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Flüchtlinge: Mindestlohn für alle vs Hans-Werner Sinn (VIDEO)

Von Claudio Kummerfeld

Hans-Werner Sinn (Präsident des ifo-Instituts) hat mit seiner Forderung für Flüchtlinge sollte der Mindestlohn nicht gelten eine kontroverse Diskussion in Gang gesetzt. Denn abgesehen von dem Ergebnis ob Mindestlohn für Flüchtlinge Ja oder Nein ist der Hintergrund seiner Forderung doch eines der Kernprobleme bei der langfristigen Integration der großen Masse der Flüchtlinge.

Hans-Werner Sinn Flüchtlinge Mindestlohn
Hans-Werner Sinn, Präsident des ifo-Instituts. Foto: Romy Bonitz, ifo Institut / Wikipedia (CC BY-SA 3.0)

Ein sehr großer Anteil (laut Bundesagentur für Arbeit 80%) der registrierten Flüchtlinge verfügt über keinerlei Berufsausbildung, viele davon auch über keine oder nur sehr geringe Schulbildung. Hinzu kommen noch die Sprachprobleme, die wohl noch das einfachste Problem sind. Sinn´s These lautet, dass die Produktivität (so trocken und nüchtern es klingt) von Flüchtlingen deutlich geringer sei als die eines schon in Deutschland lebenden Arbeitnehmers, der bereits eine passende Qualifikation und Schulbildung hat. Daher sei es für die Masse der Betriebe finanziell nicht möglich für eingestellte Flüchtlinge den Mindestlohn von 8,50 Euro zu zahlen. Hans-Werner Sinn spricht in seinem Video-Vortrag (Link ganz unten) z.B. davon, dass aufgrund vieler Analphabeten und Geringqualifizierter unter den Flüchtlingen von einer Lösung des Fachkräfteproblems für den deutschen Mittelstand überhaupt keine Rede sein könne. Hier nochmal ein Teilauszug aus seinem Originaltext vom 11. September:

„Die Menschen, die kommen, sind jung und arbeitswillig, aber im Durchschnitt nur wenig gebildet. So ist der Anteil der Analphabeten unter ihnen sehr viel höher als unter der in Deutschland ansässigen Bevölkerung. Deutschland wird viel Geld aufwenden müssen, um die Flüchtlinge auszubilden und einzugliedern. Daher ist die Bedeutung, die die Zuwanderer für die deutsche Wirtschaft haben, nicht vergleichbar mit der Rolle der Flüchtlinge nach dem Zweiten Weltkrieg, die dank ihres Könnens damals ganz erheblich zum wirtschaftlichen Aufstieg Deutschlands beitrugen. Um die neuen Arbeitskräfte in den regulären Arbeitsmarkt zu integrieren, wird man den gesetzlichen Mindestlohn senken müssen, denn mehr Beschäftigung für gering Qualifizierte gibt es unter sonst gleichen Bedingungen nur zu niedrigerem Lohn. Nur bei einem niedrigeren Lohn rutschen arbeitsintensive Geschäftsmodelle über die Rentabilitätsschwelle und finden sich Unternehmer, die bereit sind, dafür ihr Geld einzusetzen.“

Theoretisch ist seine Logik nachvollziehbar, denn der vorher beschriebene Flüchtling kann deutlich weniger Teile produzieren, da er die Produktionsabläufe noch nicht versteht bzw. wichtige Theorie- und Produktkenntnisse einfach nicht hat. Daher kann er seinen Lohn nicht oder nur teilweise durch seine eigene Tätigkeit erwirtschaften, und sein Arbeitgeber macht Verlust – soweit die nachvollziehbare Theorie. Denkbar sind z.B. zeitweise geringere Löhne als 8,50 als Eingliederungshilfe für die Betriebe, wie schon möglich bei Langzeitarbeitslosen.

Die große Problematik, die dadurch entsteht, egal ob zeitweise oder dauerhafte Unterschreitung des Mindestlohns für Flüchtlinge, ist die damit einhergehende Schaffung eines separaten Arbeitsmarkts, der durch das stetige Ankommen neuer Flüchtlinge mit einer ständig wachsenden Masse an Billigarbeitern „bestückt“ wird, wenn man es so nennen darf. Einerseits ist das dauerhaft eine Art von Demütigung für die Flüchtlinge, die in ihrem Betrieb neben Kollegen arbeiten, die deutlich mehr verdienen. Auch arbeiten sie in dem Wissen, dass gerade für sie ein landesweit gültiger Mindestlohn nicht gilt. Das schafft sicherlich auf Dauer ein Gefühl der fehlenden Wertschätzung und schafft einfach ein schlechtes Klima und eine reale Benachteiligung, die oft dauerhaft zementiert werden wird.

Andererseits wird ein Niedriglohnsektor für hunderttausende Flüchtlinge (4, 5, 6 Euro?) eine unschlagbar billige Konkurrenz für arbeitssuchende Menschen in Deutschland, für die der Mindestlohn gilt. So werden die Flüchtlinge und die Nicht-Flüchtlinge durch Politik und Arbeitgeber unweigerlich in eine brutale Konkurrenz-Situation gebracht. Da könnte es dann zukünftig heißen:

„Hier hast Du den Job für 8,50 Euro. 22 Arbeitstage pro Monat x 8 Stunden pro Tag = 1.496 Euro brutto. Dafür unterschreibst Du hier den Arbeitsvertrag. Ich will aber, dass Du statt 8 in Wirklichkeit 9 Stunden pro Tag arbeitest. Wenn Du das nicht machst, such ich mir eben einen Flüchtling für 5 Euro die Stunde“.

So könnten Personalgespräche für neue Arbeitnehmer im Niedriglohnsektor zukünftig aussehen, wenn man offiziell eine Zweiklassen-Gesellschaft einführt. In gewisser Weise gibt es die ja mit Zeitarbeit und Werkverträgen jetzt schon, aber offiziell gilt ja für alle der Mindestlohn. Mit einer offiziellen Ausnahme für Flüchtlinge würde man in der Tat einen Zweiklassen-Arbeitsmarkt schaffen, wo der zweite einen bisher ungekannten Abwärtsdruck auf alle Löhne des ersten Arbeitsmarkts ausüben würde. Dieser Druck wäre vor allem eines: Ein Paradies für Arbeitgeber, die durch das stetig große „Heer“ von Billigarbeitern einen konstanten Lohndruck auf ihre Arbeitnehmer ausüben können, die in den unteren Gehaltsklassen für 8,50 Euro oder etwas mehr arbeiten und nur einfache Tätigkeiten verrichten. Man könnte dann immer einen Konkurrenzdruck aufbauen und auf die noch viel billigere Konkurrenz verweisen. Und noch ein Folgeeffekt würde entstehen. Zahlt der Arbeitgeber einem Flüchtling deutlich weniger als den Mindestlohn und spart dadurch viel Geld gegenüber einem Arbeitnehmer mit Mindestlohn, so fällt der Flüchtling aller Wahrscheinlichkeit nach mit seinem Gehalt finanziell so weiter runter, dass er beim Jobcenter mit Hartz 4 aufstocken kann. Letztlich zahlt dann wieder einmal der Steuerzahler das Geld, welches der Arbeitgeber spart.

Hans-Werner Sinn bringt viele unbestrittene Fakten zum Thema Mindestlohn und Flüchtlinge. Die vorher beschriebenen Probleme, die durch eine Aufhebung des Mindestlohns für Flüchtlinge entstehen würden, spricht er aber nicht an. Eine Lösung oder einen Mittelweg zwischen beiden Positionen zu finden wird schwer sein. Vielleicht wird die Politik einen Mittelweg finden, in dem man den Mindestlohn auch für Flüchtlinge aufrecht erhält, und für eine kurze Zeit Arbeitgebern Zuschüsse zahlt um deren zunächst geringere Produktivität auszugleichen. Aber ob das reichen wird für eine breite Integration am Arbeitsmarkt?

Hans-Werner Sinn hat zum Thema „Zuwanderung und Fachkräftesicherung im Handwerk – Potenziale und Handlungsbedarf“ seinen umfassenden Vortrag vom 14. Oktober als Video online gestellt. Auf jeden Fall sehr informativ, unabhängig davon ob man seine Ansichten teilt oder nicht.

Hier geht´s zum Video.



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6 Kommentare

  1. Jetzt wissen wir endlich wozu die Flüchtlinge gut sind: Die Ausbeuter brauchen billigere Sklaven! Der deutsche Michel ist schon viel zu teuer, da bleibt doch viel zu wenig Gewinn für die Eliten.
    Diesem Idioten gehört gleich der Lohn auf Mindestlohn reduziert!

  2. Kann dem nur voll und ganz zustimmen.
    Kein Mindestlohn für Flüchtlinge bedeutet ein Konkurrenzkampf zwischen Flüchtlingen und deutschen Geringverdienern.
    Und das kann nicht wirklich gewollt sein.

  3. Schon logisch diese Überlegungen, wenn man davon ausgeht, das es überhaupt Bedarf für so niedrig qualifizierte Arbeiter gebe. Ich gehe aber davon eigentlich nicht aus. Im Zuge der wachsenden Automatisierung und Computerisierung fallen diese Arbeitsplätze zunehmend weg. Dazu mal z.B. Autostore Lagerhaltung googlen und das Amazon jährlich einen Wettbewerb veranstaltet, welcher Roboter am meisten Artikel aus dem Regal holt. Auch das selbstfahrende Auto von Google müsste bekannt sein. Flüchtlinge, die niedrig qualifiziert sind, werden mit der Zeit vom Sozialsystem finanziert werden müssen, die Kosten werden den steuerzahlenden Mittelsstand noch mehr belasten, was sicherlich nicht zufällig passiert, da die Konsequenzen schon immer eindeutig waren.

  4. OK, dann sollen die europäischen Länder aber auch dafür sorgen, dass JEDER dieser Flüchtlinge von denen 2/3 keinerlei Bildung haben, wie Die Zeit berichtet mind. den Hauptschulabschluss nachholen.

    Jetzt versteh ich dann auch, warum plötzlich irgendwelche Politiker fordern Rente am Liebsten mit 75 (wie wärs mit 1 Tag vor dem Tod), denn die dummen Deutschen müssen diesen Wahnsinn – wie so Vieles – finanzieren.

  5. @Peter Kuhn:
    Dies kommt noch erschwerend hinzu. Da hast du Recht.
    Man könnte gerade meinen, wenn man den Flüchtlingen keinen Mindestlohn zahlt, dann bekommen alle Arbeit. Wie erklären sich dann (die geschönten) ca. 3 Mio Arbeitslosen aktuell? Vermutlich sind die alle nur arbeitslos wegen dem Mindestlohn, aber halt, vor dem Mindestlohn gab es ja auch schon in der Größenordnung Arbeitslose.
    Ich kapier jetzt überhaupt nichts mehr (Vorsicht Sarkasmus!).

    Vielleicht kann mir das mal einer der Wirtschaftsweisen oder Politiker oder wer auch immer erklären.

  6. Ich denke, die Vorgänge müssen aus einer geopolitischen Sicht beurteilt werden. Dazu z.B. nach Hooton Plan googlen. Amerika muss seine Vormacht sichern, dazu gehört das Blockieren aufkommender Grossmachten. Die Schwächung Deutschlands als wichtigstes Wirtschaftszentrum Europas mit der massiven Einwanderung unqualifizierter Flüchtlinge führt zur Schwächung Europas. Die Konflikte in der Ukraine sollten ein Zusammenkommen von Europa und Russland verhindern, was einen neuen Machtblock darstellen würde.
    Letztlich läuft alles nach Plan. Selbstverständlich sind sich die führenden Politiker über die Konsequenzen ihres Handelns bewusst, wäre naiv zu glauben, es wäre nicht so.

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