.

    Die EU bereitet Industriesubventionen vor

    https://www.deutschlandfunk.de/eu-ratspraesident-michel-legt-industrie-foerderplan-vor-100.html

    die über die Europäische Investmentbank EIB finanziert werden sollen. Die EIB sagt in ihrer Selbstbeschreibung:

    „Die Europäische Investitionsbank ist einer der weltweit größten Geldgeber für den Klimaschutz. Das Jahrzehnt 2021–2030 ist entscheidend, um den Klima- und Umweltnotstand auf unserem Planeten zu bekämpfen. Dafür sind Investitionen in Billionenhöhe erforderlich. Die Europäische Union und die EIB-Gruppe gehen bei der Umsetzung des Pariser Abkommens voran.“

    Wenn Technokraten den Planeten nicht retten, dann landen wir alle in der Klimahölle. Um dort nicht zu landen, muss auch die EZB ihren „Beitrag leisten“.

    Bürokratien werden immer ihre Kompetenzen erweitern. Dazu schaffen sie Aufgabenbereiche, für die sie sich richtig und wichtig halten, füllen sie mit Personal, sorgen für Finanzierung, betreiben Öffentlichkeitsarbeit und kümmern sich darum, dass Narrative im Umlauf bleiben, die ihre Arbeit rechtfertigen. Dazu gehört letztlich auch die Pflege des politischen Systems, dass sie „Demokratie“ nennen. Ob die EIB einen wichtigen Beitrag zur Regulierung des Weltklimas leistet, glaube ich auch nicht, aber sie steht für „unsere Werte“. Die Gute Investitionsbank steuert Geldströme, für die sie eine weitere Bank braucht, am besten eine Zentralbank, die sagt, diese Investitionen seien doppelt-gut, einmal gut für das Klima und zweites mal für die „Geldwertstabilität“ – übrigens auch einer jener Werte, für die wir eine Behörde brauchen, die Mandate erhält, Experten, die sie rechtfertigen und einen rechtlichen Rahmen, der sie, so die alte Sage, vor den Begehrlichkeiten der Politiker immunisiert, weswegen sie auch das perfekte Einfallstor für Politik jedweder Art ist. Sie können als Staatsmann allerdings nicht direkt in sie eindringen, in die Bank, sie können es nur, indem sie ihre eigenen Leute dort platzieren. Das ist der oligarchische Stil, den eigentlich alle pflegen, selbst Leute, wie Erdogan, der allerdings den Stilbruch begeht, allzu transparent durchblicken zu lassen, dass er der Boss und der Zentralbank-Chef nur sein Angestellter ist. Man sollte schon ein wenig Aufwand betreiben, um den autoritären Stil zu dissimulieren. Das sind die feinen Unterschiede, die die „politischen Kultur“ ausmachen.

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