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Niemand hat die Absicht, Aktien zu verkaufen! Chinas Großinvestoren und ihre Treueschwüre

Von Markus Fugmann

Heute ging es wieder nach unten an den Märkten Chinas – der Abwärtsdruck ist und bleibt groß. Und das trotz zahlloser Treue-Schwüre von Firmen, die in öffentlichen Statements verlautbaren lassen, dass sie bzw. die großen Anteilseigner auf gar keinen Fall Aktien verkaufen wollen.

Das alles erfolgte freiwillig, natürlich. Peking hatte ja im Crash-Sommer des letzten Jahres all jene Großinvestoren verpflichtet, die mindestens 5% an einem börsengelisteten Unternehmen halten, ihre Anteile nicht zu verkaufen. Diese Frist lief Ende letzter Woche aus – als die Aktienmärkte im Vorfeld absackten, hat Chinas Börsenaufsicht erneut die Regularien geändert: Großinvestoren dürfen nun maximal 1% verkaufen – und müssen das aber Wochen vorher der Aufsicht melden.

Um die erneute Panik zu Jahresbeginn einzudämmen, hat Peking nicht mehr direkt in den Markt interveniert – die negative Erfahrung der direkten Intervention aus dem letzten Sommer war lehrreich. Besser wäre es doch, wenn man „freiwillige“ Statements durch Unternehmen publizieren lassen würde, dass niemand die Absicht habe, Aktien des eigenen Unternehmens zu verkaufen. Dazu griffen dann die Börsenaufseher oder die Börsenbetreiber persönlich zum Telefon und „ermunterten“ die Angerufenen zu diesen Treueschwüren, wie Insider berichten.

Und so kommt es, dass es derzeit solche Erklärungen hagelt, nach dem Motto: nein, nein, niemand hat die Absicht, Aktien zu verkaufen. Das ist wie einst in der DDR bei Walter Ullbricht, der ja eigentlich auch gar keine Mauer bauen wollte – die ist damals einfach so entstanden, so zufällig irgendwie..

Wie freiwillig derartige Bekenntnisse sind, zeigt schon der sich stark ähnelnde Sprachduktus der Verlautbarungen. Dabei werden nicht alle Firmen durch die Börsenaufsicht oder die Börsenbetreiber kontaktiert, sondern strategisch Wichtige: sie sollen mit derartigen Erklärungen ein Beispiel geben für andere Firmen, so die Kalkulation. Immanent schwingt immer die Drohung mit: wenn ihr nicht tut, was wir sagen, könnt ihr eine Menge Ärger bekommen. Und solchen Ärger mit staatlichen Institutionen kann und will sich kein chinesisches Unternehmen leisten, im turbokapitalistisch-sozialistischen Lande der Arbeiter und Bauern.

Der Aktienmarkt ist dabei nur die eine Baustelle Pekings. Seit gestern hat man auch jenen den Krieg erklärt, die nicht mehr so recht an den Yuan glauben und daher Dollars kaufen – oder eben auf einen weiteren Fall des Yuan spekulieren. Akteure des Willens Pekings, das grundsätzlich die Abwertung ja will, aber eben nicht zu schnell, sind auf diesem Feld die Staatsbanken, die den Yuan stützen sollen. Da der onshore-Markt in Shanghai ohnehin unter der Kontrolle Pekings ist, galt und gilt der Kampf vor allem dem vermeintlich freien offshore-Markt in Hongkong. Also kauften Staatsbanken über ihre Filialen in Hongkong massiv den Yuan nach oben – aber das Ganze hatte Nebenwirkungen. Zwischenzeitlich schoß der Zinssatz für Interbankenleihen in Hongkong (der „Hibor“) extrem in die Höhe, weil diese Yuan-Käufe die Liquidität der Banken dort extrem austrockneten.

Und so wird es auch beim Yuan kommen, wie es kommen muß: die Interventionen haben Nebenwirkungen, die größer als der Nutzen sind. Je mehr Peking versucht, den Yuan zu manipulieren in Hongkong, umso mehr läuft das auch den Regularien des IWF für seinen Währungskorb zuwider. Der Yuan aber ist und bleibt – auch wenn Peking die Lawine kurzzeitig einfrieren will – eine der Währungen mit dem größten Abwertungspotential weltweit!



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