In weniger als drei Wochen wird die EZB ihre nächste Zinsentscheidung verkünden, diesmal bei einem Meeting der Zentralbank in Slowenien am 17. Oktober. Die Wahrscheinlichkeit, dass die EZB an dem Termin die Zinsen zum dritten Mal seit Juni um 25 Basispunkte senken wird, lag letzte Woche bereits bei 80 %. Aktuell dürfte diese Aussicht weiter zunehmen mit jetzt 85 % Wahrscheinlichkeit, weil die Inflation in den großen Euro-Ländern aktuell spürbar sinkt, und sich die Konjunkturindikatoren weiter eingetrübt haben.
EZB senkt Zinsen – Inflation auf dem Rückzug
Deutschland hat heute gemeldet, dass die September-Inflation von 1,9 % auf 1,6 % gesunken ist, und damit deutlich unter das 2 %-Ziel der EZB – auch wenn man bedenken muss, dass die Kernrate immer noch bei 2,7 % liegt. Ebenfalls heute hat Italien seine September-Inflation gemeldet, die sogar von 1,1 % auf nur noch 0,7 % gesunken ist. Spanien meldete am Freitag einen Rückgang von 2,3 % auf 1,5 %. Auch Frankreich meldete am Freitag eine sinkende Inflation von 1,8 % auf 1,2 %.
Morgen um 11 Uhr wird der Gesamtschnitt für die Eurozone gemeldet. Bisher lagen die Erwartungen bei einem Rückgang von 2,2 % auf 1,9 %, aber die Zahl wird wohl tiefer ausfallen? Damit erhält die EZB noch mehr Argumente – oder besser gesagt noch mehr Druck – die Zinsen am 17. Oktober erneut zu senken. Für den Einlagensatz, der im Juni im Hoch bei 4,0 % lag und jetzt bei 3,5 % liegt, wäre es dann eine Absenkung auf 3,25 %. Einige Ökonomen warnen zum Beispiel für Deutschland, dass die Inflation dank des Wegfalls von Basiseffekten wieder ansteigen könnte. Aber für den Moment sehen wir diese Erleichterung in zahlreichen wichtigen Euro-Ländern!
INFLATION: Anders als bei der Gesamtinflationsrate (1,6% nach 1,9%) gab es bei der deutschen Kerninflation kaum Änderungen. Die Inflation bei den Waren stieg leicht an, die bei Dienstleistungen ging leicht zurück. pic.twitter.com/qpCCGdXfmK
— Jörg Krämer (@DrJoergKraemer) September 30, 2024
Lagarde mit klarer Aussage
Christine Lagarde, die sich in den letzten Jahren eher durch das Nicht-Erkennen von Inflationsproblemen einen Namen machte, sieht jetzt große Fortschritte im Kampf gegen die Inflation. Christine Lagarde sagte vor wenigen Minuten laut Bloomberg, die EZB werde immer optimistischer, dass sie die Inflation in den Griff bekommen könne, und werde dies bei ihrer Zinsentscheidung im Oktober berücksichtigen.
Die Äußerungen der Präsidentin vor den Abgeordneten des Europäischen Parlaments in Brüssel sind der bisher deutlichste Hinweis darauf, dass sich unter den Direktoren der EZB möglicherweise eine Dynamik in Richtung einer Zinssenkung entwickelt. „Die Inflation könnte im vierten Quartal dieses Jahres vorübergehend ansteigen, da die zuvor stark gesunkenen Energiepreise aus den Jahresraten herausfallen, aber die jüngsten Entwicklungen stärken unsere Zuversicht, dass die Inflation rechtzeitig wieder auf das Zielniveau zurückkehren wird“, sagte Lagarde. “Wir werden dies bei unserer nächsten geldpolitischen Sitzung im Oktober berücksichtigen.“
Deutsche Anleihen konnten ihre Verluste begrenzen, da Lagarde sagte, dass die Wirtschaft mit Gegenwind zu kämpfen habe. Die Rendite für 10-jährige Anleihen lag am Tag unverändert bei 2,13 %, nachdem sie zuvor 2,18 % erreicht hatte. Händler erhöhten ihre Wetten auf sinkende EZB-Zinsen um einen Viertelpunkt im Oktober leicht, wobei die Geldmärkte eine Wahrscheinlichkeit von 85 % für einen solchen Schritt implizierten.
Die Äußerungen sind Lagardes erste seit den Unternehmensumfragen von S&P Global in der vergangenen Woche, die eine viel schwächer als erwartete Leistung für die 20-Nationen-Wirtschaft der Eurozone offenbarten. Dies veranlasste die Märkte, ihre Wetten auf eine zweite Senkung der Zinsen in Folge am 17. Oktober zu erhöhen.
„Mit Blick auf die Zukunft deutet das gedämpfte Niveau einiger Umfrageindikatoren darauf hin, dass die Erholung auf Gegenwind stößt“, sagte Lagarde. “Wir erwarten, dass sich die Erholung im Laufe der Zeit verstärken wird, da steigende Realeinkommen es den Haushalten ermöglichen sollten, mehr zu konsumieren.“
Nach der Entscheidung im September, die Zinsen zum zweiten Mal in diesem Zyklus zu senken, gaben mehrere Mitglieder des EZB-Rates an, dass sie lieber warten würden, bis vollständigere Daten über die Wirtschaft vorliegen, bevor sie erneut handeln. Die Frage ist nun, ob die Verschlechterung der Wachstumsaussichten ausreicht, um von diesem Kurs abzuweichen und eine geldpolitische Lockerung vorzuziehen.
FMW/Bloomberg
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Bitte nicht senken!! Dann stürzen die Anleihen wieder ab! Verkehrte Welt.