Wie die heute von Eurostat veröffentlichten Inflationsdaten zeigen, nimmt der Preisdruck in der Eurozone zum dritten Mal in Folge zu, dennoch dürfte die EZB die Zinsen weiter senken. Die Inflation im Euroraum hat sich im Dezember beschleunigt und damit das vorsichtige Vorgehen der EZB bei den Zinssenkungen gestützt. Die Währungshüter werden wohl an ihren schrittweisen Ansatz bei der Senkung der Zinsen festhalten, trotz des anhaltenen Preisdrucks.
Die Inflation zieht an
Die Verbraucherpreise stiegen im Dezember im Vergleich zum Vorjahr um 2,4 %, gegenüber 2,2 % im November, und entsprachen damit der mittleren Schätzung einer Bloomberg-Umfrage. Der Anstieg wurde weitgehend durch die Energiekosten verursacht, die laut Eurostat zum ersten Mal seit Juli gestiegen sind.
Die Kerninflation, bei der solche volatilen Komponenten herausgerechnet werden, lag den vierten Monat in Folge bei 2,7 %. Im Dienstleistungssektor erhöhte sich hingegn der Preisanstieg auf 4 %.
Die EZB hat wiederholt davor gewarnt, dass der Weg zurück zum 2%-Ziel holprig sein wird. Sie geht davon aus, dass der Zielwert erst gegen Ende des Jahres nachhaltig erreicht wird. Der anhaltende Preisdruck wird die EZB jedoch nicht davon abhalten, die Zinsen weiter zu senken, da sie die anhaltende Konjunkturschwäche im Auge behält. Das bleibt nicht ohne Folgen: Der Euro ist zuletzt auf den tiefsten Stand seit mehr als zwei Jahren gefallen, weil die US-Notenbank Fed eine langsamere Lockerung signalisiert hat.
EZB wird Zinsen weiter senken
Die Anleihen zeigten sich nach den Daten wenig verändert. Die deutsche Zweijahresrendite, die mit am sensibelsten auf die Geldpolitik reagiert, fiel um einen Basispunkt auf 2,18% und lag damit knapp unter ihrem gestrigen Zweimonatshoch. Die Wetten auf die Zinssenkungserwartungen der EZB blieben ebenfalls stabil, wobei die Swap-Preise auf eine Senkung um etwas mehr als 100 Basispunkte bis zum Jahresende hindeuteten. Laut Bloomberg könnten die Märkte jedoch den Kurs der EZB in 2025 falsch einschätzen. Es gibt genügend Faktoren, die es der EZB schwer machen, die Zinsen um 100 Basispunkte zu senken.
Aus den Länderberichten der letzten Tage ging bereits hervor, dass die Preise in Deutschland und Spanien stärker als erwartet gestiegen sind, während sie in Frankreich schwächer als erwartet und in Italien unerwartet gesunken sind. Ein separater Bericht der EZB zeigt, dass die Inflationserwartungen der Verbraucher im November gestiegen sind.
Nach der vierten Zinssenkung im Dezember setzt die EZB wohl ihren Kurs fort, die Zinsen zu senken. Der Einlagenzinssatz von 3 % wird nach wie vor von den meisten als Hemmschuh für die Wirtschaftstätigkeit angesehen, und dies in einer Zeit, in der es dem Währungsblock nicht gelingt, einen Aufschwung zu erzielen.
Schrittweise Zinssenkungen
Die meisten Mitglieder des EZB-Rates sprechen sich für „schrittweise“ Zinssenkungen bei den kommenden Sitzungen aus, d. h. in Schritten von jeweils einem Viertelpunkt. Einige EZB-Ratsmitglieder, darunter der Präsident der französischen Zentralbank, Francois Villeroy de Galhau, betonen jedoch, dass die Option einer stärkeren Senkung der Zinsen auf dem Tisch bleiben muss.
Zwar war die Inflation im vergangenen Jahr bereits unter 2 % gesunken, doch war dieser Rückgang auf Basiseffekte im Zusammenhang mit den starken Schwankungen der Energiekosten in den letzten Jahren zurückzuführen. Da diese nachlassen, erholt sich die Gesamtinflationsrate vorübergehend.
Die Besorgnis über die Inflation im Dienstleistungssektor bleibt jedoch bestehen. Sie verharrt seit mehr als einem Jahr bei etwa 4 %, was vor allem auf die steigenden Löhne zurückzuführen ist, die in diesem Teil der Wirtschaft eine größere Rolle spielen als in anderen Bereichen.
Die EZB geht nicht davon aus, dass diese Situation noch lange anhält. Die Löhne und Gehälter der Arbeitnehmer sind im dritten Quartal langsamer gestiegen, und die ersten Indikatoren deuten auf eine Abschwächung auf dem Arbeitsmarkt hin.
Der Anstieg der Energiepreise wird aber möglicherweise nicht der letzte sein. Russisches Gas wird nicht mehr über die Ukraine transportiert, und Europa verbraucht seine Gasreserven schneller als je zuvor in den letzten sieben Jahren, da das kalte Wetter den Heizbedarf in die Höhe treibt.
Geopolitische Risiken
Zentralbankpräsidentin Christine Lagarde sagte letzte Woche, dass nach den Fortschritten im vergangenen Jahr „2025 hoffentlich das Jahr sein wird, in dem wir wie erwartet und in unserer Strategie vorgesehen auf Kurs sind“.
Ein großes Fragezeichen steht hinter den Plänen des neuen US-Präsidenten Donald Trump, weitreichende Handelszölle zu verhängen. Diese könnten die Wirtschaft des Euroraums erschüttern, wobei die Auswirkungen auf die Inflation von Faktoren wie dem Wechselkurs und möglichen Gegenmaßnahmen der Europäischen Union und Chinas abhängen. Ein ausgeprägter Handelsstreit dürfte es für die EZB schwieriger machen die Zinsen rasch zu senken.
Der Gouverneur der niederländischen Zentralbank, Klaas Knot, warnte kürzlich davor, dass chinesische Waren zu „immer niedrigeren Preisen“ nach Europa gelangen könnten, sollte Trump seine Drohung wahr machen. Damit würde China sein Deflationsproblem exportieren, was den Inflationsdruck in der Eurozone zumindest mildern dürfte.
FMW/Bloomberg
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Der Anstieg der Inflation ist ganz bestimmt transitorisch, weil …. nicht sein kann, was nicht sein darf.