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Milliardenverluste: Was Lieferstopps für Gas aus Russland bedeuten

Gas-Flamme

Polen und Bulgarien gelten als Präzedenzfälle für Lieferstopps von Gas aus Russland. Weil beide Länder Medien zufolge das Bezahlen von gelieferten Gasmengen mit Rubel beziehungsweise den Zahlungsmechanismus über ein Konto bei der Gazprombank ablehnten, stellte der russische Gaskonzern Gazprom die Gaslieferungen jüngst im April ein. Beide Länder haben zugleich vorgesorgt und können auf alternative Lieferquellen zurückgreifen.

Spezialkonto für Gas aus Russland

Der Zahlungsmechanismus sieht vor, dass ausländische Käufer, sprich europäische Kunden von Gazprom, bei der Gazprombank spezielle Währungs- und Rubelkonten eröffnen, um Gaslieferungen zu bezahlen. Der Kunde kann demnach Geld auf das erste Konto in der Währung überweisen, die im Liefervertag für Gas angegeben ist. Die Bank verkauft das eingezahlte Geld an der Moskauer Börse und schreibt den Verkaufserlös auf dem Konto des Gaseinkäufers gut. Davon kann dieser seine Zahlungen an Gazprom entrichten. Die Gazprombank ist nicht vom internationalen Zahlungsverkehr SWFIT ausgeschlossen.

„Die meisten wichtigen Partner Russlands, die Gas kaufen, haben bereits auf die Zahlungsmethode umgestellt, über die ich gesprochen habe. Ich möchte noch einmal betonen, dass es keinen Unterschied in der Währung gibt, in der sie bezahlen werden“, erläuterte der russische Außenminister Sergej Lawrow in einem Interview mit dem Fernsehsender Al Arabiya am 29. April. Der ungarische Außenminister Péter Szijjártó sagte auf einer Pressekonferenz Medienberichten zufolge, dass einige europäische Unternehmen, die Erdgas aus Russland importieren, dem von Russland vorgeschlagenen Zahlungssystem zugestimmt hätten. Wie deutsche Medien berichten, will Energieversorger Uniper seine Zahlungen für russisches Gas künftig an eine Bank in Russland überweisen. „Wir halten eine mit Sanktionsrecht konforme Zahlungsumstellung für möglich. Es ist vorgesehen, dass wir unsere Zahlung in Euro auf ein Konto in Russland leisten“, erklärte Deutschlands größter Importeur von russischem Gas der Zeitung „Rheinische Post“. Aktuell zahle Uniper auch in Euro, aber auf ein Konto in Europa.

Präsident Putin setzt auf Rot

Am 23. März kündigte der russische Präsident Wladimir Putin die Überweisung der Zahlungen für Gas an die EU-Länder und andere Staaten in Rubel an, die restriktive Maßnahmen gegen Russland eingeführt haben. Ende März unterzeichnete der Präsident das entsprechende Dekret und erklärte, wenn „unfreundliche“ Länder ab dem 1. April nicht in Rubel zahlen, werde Russland dies als Zahlungsausfall bei Gasverträgen betrachten.

Über 47 Milliarden Euro hat Russland aus Energieexporten nach Europa laut den Berechnungen der Forschungsorganisation Centre for Research on Energy and Clean Air (CREA) seit dem Beginn des Angriffskrieges am 24. Februar gegen die Ukraine eingenommen. Die Wissenschaftler verweisen jedoch darauf, dass es sich bei ihren Berechnungen weniger um tatsächliche Zahlungen, als vielmehr um Schätzungen auf Basis angenommener Preismodelle geht.

Dennoch geben diese Berechnungen einen Hinweis, um welche Größenordnungen es sich handelt. Putin setzt mit seinem Dekret voll auf Rot und will Spielregeln vorgeben. Einige Kunden wie Polen und Bulgarien sind aus der Kasinorunde für die Lieferungen von Gas ausgestiegen. Uniper hofft derweil auf eine neue Runde. Dass Putin geschäftlich denkt, kann seit seinem Verspielen der Gasleitung Nord Stream 2 gänzlich ausgeschlossen werden. Die Milliardenverluste gehen allein auf sein Konto. Denkt er an seine Vergangenheit, ist die russische Bevölkerung wohl bereit, ärmliche Verhältnisse wie zu Sowjetzeiten für die Vision von Großrussland zu ertragen. Das steht zwischen den Zeilen seiner Worte und Aktionen.



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4 Kommentare

  1. Vorgesorgt mit deutschem Gas

    Das Pipeline-Paradox: Putins Gas fließt jetzt über Deutschland nach Polen
    https://www.focus.de/finanzen/erdgas-aus-russland-gasstopp-warum-deutschland-fuer-polen-jetzt-zum-gas-vermittler-wird_id_90365652.html

    1. Dadurch, dass Polen jetzt über Deutschland mit russischem Gas versorgt wird, entsteht bei uns weitere Verknappung und damit weiter steigende Preise. Neben den Kosten für Heizung und Warmwasser steigen dabei auch die Strompreise, weil Defizite aus den Erneuerbaren Energien über Gaskraftwerke (neben Kohle) ausgeglichen werden müssen.

      1. Kalt Duschen üben
        Mehr Fahrrad fahren
        Weniger Fleisch essen
        zu Fuß Einkaufen gehen beim Markt um die Ecke

        Von allem etwas weniger

        Wir schaffen das 👍

        1. Genau, diese Zeit ist nichts für Warmduscher und Weicheier… ;-)

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