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"Schockierend hawkish" EZB: Warum hat Christine Lagarde die Märkte geschockt?

Warum auf die Inkompetenz der EZB Verlaß ist

Lagarde EZB schockt Märkte

EZB-Chefin Christine Lagarde hat gestern die Märkte geschockt mit der Aussage, die Zinsen noch mehrmals um +0,5% anzuheben – es werde keinen „pivot“ geben, so die Französin bei der Pressekonferenz. Warum hat Lagarde verbal derart „auf die Pauke gehauen“?

Warum EZB-Chefin Lagarde gestern die Märkte schockte

Einer der Gründe dafür dürfte sein, dass Lagarde auf die Lage innerhalb der EZB reagieren mußte, weil viele Notenbanker eigentlich eine große Zinsanhebung von 0,75% sehen wollten (laut Insidern ein Drittel des EZB-Rats). Lagarde mußte also den „Falken“ (Notenbankchefs von Deutschland, Niederlande, Österreich etc.) entgegen kommen und war daher, wie Markus Koch formuliert, „schockierend hawkish“.

Der zweite Faktor, der Lagarde motiviert haben dürfte: die EZB war viel zu lange davon ausgegangen, dass die Inflation „vorübergehend“ sei – heute vor genau einem Jahr am 16.Dezember sagte Lagarde, dass Zinsanhebungen im Jahr 2022 „sehr unwahrscheinlich“ seien.

Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben: EZB versagt bei der Inflation

Es kam, wie wir nun wissen, ganz anders. Die EZB hatte sich zu lange auf ihre Prognosen verlassen und dabei die Realität der Inflation aus den Augen verloren – im Dezember 2021, als Lagarde noch Zinsanhebungen ausschloß, lagen die Erzeugerpreise in der Eurozone bereits bei über 26%! Dass also bereits damals viel Inflation in der Pipeline war, hätten Lagarde und die EZB eigentlich wissen müssen. Aber sie wollten es nicht wissen, wichtiger war damals noch die „Fiskalisierung des Euros“ (Thomas Mayer), also die geldpolitische Unterstützung der klammen Südländer der Eurozone!

Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben. Auf die EZB gemünzt heißt das: wer zu lange mit Vollgas auf eine Wand zusteuert, muß dann umso stärker bremsen, wodurch das Fahrzeug ausser Kontrolle gerät. Im Grunde also haben wir gestern den Versuch von Lagarde gesehen, wieder die Kontrolle zu erlangen über das bereits ausgebrochene Fahrzeug. Man will der Kritik begegnen, dass die EZB viel zu spät reagiert habe – also versichert man nun, wie ernst man es meint mit der Bekämpfung der (eigentlich bereits rückläufigen) Inflation, weswegen nun mehrere 0,5% Zinsanhebungen folgen sollen.

Die US-Notenbank Fed hat bereits im November 2021 erkannt, dass nun Inflations-Bekämpfung oberste Priorität habe – die EZB aber blieb lange hinter der Kurve und machte erst im Sommer 2022 den ersten zaghaften Zinsschritt. Faktisch also läuft die EZB der Fed mit einer Verzögerung von einem halben Jahr hinterher, und das, obwohl die Inflation in der Eurozone inzwischen deutlich höher ist als in den USA – vielleicht auch, weil die Fed die Zinsen früher angehoben hatte.

Kann das gut gehen? Auf die Inkompetenz der EZB ist Verlaß

Wird das Experiment der EZB gut gehen? Unwahrscheinlich. Insofern war der gestrige Auftritt von Christine Lagarde das vielleicht wichtigste Event der EZB seit der Draghi-Ära. Denn wenn die EZB die Zinsen wie von Lagarde gestern versprochen weiter deutlich anhebt, erleben wir eine Eurokrise 2.0. Die Verschuldung der Länder in der Eurozone liegt in vielen Fällen über der Marke von 100% zum BIP, Frankreich mit knapp drei Billionen und Italien mit 2,7 Billionen sind unrühmliche Tabellenführer bei der nominalen Verschuldung. Die Aufnahme neuer Schulden würde extrem teuer, die Alt-Schulden wären wohl nicht mehr tragfähig.

Das gilt umso mehr, als die EZB nun auch im März mit der Bilanzreduzierung beginnen will. Damit würde dann eine Ära enden, die mit der Finanzkrise begonnen hatte mit der europäischen Notenbank als wichtigstem Käufer von Schulden der Eurozonen-Länder. Macht die EZB wirklich ernst, dann erleben wir einen Unfall in Zeitlupe, der Schulden-Tsunami würde seine erste tödliche Welle an die Ufer schicken. Also muß die EZB dann früher oder später wieder zurück rudern.

Oder wie Sven Henrich es formuliert: wir werden das kürzeste QT (geldpolitische Straffung) der Geschichte sehen. Die EZB unter Lagarde hat einen Fehler begangen, und begeht jetzt den nächsten Fehler als Folge des ersten Fehlers (Negierung der Inflation). Es ist eine Fehlerkette, wie man sie etwa aus dem Sport kennt.

Aber im Gegensatz zum Sport kann man sich bei Lagarde und der EZB auf eines verlassen: die systemische Inkompetenz der europäischen Notenbank!

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9 Kommentare

  1. Hallo Herr Fugmann,

    Jeder Privatangestellte in herausgehobener Position, der sich eine dermaßen ausgeprägte Fehlerkette über einen längeren Zeitraum erlauben würde, die seinem Unternehmen nur noch Verluste einbringt, würde fristlos gefeuert.
    Ich habe in meiner aktiven Zeit immer hart um den Erhalt meines Jobs kämpfen müssen und war dabei auch weitgehend erfolgreich, aber ich habe zu keinem Zeitpunkt auch nur ansatzweise dermaßen viel Geld verdient wie diese Figuren. Sogenannte Fachleute wie „Madame Inflation“, die ja eigentlich von Hause aus Juristin ist, wenn auch eine Vorbestrafte und andere selbsternannte Größen in dem Wirrwarr, der sich EZB nennt, sind gnadenlos überbezahlt und müssten entlassen werden.

    Warum erkennen das eigentlich die politischen Entscheidungsträger nicht, was jeder halbwegs Intelligente bereits seit letztem Jahr erkannt hat?

    1. Die Commerzbank und die Deutsche Bank steigen heute.

      Die Wirtschaft zahlt den Preis.
      Bund Future, EST50 und MDAX short
      Gold long

      Gruß
      Volafan

    2. DAS hat in der EZB und der Politik jeder gewußt und genau DAS war der Plan.
      Die Namensschilder auf den Fluren der EZB signalisieren genau diese Politik.
      Am Ende zahlen Sie und ich über die Geldentwertung die gesamte Rechnung
      für die Sonnenkönige, die eigentlich bis auf wenige keine Kleider anhatten und
      nur ihrer Hybris Ausdruck zu verleihen suchen.

    3. Linda Lindner-Teuteburg

      Jeder Privatangestellte in herausgehobener Position, der sich eine dermaßen ausgeprägte Fehlerkette über einen längeren Zeitraum erlauben würde, würde fristlos gefeuert.
      Das ist korrekt, wie erst kürzlich die Degussa Sonne/Mond Goldhandel GmbH eindrucksvoll und dankenswerterweise demonstriert hat.

    4. Sehr geehrter Herr Fugmann, ich möchte nicht die ganzen Auswirkungen der Inkompetenz der EZB auf Frau Lagarde und Co abladen. Welcher europäische Politiker hat vor der hemmungslosen Geldausweitung gewarnt, dass damit das Pulverfass der Inflation angelegt wird, es würde nur die Zündschnur noch fehlen? Ich kenne keinen. Alle Euro-Staaten verschuldeten sich massiv weiter zur Selbstdarstellung der Politiker, die Ausreden dafür hängen einem zum Hals heraus. Dass ein EZB-Vorsitzender sämtliche Kabinette der Zone an die Kandarre nimmt, ist nicht vorstellbar. Somit war und ist die EZB von einer soliden Fiskalpolitik aller Staaten abhängig -Fehlanzeige.

  2. Ach nein, die Märkte sind geschockt. Nix war´s mir Aufwärts, mit steigenden Aktien, dabei sind es doch die Börsianer so gewohnt. Wie kann man nur so unsozial so gemein sein und die Verwöhnten schocken ??
    Immer diese Schockerei, dabei gibt es doch keine Rezession die wird verboten.

    Die Verschuldung wird weiter steigen schon allein wegen der Militärausgaben und der ausufernden Ukrainehilfe und den einströmenden Migranten, genannt Asylbewerber. Auch hat z.B. Deutschland einen Nachholbedarf – nach der Merkel Ära – an Sanierung, Infrastruktur und dann kommt noch dieser „Klimaschutz“ obendrauf. Und wenn unsere Wirtschaft nach unten geht wirds noch mehr. Das werden weder Lagarde noch andere aufhalten. Und wenn die Wirtschaft nach unten geht, dann kommt man auf den Gedanken, daß „sparen der falsche Weg sei“. Also noch mehr Verschuldung. Vor was hat die „Last Generation“ Angst ? Sie sollte mehr Angst vor der grassierenden Verschuldung haben.

    Ja genau, sie ist vorbestraft mit Riesensummen Hinterziehung für einem Bauunternehmer. Hat sie was abbekommen ? Neeeein bestimmt nicht, das wäre Unterstellung.
    Außerdem war das doch vor viiielen Jahren so 14 in dem Dreh herum, da muss man vergessen können und neue Chancen geben – die sie jetzt schon lange Zeit wieder hatte.
    Man sieht diese Leute halten zusammen, Unterschleif und Versagen ist ein Bindungsglied.

    1. MMT tut immer mehr weh

      einer der wenigen Warner war Krall, und wie wurde der verhöhnt, also 98 % der Schreiberlinge sind Heuchler und MMT Sekten- Anhänger.

  3. @Walter Brodowsky: Sie glauben doch nicht wenn ein Herrn Draghi in die Politik wechselt (ohne gewählt zu werden) und eine Frau Lagarde von der Politik an die Spitze der EZB, dass EZB und Politik nicht gemeinsam in einem Bett liegen. Die Bande sind so verworren, dass man sich nicht gegenseitig auf die Füße tritt. Morgen könnte man ja schon den Job des anderen haben.

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