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Finanzielle Repression – der langfristige Plan der EZB, der immer noch nicht aufgeht

Der Begriff wurde schon vor Jahren in der Fachpresse diskutiert – und dennoch eigentlich nicht so richtig in der Öffentlichkeit kommuniziert: die finanzielle Repression. „Schleichender Sparverlust“ oder Enteignung des Sparers zum Zwecke der Reduzierung der relativen Staatsverschuldung war und ist das Konzept der Europäischen Zentralbank, auch wenn es offiziell nie so benannt wurde. Man senkt die Zinsen für längere Zeit unter die Inflationsrate, die Sparkonten verlieren sukzessive an Wert, während in einer wachsenden Wirtschaft durch die niedrige Zinslast die Verschuldung zum BIP nach und nach sinkt – wie es in Deutschland seit Jahren zu beobachten ist. Der offizielle Aufhänger hingegen ist u.a. der Kampf gegen eine drohende Deflation und die Förderung der Kreditvergabe der Banken.

 

Das geschichtliche Vorbild

 

Die große Bewährungsprobe dieses finanztechnischen Instruments war die Situation nach dem 2. Weltkrieg, der auch die Siegermächte in eine hohe Staatsverschuldung getrieben hatte. Was auch sehr gut funktioniert hat, wie eine Studie von Carmen Reinhart, Professorin an der Harvard-Universität, nachweisen konnte. Von 1945 bis 1980 waren die Zinsraten etwa in der Hälfte der Zeit negativ (in Relation zur Inflationsrate). Die Sparer verloren also fast ständig Geld, wenn sie dem Staat Geld liehen. Großbritannien und die Vereinigten Staaten liquidierten dadurch im Durchschnitt jährlich Schulden von 3-4 % des BIP. In Australien und Italien, wo die Inflation besonders hoch lag, waren die Liquidationsraten durchschnittlich höher als 5 %.

 

Die Alternativen bei zu hohen Staatsschulden

 

Nach der Finanzkrise 2007 schossen die Staatsschulden in vielen Ländern in die Höhe. Auf über 100% im Vergleich zum BIP im Durchschnitt bei den OECD-Ländern. Es war den Finanzpolitikern aber schnell klar, dass das Vorhaben die Verschuldung mittels kontinuierlichem Wirtschaftswachstum bei einer derart hohen Quote allein durch die sinkende Zinslast nicht substanziell zu verringern ist. Eine inzwischen infrage gestellte Faustregel besagt, dass Staatsschulden über 90% eigentlich nicht tragbar sind.

Die harten Alternativen zur finanziellen Repression wären harte Ausgabeneinschnitte, Inflationierung der Schulden, Währungsreform oder der Staatsbankrott. Alles keine Maßnahmen, die Politiker während ihrer Amtszeit verantworten möchten. Was bei einer galoppierenden Inflation geschieht, kann man gerade in Venezuela beobachten.

 

Die Folgen der finanziellen Repression

 

Wie im gestrigen Bericht dargestellt, „EZB-Politik: Staat gewinnt, Bürger verliert gleich zwei Mal“, ist der Gewinner eindeutig der Staat, der Verlierer jeder Inhaber von Geldvermögen und die Altersvorsorge u.w. – siehe Bericht. Aber die weitere Nebenwirkung ist, insbesondere im Euroraum, dass diese Repression gar nicht richtig funktioniert, sprich die Staatsschulden gar nicht in Relation zum BIP sinken. Das große Damoklesschwert für die Europäische Union ist Italien, dessen Staatschulden weiter über 132% gestiegen sind, bei sklerotischem Wachstum und einer sich anbahnenden Rezession. Das Land verträgt keine höheren Zinsen, weil die Verschuldung erst recht untragbar würde. Aber ich will jetzt nicht wiederholen, was in vielen Artikeln von verschiedensten Fachleuten in diesem Forum schon ausreichend kommuniziert wurde. Die EZB wird wohl bald OMTs (Outright Monetary Transactions – vorbehaltlose geldpolitische Geschäfte) durchführen müssen, um das Auseinanderbrechen der Eurozone zu verhindern.

 

Fazit

 

Was in anderen Ländern schon geklappt hat, die Rückführung der Staatschulden, scheint in der sehr inhomogenen EU-Zone (Stichwort: Europa der zwei Geschwindigkeiten) nicht zu klappen. Wir Deutschen brauchen uns über unser Defizit, welches in Kürze unter 60% zum BIP fallen wird, nicht allzu sehr freuen, schließlich haben wir uns mit der Niedrigzinspolitik zwei große Zukunftsklötze ans Bein binden lassen. Die Vorsorgeproblematik angesichts des demographischen Wandels und das eigentlich „wertlose“ Kreditpaket in Form der Target-2-Salden in Höhe von über 900 Mrd. Euro. Und nicht zu vergessen aktuell ein jährlich im Wert schrumpfendes Geldvermögen (aktueller Bestand über 2,3 Bio.€).

 

Die Zentrale in Frankfurt. Foto: EZB



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