In der kommenden Woche wird die Europäische Zentralbank (EZB) erneut über die Zinsen entscheiden. Da die EZB kurz davorsteht, ihr 2%-Ziel für die Inflation zu erreichen, rechnen die Märkte mit einer weiteren Zinssenkung. Ein weiterer Grund ist, dass die Wirtschaft im Euroraum durch die US-Zölle zunehmend unter Druck gerät. Zwar hat US-Präsident Trump die am Freitag angedrohten 50-prozentigen Zölle auf den 9. Juli verschoben, doch ganz verschwinden werden sie nicht mehr. Bundesbankpräsident Joachim Nagel schließt weitere Zinsschritte daher nicht aus.
Für die nächste EZB-Sitzung am 5. Juni rechnen die Marktteilnehmer mit einer Wahrscheinlichkeit von 52,4 %, dass die Zinsen auf 2,00 % sinken. Auf den beiden folgenden geldpolitischen Sitzungen am 24. Juli und am 11. September 2025 könnten die Zentralbanker jedoch eine Zinspause einlegen.
Inflation am EZB-Ziel
Die Europäische Zentralbank steht laut Ratsmitglied Joachim Nagel kurz davor, ihr Inflationsziel von 2% zu erreichen. Aufgrund der erhöhten Unsicherheit seien jedoch keine Prognosen über künftige Zinsschritte möglich, weshalb maximale Flexibilität erforderlich sei, so ein Bericht von Bloomberg.
“Das Ziel ist damit endlich in greifbare Nähe gerückt”, sagte der Bundesbankpräsident am Dienstag in Mannheim. “Wir sind auf dem richtigen Weg, wenngleich er steinig bleibt”, sagte er mit Blick auf den jüngsten Anstieg der Kerninflation und bei Dienstleistungen.
Nagel sagte, es sei noch zu früh, um zu sagen, ob die Währungshüter bei ihrer nächsten Sitzung am 5. Juni die Zinsen erneut senken werden, und verwies auf den Ansatz der EZB, von Sitzung zu Sitzung auf Basis der jeweils neuesten Daten zu entscheiden.
“Wenn wir diese Flexibilität nicht bereits seit längerem praktizierten, müssten wir sie spätestens jetzt einführen. Denn es wäre derzeit unmöglich, sich verlässlich auf einen bestimmten Zinspfad festzulegen”, sagte er.
Weitere Senkung der Zinsen?
Allgemein wird erwartet, dass die EZB nächste Woche die Zinsen senken wird, da die Inflation zurückgeht und die Wirtschaft durch die US-Zölle unter Druck gerät. Darüber hinaus sind einige Währungshüter offen für eine Senkung des Einlagensatzes unter 2% — das Niveau, das am häufigsten als weder konjunkturdämpfend noch konjunkturfördernd bezeichnet wird —, während andere angesichts des künftigen Preisdrucks zur Vorsicht mahnen.
Anleger verstärkten am Freitag ihre Wetten auf eine Lockerung der Geldpolitik. Zuvor hatte US-Präsident Donald Trump damit gedroht, ab dem 1. Juni Zölle in Höhe von 50% auf die Europäische Union zu erheben — das würde mindestens eine weitere Zinssenkung nach derjenigen im Juni bedeuten. Obwohl Trump am Sonntag die Frist für die Gespräche bis zum 9. Juli verlängert hatte, halten Investoren an ihrer Prognose fest.
Laut Nagel ist Trumps Politik treibende Kraft der Unsicherheit. Die Handelsspannungen würden das Wachstum in Deutschland und der Eurozone dämpfen, die Auswirkungen auf die Inflation seien jedoch weniger klar, sagte er.
Trump-Zölle belasten Wirtschaft
Die Wirtschaft der Eurozone überraschte Anfang 2025 mit einem Wachstum von 0,3%. Die volle Wucht der US-Zölle ist jedoch noch nicht zu spüren. Daten aus der vergangenen Woche zeigten, dass die Aktivität im privaten Sektor im Mai unerwartet zurückging, der Dienstleistungssektor verzeichnete das schlechteste Ergebnis seit 16 Monaten.
Während die Inflation im April bei 2,2% verharrte, prognostizieren Analysten für Mai eine Abschwächung — die Teuerung könnte sogar unter 2% sinken. Die Europäische Kommission rechnet für das nächste Jahr mit einem Durchschnitt von 1,7%.
Die EZB wird ihre eigenen Prognosen bei ihrer Juni-Sitzung vorstellen. Nagel warnte, dass diese aufgrund der Handelsunsicherheit auf einem Fundament stehen würden, das “weniger Halt bietet als sonst“.
“Was das Wirtschaftswachstum angeht, scheint zumindest die Richtung klar“, sagte er. “Deutschland wie auch der Euroraum als Ganzes dürften in Folge der US-Zollpolitik spürbare Einbußen verzeichnen.”
Die Inflation könnte hingegen “höher oder niedriger ausfallen als zuletzt erwartet: je nach Verlauf des Zollstreits und abhängig von anderen Einflüssen wie dem Wechselkurs, den Dienstleistungspreisen oder den Fiskalpaketen“, sagte er.
“Diese Unwägbarkeiten erschweren Prognosen“, so Nagel.
FMW/Bloomberg
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Es ist ohnehin offensichtlich, dass sie am liebsten schon wieder bei 0 oder negativ wären. Geht ja auf Dauer gar nicht anders.
@ Mani, ja die EU sind auf bestem Weg die erfolgreiche Verschuldungspolitik der Südamerikaner, der Griechenländer ,der Japaner und der Amis nachzuäffen. Affen würden lernen und es nicht machen.
Gestern einen Film gesehen über die tickenden Derivatbomben in den Bankenkellern. Da geht es wohl nur noch mit Geld fluten die Explosion herauszuzögern.
Die EZB hat heute mitgeteilt, dass die Inflationserwartungen der Verbraucher in der Eurozone im April auf 3,1 Prozent gestiegen sind. Dies ist der höchste Wert seit Februar 2024.
Somit bleibt zu hoffen, dass die EZB die Leitzinsen im Juni nicht weiter senkt. Die FED in den USA macht es derzeit richtig.
Das Zweiprozentziel ist lächerlich. Wer glaubt denen noch, dass es um Geldwert geht? Wäre das so, müsste die Inflation über Jahre in den negativen Bereich gedrückt werden um die letzten 4 Jahre auszugleichen bzw. abzuschwächen.
Inflation ausdrücklich erwünscht und zwar nicht zu knapp, so siehts aus!
Mit 1,9 % Inflation in Spanien und 9,1 % Erhöhung der Mindestrente für 2025, kann man leben.
Zumal die Erhöhung Netto ist, denn Rentner zahlen in Spanien keine Krankenkassenbeiträge oder Beiträge für eine Pflegegeldkasse.
https://www.n-tv.de/wirtschaft/der_boersen_tag/Der-Boersen-Tag-Freitag-30-Mai-2025-article25801225.html
Viele Grüße aus Andalusien Helmut