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Frankreich prescht vor – Stabilität in EU ist out – her mit der Schuldenlawine

Frankreich prescht vor. Schuldenregeln waren gestern gestern. In der EU müssen jede Menge neuen Schulden gemacht werden.

EU-Flagge

Es war ja ohnehin schon seit Jahren klar, wohin die Reise in der Eurozone geht. Die EZB druckt seit Jahren Billionen von Euros und hat die Zinsen abgeschafft. Die Staaten der Eurozone sind viel stärker verschuldet als erlaubt, und wirklich interessieren tut es niemanden. Auch wenn Verstöße quasi festgestellt werden, erfolgt keine Strafe. Frankreichs Finanzminister Bruno Le Maire hat jetzt bloß das offen ausgesprochen, was ohnehin schon in vollem Gange ist – die rasant stattfindende Aushöhlung sämtlicher Stabilitätskriterien (Schuldenregeln), sozusagen die Italisierung der Eurozone.

Wie gesagt, die EZB lebt es vor. Billionen gedruckt, keine Zinsen mehr, der Euro immer schwächer. Ein wirklicher Aufreger scheint das bei der EZB nicht zu sein. In wenigen Tagen will die Notenbank „mal“ den Leitzins on 0,00 Prozent um lumpige 0,25 Prozentpunkte anheben, bei einer Inflation von 8,6 Prozent – ein Witz. Frankreichs Finanzminister Bruno Le Maire sagt in einem aktuellen FT-Interview, dass die Schuldenregeln der EU veraltet seien. Um die Kosten von Pandemien, Kriegen und steigender Inflation zu berücksichtigen, müssten die bisherigen Regeln überarbeitet werden.

Laut Bruno Le Maire zeichnet sich in Europa ein neues Wirtschaftsmodell (hoher Investitionsbedarf für Klima, Rüstung etc) ab, da die öffentlichen Ausgaben in die Höhe schießen. Der Gegensatz zwischen den sparsamen Nordländern und den verschwenderischen Südländern sei nicht länger relevant. Auch die Nordländer würden ja ihre Bürger finanziell unterstützen wegen der hohen Inflation. Das Konzept von sparsamen Staaten sei schon längst tot.

Laut Bruno Le Maire sollten die europäischen Schuldenregeln (Staatsverschuldung maximal 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts) überarbeitet werden. Die jetzigen Regeln seien obsolet. Man beachte: Diese bestehenden Regeln (an die sich die meisten Länder eh nie gehalten haben), wurden wegen es Ukraine-Kriegs und der Inflation bis Ende 2023 ausgesetzt. Italien hat 151 Prozent Staatsschulden in Relation zum BIP, Deutschland 69 Prozent, Frankreich 113 Prozent.

Frage: Wenn sich an die jetzigen Regeln auch schon vor der aktuellen Krise niemand so richtig gehalten hat, und wenn es schon bisher keine Sanktionen gab – wie sollen dann erst überarbeitete Schuldenregeln aussehen? Denn wenn man Bruno Le Maire richtig versteht, sollen sich die Staaten der Eurozone in den nächsten Jahren für die anstehenden Aufgaben massiv verschulden. Die Fahrtrichtung ist klar – Stabilität ist nicht mehr angesagt. Die EZB steht wohl auch in den nächsten Jahren bereit Staatsschulden aufzukaufen und Zinsbelastungen niedrig zu halten? Davon darf man ausgehen – ein stillschweigendes Agreement, das niemand offen aussprechen muss. Ihr macht Schulden, wir kaufen sie.

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Grüne und SPD in Deutschland wären sicher auch sofort an Bord für eine große Aufweichung oder Abschaffung von Schuldenregeln. Da nervt nur noch diese kleine, aber für eine Mehrheit im Bundestag notwendige FDP, die den Finanzminister stellt. Dadurch gibt es in der Eurozone (noch) eine gewichtige Stimme, die sich wohl gegen eine völlige Aufweichung von Schuldenregeln stellen wird. Aber wie lange kann man diesem Orkan noch widerstehen?



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20 Kommentare

  1. Dann braucht die EZB auch die Zinsen nicht zu erhöhen…die Inflation steigt und steigt. Die EZB hat von Erdogan gelernt. Was wurde er gescholten für seine „Zins-Theorie“. Die ERB eifert ihm nach….

  2. „Schuldenregeln waren gestern gestern.“
    Da muss ich widersprechen. Schuldenregeln waren nie. Das waren von Anfang an nur Nebelgranaten für die depperten Deutschen.

    „Die Staaten der Eurozone sind viel stärker verschuldet als erlaubt“
    Alleine dieser Satz ist ein Jahrhundert Brüller. Wer „erlaubt“ den Regierungen das denn? Der Weihnachtsmann? Der liebe Gott? Ach nee, die sich selbst.

    Und das die EU-Staaten ihren Haushalt über die eigene Notenpresse finanzieren löst ja nicht mal ein Gähnen aus. Aber der etwas ausgelutschte Dauergag das die EZB je „unabhängig“ gewesen wäre löst bei mir immer noch einen Lachflash aus.

    Und was den auch auf FMW verkündeten „Euroabsturz“ betrifft: Bisher ist da doch noch gar nichts abgestürzt. Es gab schließlich schon mal Zeiten da gab es gerade 0,8 Dollar für einen Euro. Wenn man für einen Euro noch 1-2 Dollar Cent kriegt, dann ist der Begriff des Absturzes angebracht.

  3. Raus aus dem Euro zurück zur DM.
    Dann kann die EZB Schulden ohne deutsches Geld aufkaufen.
    Die Grünen haben doch Finanzpolitik keine Ahnung

    1. @Hanselothar

      Vielleicht ist das der Grund, weshalb das Finanzministerium von der FDP geführt wird?!

  4. Der Patient EU ist doch schon seit 1-2 Jahren Tot. Er wird doch nur noch durch die „EZB Aggregate“ am Leben gehalten. Da hilft nur noch Geräte abstellen. Leider traut sich das keiner um nicht der Bu Mann zu sein. Wenn man sich endlich Ehrlich zu sich ist ist der Euro gescheitert. Was jetzt passiert ist nur das Ende in Raten. Passieren tut es so oder so. Mal sehen wie lange das noch dauert.

  5. @Pfanni

    Ich frag mich schon lange, woher diese EU-KURZ VOR DEM STERBEN-Propaganda herkommt.
    Wir wären also alles Patienten auf der Intensivstation im Wachkoma, denen es richtig mies geht, die kurz vor dem letzten Atemzug stehen? Wirklich?
    Da gehe ich heute durch mein Stadtzentrum und staune. Vor lauter Urlaubsgästen (hauptsächlich deutschen) komme ich kaum voran. Sie lachen, essen, trinken und…vor allem…bezahlen Unsummen für Latte Macchiato, Aperol Spritz, die ewige Pizza und teure Menüs in Haubenlokalen.
    Danach wird geshoppt, aber so richtig. Ganz normale Schuhe, allerdings mit besonderem Schriftzug, wandern für 300 Euro in die Einkaufstüten. Und das mitten in der Inflation, mitten in der Energiekrise.
    Geld scheinen sie zu haben, die armen EU-Patienten. Und das nicht zu knapp.
    Später werden die Berge mittels sündteuren Aufstiegsanlagen gestürmt.
    Einmal Dolomiten und zurück, Hüttengourmetmenü inklusive für eine vierköpfige Familie kostet ein Vermögen, mit dem an der Börse reich werden könnte.
    Und DAS soll der sterbende Patient EU/EURO sein???
    Etwas stimmt da nicht: Entweder man erzählt uns permanent Schmähs (österreichischer Ausdruck für dumme Witze, Unsinn, humorvolle Lügen) oder wir sind befinden uns tatsächlich im Koma und träumen das alles nur.

    1. @Columbo – das machen die Deutschen nur um die Taget2-Salden runterzubekommen bevor der Euro über den Jordan geht… ;-)

      1. @Lausi

        Der deutsche Urlaubsgast hat das Wort Targetsaldo noch nie in seinem Leben gehört.
        Er wirft in beeindruckender Weise mit Euros herum und scheint damit Daniel Stelters Theorie vom armen Deutschland zu widerlegen.
        Die Realität ist meist besser auf den Straßen als in den Elfenbeintürmen der Ökonomen erkennbar.

        1. @Columbo. Es ist auch merkwürdig von einem armen Deutschland zu sprechen, wenn 2,9 Billionen Euro auf Girokonten und Sparbüchern liegen, was mehr als die aktuellen Staatsschulden sind. Und da dürfte noch nicht einmal Geld der eigentlich Vermögenden dabei sein, die ihr Kapital anderswo geparkt haben.
          Das wissen auch die anderen EU-Staaten, die die (Gemeinschafts)Lasten schön verteilen wollen, anhand des großen Schlüssels (Deutschland 29 Prozent).

    2. @Columbo

      Nicht nur Urlaub und 300-EUR-Schuhe: Die Luxusmarke Prada konnte im ersten Halbjahr 2022 ihre Absätze in Europa um deutliche 89 Prozent erhöhen – dank zurückkehrender Touristen. Auch der Kleidungshersteller Moncler profitierte von der Rückkehr der Besucher: Der französische Konzern verzeichnete ein Plus von 42 Prozent bei den Absätzen. Die steigenden Preise für Vorprodukte und Rohstoffe können die Hersteller von Luxusartikeln dabei vergleichsweise problemlos an ihre Kundschaft weitergeben. „Bisher sind der Kundschaft diese Preiserhöhungen egal“, erklärt der Manager bei Monocle, Pierre Michaud.

      1. Achtung Gag! Kann Frau in Pradaschuhen mit um 86% erhöhten Absätzen überhaupt laufen?

  6. @Columbo – reiche Deutsche, die sich problemlos einen luxuriösen Urlaub leisten können, gibt es sicherlich noch genug. Aber sie machen prozentual eine immer kleiner werdende Gruppe aus. Die Armut ist nicht nur in Deutschland sondern auf der ganzen Welt am steigen, und wird in Zukunft noch deutlich größer werden. Eine Rezession – oder Schlimmeres – scheint für mich vorprogrammiert zu sein. Amen :-)

    1. @Lausi

      Kleine Gruppe? Dann besuchen Sie mal Südtirol oder den Gardasee.
      Das ist keine kleine Gruppe, das ist heuer eine ausgewachsene Völkerwanderung.
      Sie sollten mal die deutschen EU-Mitbürger beim Lebensmitteleinkauf in den Touristenorten sehen oder die Warteschlangen bei den Seilbahnen! Das ist heuer extrem…

      1. @Columbo – nach so vielen Jahren pandemiebedingter Abstinenz wollen die Leute halt mal wieder auf die Pauke hauen. Aber nächstes Jahr könnte es schon ganz anders aussehen. Das Urlaubsgeld muss dann für gestiegene Energiepreise ausgegeben werden – wie in diesem Video sehr anschaulich dargestellt:

        https://youtu.be/vFatuBC05O8

        1. @Lausi, um genau zu sein, waren die vielen Jahre pandemiebedingter Abstinenz genau eines, nämlich 2020 😉
          https://www.pwc.de/de/pressemitteilungen/2021/urlaub-in-zeiten-der-pandemie-positive-erlebnisse-steigern-die-reiselust-der-deutschen.html

        2. @Lausi

          Aha, der Untergang des Abendlandes wieder einmal um ein Jahr verschoben…

  7. Da hat der Columbo recht,hier auf der Insel sieht es genau so aus ,zuzüglich gutlaufender Immobilienverkäufe.
    Die Aussage der Euro ist tot kann ja nicht absolut gemeint sein ,sondern relativ über die Zeit zu anderen Währungen. Das trifft es eher.Definitiv ist er auf dem aufweichenden Weg. Passt ja auch alles ,hohe Umlaufgeschwindigkeit bedeutet höhere Inflation.Es muss halt zwischen hoher Umlaufgeschwindigkeut oder totalem Vertrauensverlust unterschieden werden.

  8. Die zugrunde liegende eigentliche Geldmenge hat nur direkten Einfluss auf das Risiko ,daß sich zuviel und zu
    schnell Geld aus der Horte in den Wirtschaftskreislauf löst. Jedoch nicht 1zu1 auf die Preise.
    Die Flut hebt alle Boote ist schlicht unwahr,hält sich aber wacker .

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