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EZB-Politik: Bausparkassen und Bausparer gleichermaßen Opfer?

Nicht nur Banken, Bankkunden und Lebensversicherungsbesitzer sind betroffen. Bausparkassen und Kunden von Bausparkassen, die lange und fleißig einzahlen, sind noch mehr Opfer...

FMW-Redaktion

Nicht nur Banken, Bankkunden und Lebensversicherungsbesitzer sind betroffen. Bausparkassen und Kunden von Bausparkassen, die lange und fleißig einzahlen, sind noch mehr Opfer der EZB-Politk der abgeschafften Zinsen. Neue Häuslbebauer verzichten auf langwieriges Bausparen, finanzieren direkt über normale Hypothekenkredite bei ihrer Bank, die eh spottbillig sind dank der EZB. Die Bausparer, die vor Jahren zu höheren Zinsniveaus langfristige Bausparverträge abschlossen und auch jetzt fleißig einzahlen, kassieren zwar gute Zinsen. Die Bausparkassen werden damit aber zum Opfer der EZB-Politik. Sie müssen für diese Altverträge auch weiterhin hohe Zinsen zahlen, können aber bei neuen Immobilienkrediten nicht annähernd so hohe Zinsen kassieren. Gleichzeitig fehlt eh das Neugeschäft, das zu einem guten Teil jetzt die normalen Banken machen.

Der Bausparkunde, der langfristig hohe Zinsansprüche gegen die Bausparkasse hat, wird ungewollt zum Totengräber der selbigen. Kunde und Kasse werden wohl die ersten Opfer der EZB-Politik sein. Entweder sie kommen demnächst in arge Probleme, oder die Bausparkassen setzen konsequenterweise das fort, was gerade schon im Gange ist. Man kündigt immer mehr Bausparern mit Altverträgen dreist ihre Bausparverträge, weil man sich die hohen Zinsen nicht mehr leisten kann. Man machte von einem Sonderkündigungsrecht Gebrauch, weil die Sparer oft über die Maximaldauer der Ansparphase hinaus einzahlen, dann aber den Kredit nicht in Anspruch nehmen.

Damit, so kann man durchaus argumentieren, wird das „Wesen“ des Bausparens verfremdet. Die Kündigungen führten zu vermehrten Gerichtsverfahren, da die Kunden das natürlich oft nicht hinnehmen wollten. Gerichte bestätigen aber die Rechtmäßigkeit der Kündigungen. So wurden bisher gut 200.000 Altverträge aufgelöst. Die Flut der Kündigungen durch die Bausparkassen selbst dürfte weitergehen. Da ist aber die Frage im Raum: Bei dem Vertrauensverlust, wie will die Branche an sich diese Kunden jemals wieder zu neuen Verträgen bewegen? Und das Geschäftsgebaren macht ja auch die Runde bei anderen Kunden. Da kann man auch gleich die Anschlussfrage stellen, ob das ganze Geschäftsmodell Bausparen überhaupt noch zeitgemäß ist.

Die Kunden fühlen sich aus nachvollziehbaren Gründen betrogen, da sie gültige Verträge mit hohen Zinsen hatten. Die Bausparkasse zahlte nur so lange, wie es ihr von der Zinsmarge her in den Kram passte. Letztlich hat die EZB die Branche zerstört. Aber halt, noch lebt sie, sie wird „womöglich“ zerstört. Wenn man die Fakten betrachtet, müsste sie eigentlich arge Probleme bekommen. Aber Schwäbisch Hall, LBS und Wüstenrot vermeldeten beim Neugeschäft extrem hohe Wachstumsraten. Dabei zahlen sie auf aktuell abgeschlossene Verträge Guthabenzinsen um 0,1-0,2%. Also wird so mancher spekulieren, dass er irgendwann in Zukunft nach dem Ende der Niedrigzinsphase mit dem jetzt gleichzeitig gesicherten Niedrigzins für Baukredite gut da steht, wenn er in 10 oder 15 Jahren ein Haus baut?

Oder kann der Boom für das aktuelle Neugeschäft bei den Bausparkassen ganz andere Gründe haben? Massive Anstrengungen im Vertrieb? Dem Kleinsparer das Gefühl geben in Zeiten der Unsicherheit und EZB-Negativzinsen in die sichere Bausparanlage zu fliehen? Das funktioniert wohl. Da sage man mal, dass die EZB-Politik keine drastischen Auswirkungen habe.



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3 Kommentare

  1. Ich meine es ist so: Immobilien-Kredite boomen und vielen Leuten wird angeboten, sich die niedrigen Zinsen für eine Anschlussfinanzierung mit einem Bausparvertrag zu sichern, wenn sie einen Kredit mit 10-20 jähriger Laufzeit abschließen. Man soll dann „nebenher“ den Bausparvertrag besparen, ist da ja super flexibel, weil man da wenn’s mal nen Engpass gibt ´“Pause“ machen kann, während man den Kredit weiter bedient. Ob man die Pause dann später wieder auffüllen kann oder der Kredit aus dem Bausparvertrag überhaupt kurzfristig zugeteilt wird in 10-20 Jahren, sieht man wenn’s soweit ist. Bis dahin ist ja alles paletti :-) Und der Bank-„Berater“ kassiert auch noch 2 mal Provision – einmal für den Kredit und einmal für den Bausparvertrag :-D Die Bausparkasse sichert sich so auch Einlagen mit niedriger Verzinsung über eine lange Zeit, zum richtigen Zeitpunkt in ein paar Jahren ist das bestimmt eine super Grundlage für Zins-Swap-Geschäfte.

  2. ich kann dem Bericht so nicht zustimmen. Beim Bausparen gibt es anständige Zinsen für Altverträge das stimmt. Also die Generation die älter als 60 ist hat noch diesen Genuss der hohen Zinsen durch Altverträge. Aber seit ca. 20 Jahren gibt es für Bausparen einen Mikrozins welcher sich durch Kosten wieder weg rechnet. ( Gebühr, Zeitschrift etc.) Und einen Mikrozins in einer Phase wo man mit 5 – 6 – 7 % Finanzierungen aufgenommen hat. Der gelackmeierte ist immer die jetzige Generation zwischen 30 und 50 Jahren.

  3. Ich sehe den Grund für die immer noch hohen Abschlüsse an neuen Bausparverträgen hauptsächlich der Tatsache geschuldet, dass der Arbeitgeber über die VWL Geld zuschießt.
    Den Arbeitnehmern wird hier von den Beratern suggeriert, dass man einen Bausparvertrag braucht, denn ansonsten verliert man ja das Geld vom Arbeitgeber. Dass das Geld vom Arbeitgeber durch die Gebühren aber mehr als aufgefressen wird, wird selbstverständlich verschwiegen.
    Natürlich könnte man auch Fondssparen machen, um in den Genusses des Erhaltes der VWL des Arbeitgebers zu kommen. Der Grund warum dies aber selten geschieht, liegt darin, dass man es nicht weiß und natürlich auch nicht aufgeklärt wird von dem Bausparkassenberater oder aber man will mit Aktien einfach nichts zu tun haben, da das einem zu sehr schwankt. Da lieber den sicheren Bausparvertrag (siehe auch Sparbücher, die ja teilweise immer noch beliebt sind).

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