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Finanzaufseher reaktivieren den „legalen Bilanzbetrug“ bei Banken

Hochhäuser von Banken in Frankfurt

Vom legalen Bilanzbetrug bei den Banken sprach schon vor Monaten Markus Krall. Ja und auch Nein, kann man dazu sagen. Wenn der Staat durch neue Gesetze oder Verordnungen eine Änderung vornimmt, wird eben aus einer Straftat oder einem Vergehen eine legale Vorgehensweise – so kann man es auch sehen. Werden Kreditforderungen bei Banken uneinbringbar, und der Kreditnehmer zahlt monatlich Tilgung und Zins nicht mehr, müssen die Banken die Forderung unter normalen Umständen eigentlich abschreiben.

Damit entsteht ein Verlust, der aus dem Eigenkapital der Bank ausgeglichen werden muss. Da die Finanzaufseher von BaFin und EBA (europäische Aufsichtsbehörde) aber richtigerweise annahmen, dass die Coronakrise massenweise Kreditausfälle und somit gigantische Verluste bei den Banken bescheren könnte, entschloss man sich im April dazu, den Banken europaweit eine kleine und unauffällige, aber extrem wichtige Erleichterung zuzugestehen. Sie waren von April bis Ende September nicht verpflichtet, bei gestundeten Krediten Abschreibungen vorzunehmen beziehungsweise Rückstellungen zu bilden.

Oder um es klarer auszudrücken: Schrottkredite mussten nicht länger als Verlust verbucht werden, womit die Bankbilanzen keine milliardenschweren Verluste ausweisen mussten. Und das, obwohl die Kreditforderungen in den Büchern Schrott waren. In welchem Umfang dies der Fall ist und war, wissen wir nicht. Denn wenn die Banken in ihren Büchern wertlose Forderungen weiter als werthaltig deklarieren, wie soll ein externer Beobachter dann wissen können, wie groß der Umfang des Schrotts ist?

„Legaler Bilanzbetrug“ bei Banken wieder erlaubt

Und nun lief diese Sonderregel bis Ende September. Von da an mussten auch diese wackligen Forderungen wieder wie früher sauber verbucht werden. Aber nun läuft ja die zweite Corona-Welle durch Europa. Viele neue Insolvenzen und damit ausgefallene Kredite drohen. Und was sehen wir da? Zack, EBA und BaFin veröffentlichten gestern die „Reaktivierung der Leitlinien zu allgemeinen Zahlungsmoratorien“. Dass es im Kern darum geht, dass Banken Schrott erneut nicht mehr als Schrott deklarieren müssen und daher auch keine Verluste ausweisen müssen, das wird so nicht direkt erwähnt. Man verweist nur auf die Reaktivierung einer alten Leitlinie (aber dort kann man es bei genauem Hinschauen nachlesen).

Zitat EBA aus April:

The aim of these Guidelines is to clarify the requirements for public and private moratoria, which if fulfilled, will help avoid the classification of exposures under the definition of forbearance or as defaulted under distressed restructuring.

Zitat BaFin im März:

So ist beispielsweise ein Schuldner nicht zwingend als ausgefallen einzustufen, wenn bei einem Kredit Kapitaldienst und Zinsen in Folge des Corona-Virus gestundet werden.

Das Gute an dem Zeitpunkt könnte auch sein, dass sie über den Jahreswechsel (Stichtag 31.12.) gültig sind. Könnten Banken so die Chance haben, für das Gesamtjahr 2020 massenweise Schrottkredite als vollwertige Forderung im Jahresabschluss auszuweisen, womit gigantische Verluste vermieden werden können, obwohl sie real vorhanden sind? Denn die von nun an erfolgte Reaktivierung bedeutet, dass die Banken bis März 2021 wieder so tun können, als würden Schrottkredite vollwertige Forderungen in ihren Büchern darstellen. Ohne diese Reaktivierung müssen Banken automatisch damit beginnen Rückstellungen zu bilden für ausgefallene Kredite, bei denen die Kunden mit ihren Zahlungen mehr als 90 Tage im Verzug sind. Laut EBA können auch Kredite, die bislang nicht in den Genuss dieser „Erleichterungen“ kamen, nun auch von Zahlungsaufschüben profitieren.

Die BaFin erwähnt dazu, dass problematische Kredite auch weiterhin als solche in den Büchern ausgewiesen werden sollen. Aber hey, wenn ich Problemkredite als saubere Kredite deklarieren darf, dann nutze ich diese Gelegenheit doch? Zitat BaFin:

Die Reaktivierung werde sicherstellen, dass Darlehen, die bisher nicht in Zahlungsmoratorien einbezogen waren, nun auch einbezogen werden können. Die EBA will erreichen, dass die Institute weiter Kredite an die Realwirtschaft vergeben. Problematische Engagements sollen sie aber sauber in ihren Bilanzen abbilden. Daher darf eine neue Zahlungsentlastung – einschließlich ggf. bereits schon gewährter Zahlungsentlastungen – nur innerhalb von insgesamt neun Monaten fällige Zahlungen betreffen.

Die EBA erlaubt den Banken neue Zahlungsziele ohne genaue Prüfung jeden Kredits zu akzeptieren. Die neue Regelung soll wie gesagt bis Ende März 2021 gelten. Wohl um so zu tun, als würde man die Zügel diesmal enger anziehen und die Lage genau im Griff haben, führt man zwei verschärfende Beschränkungen ein, die aber auch für bereits bestehende Moratorien schon gelten.

So sollen die Banken ihrer jeweiligen Aufsichtsbehörde (in Deutschland der BaFin) Pläne vorlegen, aus denen hervorgehen soll, wie man sicherstellen will, dass man rechtzeitig die Zahlungsunfähigkeit eines Kreditkunden in Bezug auf die dem Moratorium unterliegenden Kredite bemerkt. Klingt doch ziemlich nach Erstellung von ein paar schönen Seiten Papier, die abgeheftet werden. Wir denken uns einen Notfallplan aus, reichen den beim Amt ein, und hoffen das Beste. Die Aufsichtsbehörde hofft auch das beste, und ist froh, dass wie vorgeschrieben ein „Plan“ eingereicht wurde?

Und noch was. Wenn im Rahmen eines allgemeinen Zahlungsmoratoriums durch Banken neue Zahlungsziele vereinbart werden, dann dürfen sie nicht länger als neun Monate dauern. Damit wird die Dauer eines Moratoriums gegenüber einem Kreditnehmer ab 30. September insgesamt gekappt. Dabei sollen auch die vor dem 30. September bestehenden Moratorien mit einbezogen werden. Auch für sie gelten die neuen Regeln, selbst wenn dann die Spanne von neun Monaten überschritten werden sollte.



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13 Kommentare

  1. Hallo Herr Kummerfeld,
    was passiert denn eigentlich wenn diese Maßnahmen der „Vertuschung“ für „Schrott-Kredite“, irgendwann einmal beendet sind ?
    Verschwinden diese Kredite in der kompletten Versenkung oder müssen sie erst dann aufgeführt und als Verlust der Bank verbucht werden ?

    Grüße, Johann

  2. Hallo Herr Steinhaus,

    man sieht ja in dieser Krise, dass Politik und Finanzaufseher kreativ sind. Welche Maßnahmen nächstes und übernächstes Jahr ergriffen werden, das kann ich natürlich nicht vorhersehen. Beispiel Aussetzung der Insolvenzantragspflicht für Unternehmen. Vor der Coronakrise wäre wohl niemand auf die Idee gekommen, dass die Politik so eine Maßnahme auch nur erwägen würde. Was man sich für die Banken noch einfallen lässt, da ist meine Kreativität leider begrenzt. Vielleicht gibt es irgendeine EU Bad Bank-Regelung, die nur für die Öffentlichkeit anders dargestellt wird, und die Banken können dann Schrottkredite in dieses Vehikel überführen, und erhalten dafür den vollen Wert der Nominalforderung bezahlt, auf Steuerzahlerkosten? Man wird sehen.

    Grüße
    Claudio Kummerfeld

  3. Danke für die schnelle Antwort Herr Kummerfeld und ja, eine Bad Bank mit einer Belastung des Steuerzahler über Umwege, könnte ich mir lebhaft vorstellen.
    Ist schon witzig , wenn man mal die Vorsteuer ein paar Tage zu spät bezahlt, hagelt es unter Strafandrohung direkt Schreiben, dass man auch ja seinen Verpflichtungen unverzüglich nachkommt und
    unser Finanzsystem besch…..t uns bis der Arzt kommt (mal ganz rüde gesagt, sry ).
    Egal ob es nun bei „notleidenden Krediten „, Insolvenzverschleppung oder bei der Enteignung des Sparers bei Nullzinsen ist. Frag mich echt wo das noch enden soll……..
    Grüße, Johann Steinhaus

  4. im Moment bekommt man für das im Grunde wertlose Papier noch Gold und Silber. Das ist ein außerordentlich schönes Geschenk für Leute die das begriffen haben. Man könnte genauso gut mit Sand oder Kieselsteinen bezahlen, wobei diese noch werthaltiger sind, da man sie nicht beliebig auf Knopfdruck vermehren kann.
    Schöne Grüße :)

  5. Hallo Herr Kummerfeld,

    vielen Dank für Ihre aktuellen Aufklärungen (Tatbestände mit Kreativität ?)

    Kreativität bei der Beurteilung von Gold gibt es ja schon länger,da erzähle ich
    Ihnen ja nichts Neues.

    Vielen Dank noch einmal für Ihre regelmäßigen Gold-und Silberminen Reports
    einschließlich der aktuellen Beurteilungen !

    Grüße

  6. „Legaler Bilanzbetrug“…“Wolkenloser Regentag“…Nonsens.

  7. Solange eine Bank einen Kredit nicht als „ausfallgefährdet“ oder „zahlungsgestört“ einstuft, gibt es keine Schrottkredite und demzufolge auch keine Abschreibungen die sich als Verluste in den Bilanzen niederschlagen.

    Letztendlich wird das Problem dadurch aber nicht gelöst, sondern nur unter den Teppich gekehrt.

  8. Zur Ergänzung:

    https://old.reddit.com/r/Debitismus_Forum/comments/k60xlz/bafinchef_felix_hufeld_einige_banken_werden_die/

    Kleines aber feines Wirtschaftsforum, welches auch oft in die Finanzmarktwelt verlinkt

    Sylvia

  9. Guten Abend, Finanzinspektor Columbo. Nein, es handelt sich nicht um Nonsens. Am besten lesen Sie zwecks Erweiterung der Perspektive noch einmal – entspannt und innerlich aufgeschlossen – die ersten Zeilen des vorliegenden Beitrags: „Vom legalen Bilanzbetrug bei den Banken sprach schon vor Monaten Markus Krall. Ja und auch Nein, kann man dazu sagen. Wenn der Staat durch neue Gesetze oder Verordnungen eine Änderung vornimmt, wird eben aus einer Straftat oder einem Vergehen eine legale Vorgehensweise – so kann man es auch sehen.“ Ich hoffe sehr, dass in Ihrem Aktienportfolio – ich gehe davon aus, dass Sie ein entsprechendes Depot bei einer Bank haben – Bankaktien aus dem EU-Raum (namentlich Italien, Spanien, Frankreich) unterrepräsentiert oder, besser noch, nicht vorhanden sind. US-Aktien weisen hingegen teils noch eine Werthaltigkeit auf. Zu Ihrem Depot brauchen Sie sich im Übrigen keine Sorgen zu machen: die Bank mag kriseln, in Schieflage geraten, mit „legalem Bilanzbetrug“ noch weiterzappeln oder gar untergehen – Ihr Depot geht nicht mit unter. Natürlich kann dessen Wert eklatant fallen, so denn nur Schrott im Depot liegt. Hinsichtlich möglicher Investitionsdestinationen, v.a. Gold und Qualitätsaktien, können Sie sich an Darlegungen von Herrn Dr. Krall orientieren, die frei im Internet verfügbar sind. Gleiches gilt für ein hervorragendes Interview von Marc Friedrich mit Herrn Prof. Dr. Sinn. Es würde mich freuen, Ihnen Analyse- und Handlungsimpulse vermittelt zu haben. Beste Grüße aus Düsseldorf. Bert.

  10. Hi Bert, als orthografisches Sprachrohr von Markus Kummerfeld-Krall überzeugst du uns alle auf den ersten flüchtigen Blick. Bei genauerer Betrachtung – entspannt und innerlich aufgeschlossen – bleibt es aber doch beim Nonsens. Wenn der von einer demokratischen Mehrheit gewählte Bundestag durch neue Gesetze oder Verordnungen eine Änderung vornimmt, wird daraus alles andere, als Betrug oder Illegales.

    Wenn demokratische Prinzipien von einem Markus Kummerfeld und einem Claudio Krall hypernervös und lautstark mit Betrug verwechselt werden, wie ich gerade die Namen verwechsle, nur weil sie nicht ins persönliche Wunsch-Schema passen, mag das eine individuelle Tragödie sein.

    „Legaler Bilanzbetrug“ bleibt dennoch Nonsens, vor allem aber hetzerischer Populismus, weil dadurch zwar die Triebe weniger radikaler Schrägdenker befeuert werden, aber kein Erkenntnisgewinn, nichts Produktives oder Innovatives, und schon gar keine Lösung generiert wird.

    Herzlichst, dein Homie Ernie

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