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EZB sollte größere Zinssenkungen nicht ausschließen laut Direktor

Nach sieben kleinen Schritten bringt ein EZB-Direktor aktuelle größere Zinssenkungen ins Spiel. Hier die Aussagen.

EZB-Direktor Olli Rehn
Olli Rehn. Foto: Kent Nishimura/Bloomberg

Kommt bald eine große Zinssenkung der EZB? Sie hat inzwischen sieben Mal in Folge die Zinsen gesenkt, zuletzt am 17. April. Jedes Mal sank der Einlagensatz um 0,25 Prozentpunkte, insgesamt von 4,00 % im Hoch auf jetzt 2,25 %. Die Grafik zeigt seit 2019 in blau den Verlauf des Einlagensatzes der EZB, und in rot den Verlauf der Fed-Zinsen, die vom Hoch aus von 5,50 % auf 4,50 % gesenkt wurden, also weniger stark (was Donald Trump auf die Palme bringt). Laut der aktuellen Aussage eines EZB-Direktors sollte auch ein größerer Zinsschritt möglich sein, weil der Handelskrieg zunehmend negativ auf die Konjunktur in der Eurozone einwirken könnte.

Grafik vergleicht EZB-Zinsen und Fed-Zinsen

EZB-Zinssenkungen: Größerer Einmalschritt? Direktor mit aktueller Aussage

Die Europäische Zentralbank wird die Zinsen nach Ansicht von Ratsmitglied Olli Rehn wahrscheinlich weiter senken müssen und sollte eine größere Reduzierung dabei nicht ausschließen. Aufgrund der “allgegenwärtigen Unsicherheit“, die sich aus der Geopolitik und dem Handel ergebe, müssten sich die Währungshüter der EZB die nächsten Schritte offen halten, sagte der finnische Notenbankchef im Bloomberg-Interview in Washington. Er wies darauf hin, dass sich die Finanzierungsbedingungen in letzter Zeit verschärft hätten und sich die Risiken für das Wirtschaftswachstum allmählich bemerkbar machten.

“Es ist wirklich wichtig, dass wir uns volle Handlungsfreiheit bewahren, was bedeutet, dass wir nicht aufgrund eines angenommenen neutralen Zinssatzes bestimmte Schwellenwerte festlegen und auch nicht von vornherein einen bestimmten Umfang der Zinssenkung ausschließen“, sagte Rehn. “Dies ist die Zeit für eine agile und aktive Geldpolitik.”

Nach der siebten Senkung des Einlagensatzes in der vergangenen Woche, der nun bei 2,25% liegt, betonen die Währungshüter der EZB die Notwendigkeit von Flexibilität. Bislang wurden alle Zinssenkungen um einen Viertelpunkt vorgenommen. Analysten erwarten, dass es in diesem Jahr noch eine weitere Rücknahme in dieser Größenordnung geben wird. Die Finanzmärkte rechnen jedoch mit zwei oder drei weiteren Senkungen im Jahr 2025.

Ein wichtiger Faktor für die Entscheidung über eine weitere Senkung der Zinsen oder eine Pause auf der Juni-Sitzung werden die neuen Prognosen der EZB-Ökonomen für die Wirtschaft und die Inflation sein. Bei der letzten Runde im März wurde eine durchschnittliche Teuerung von 1,9% im nächsten Jahr und 2% im Jahr 2026 erwartet. “Wenn die Inflation im Juni unter unser mittelfristiges Inflationsziel von 2% fallen sollte, dann wäre eine weitere Zinssenkung die richtige Reaktion”, sagte Rehn am Rande der Frühjahrstagung des IWF. Selbst wenn dies nicht der Fall sei, gebe es jedoch kaum gute Argumente für eine Pause.

“Wir müssen uns auch die Wachstumsaussichten und die finanziellen Bedingungen ansehen”, so Rehn. Letztere hätten sich aufgrund der Turbulenzen, die durch den Handelskonflikt der US-Regierung mit China und dem Rest der Welt ausgelöst wurden, verschärft, während sich gleichzeitig die Risiken, die im März im Rahmen der EZB-Wirtschaftsprojektionen identifiziert wurden, “im Großen und Ganzen materialisiert haben”.

Vor diesem Hintergrund werde die EZB eine “umfassende Bewertung vornehmen und über die Zinsen entscheiden”, sagte er. “Es liegt so viel Unsicherheit in der Luft, dass wir von Sitzung zu Sitzung entscheiden müssen.” Ob eine Senkung um 50 Basispunkte in Betracht gezogen wird, “hängt von den mittelfristigen Inflationsaussichten ab und davon, wie viel schlechter oder besser die Wachstumsaussichten sein werden“, sagte Rehn.

FMW/Bloomberg



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4 Kommentare

  1. Moin, moin,

    „Währungshüter der EZB“…wow. Der Begriff Währungshüter hätte sicher zur Bundesbank gepasst, aber bestimmt nicht zur EZB. Die EZB ist m.E. weisungsabhängig von der Politik. Von Unabhängigkeit einer Notenbank kann man da nicht sprechen.

    Was folgt daraus? Die EU-Staaten quengeln nach billigem Geld, wie Kinder nach Süßigkeiten.

    Fazit: Neue Schulden braucht die Welt, also Zinsen runter. Demnächst wird alles besser, aber ganz bestimmt.

  2. Ein achter Zinsschritt durch die EZB in Höhe von 50 Basispunkten und Jerome Powell hält die Füße wegen des Zollkriegs und einer steigenden Inflationsgefahr in den USA weiterhin still. Dann dreht „the Donald“ endgültig durch.

  3. Niedrigere EZB-Zinsen werden die deutsche Wirtschaft nicht ankurbeln, da das Problem die Politik ist, die alles erstickt. Mehr Milei wagen, wäre die Lösung, aber 96% der Wähler lehnen dies ab. Eher kommt eine Verschärfung der Mietpreisbremse als das die Politik die Vorschriften beim Bau reduziert, beispielsweise. So kommt es zu Quadratmeterpreise von 6000 Euro für Neubauten, da wo ich gerade gucke.

  4. Es wiederholen sich die gleichen Fehler immer wieder, denn die Ursache, der Mensch mit all seinen Fehlern und Schwächen neigt dazu, sich selbst immer wieder beschenken zu müssen, um gute Stimmung zu machen. Es lohnt eigentlich gar nicht mehr, sich darüber einen Kopf zu machen…es wird schon schief gehen!!! Wenn wir mir 2,25 % Zinsen glauben etwas unerträgliches erdulden zu müssen, dann fällt mir nix mehr ein!

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