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Gaspreis erreicht Allzeithoch – Baerbock, Nord Stream 2, Ukraine

Gas-Flamme auf Herd

Unsere neue Bundesaußenministerin Annalena Baerbock hat gestern mit ihrer Aussage über Nord Stream 2 den Dutch TTF Gaspreis schön weiter angefacht. Wir hatten es gestern bereits besprochen. Die Gas-Pipeline Nord Stream 2 von Russland nach Norddeutschland könne „so nicht genehmigt werden“. Die Voraussetzungen für eine Genehmigung seien derzeit nicht erfüllt. Und nach europäischen Recht sei dies derzeit eben nicht möglich. Es ist mehr als offensichtlich. Die deutsche Politik (auch bereits die Vorgänger-Regierung) versteckt sich hinter bürokratischen Winkelzügen und blockiert Nord Stream 2 aus politischen Gründen.

Gemengelange rund um Nord Stream 2 und Ukraine-Konflikt lässt Gaspreis weiter ansteigen

Die Grünen waren eh schon gegen Nord Stream 2, und jetzt kommt noch der Ukraine-Konflikt hinzu, wo Europa und die USA zunehmend von einer möglichen russischen Invasion der Ukraine sprechen. Da möchte man ein „Druckmittel“ wie diese noch nicht genehmigte Pipeline behalten? Aber ob es überhaupt ein echtes Druckmittel ist? Letztlich ist es egal. Russland wird offenbar durch die bestehenden Pipelines nicht genug Gas nach Europa pumpen wollen, um seinerseits Druck auszuüben für die Genehmigung von Nord Stream 2. Diese gesamte Gemengelage treibt den Gaspreis weiter an.

Gestern erreichte der für Europa entscheidende Gaspreis am Terminmarkt Dutch TTF (Januar-Lieferung) mit 116,08 Euro im Abrechnungspreis (Settlement) ein Allzeithoch. Im laufenden Tageshandel sah der Gaspreis am 5. Oktober kurzzeitig eine Spitze bis rauf auf  unglaubliche 161,50 Euro – aber wenn wir bei den Settlement-Preisen bleiben, war es gestern Abend ein Rekordhoch. Und heute sehen wir weiter steigende Preise mit 119,37 Euro. Und der Gaspreis könnte weiter ansteigen, wenn Deutschland sich bei Nord Stream 2 weiter so querstellt, und damit Wladimir Putin weiter Anlass gibt mit wenig Gas-Durchleitung Druck auszuüben. Über allem schwebt der aktuelle Ukraine-Konflikt mit einer angeblichen Kriegsangst.

Auch will die EU offenbar ein „strategischeres Konzept für die Gasspeicherung“ ausarbeiten, um die Widerstandsfähigkeit für solche Situationen in der Zukunft zu verbessern. Man will sich also langfristig unabhängiger machen – durch eine breitere Aufstellung auf eine Verteilung des Einkaufs auf mehr Lieferanten zum Beispiel? Auch solche Gedankenspiele könnten kurzfristig auf russischer Seite für wenig Wohlwollen sorgen, wenn es um den Wunsch nach mehr Gas-Durchleitung geht.

Der Experte Stephen Stapczynski sagt aktuell, dass der Gaspreis durch die geopolitischen Spannungen mit Russland und die Aussichten auf eisiges Wetter getrieben zu sein scheint. Die Ungewissheit über die russischen Erdgaslieferungen drohe die Energiekrise bis in den nächsten Winter hinein zu verlängern.

Aktueller Analystenkommentar

Der Commerzbank-Analyst Carsten Fritsch hat sich vor wenigen Minuten zum steigenden Gaspreis geäußert. Als Faktoren zu nennen seien die zunehmenden Spannungen zwischen Russland und dem Westen im Zusammenhang mit dem Ukraine-Konflikt. Russland hat gestern mit militärischen Maßnahmen gedroht, sollte der Westen keine Sicherheitsgarantien abgeben, die eine weitere Erweiterung der Nato nach Osten und die Stationierung von Waffen nahe der russischen Grenze ausschließen. Der Westen droht Russland im Falle eines Angriffs auf die Ukraine mit massiven Konsequenzen. Dies dürfte laut Carsten Fritsch insbesondere Wirtschaftssanktionen bedeuten, wovon auch die Energielieferungen betroffen sein könnten. Dass im gegenwärtigen Umfeld Nord Stream 2 in Betrieb genommen wird, sei daher kaum vorstellbar.

Die russischen Gaslieferungen blieben laut seiner Aussage derweil bis zuletzt auf einem reduzierten Niveau. So liegt der Gaseingang am deutschen Knotenpunkt Mallnow seit Tagen um 250 GWh pro Tag, was nicht einmal einem Drittel der möglichen Auslastung entspreche. Zudem habe der belarussische Machthaber Lukaschenko erneut damit gedroht wegen der EU-Sanktionen gegen ihn und sein Land die Gaslieferungen in die EU zu blockieren. All dies werde verschärft durch für die Jahreszeit sehr niedrige EU-Gasvorräte. Aktuell seien die Gasspeicher in Europa noch zu 62,4 Prozent gefüllt – normal wäre ein Füllstand von 80 Prozent. Der derzeitige Füllstand werde normalerweise erst Mitte Januar erreicht. Sollte nun noch der Winter kälter ausfallen und länger anhalten, könnten die Gasvorräte laut Carsten Fritsch am Ende des Winters knapp werden. Der Gaspreis würden daher wohl weiter steigen.

Im Sommer zu wenig Gas nachgekauft

Die Tagesschau hat gestern Abend einen wichtigen Aspekt gut dargelegt. Dass Gasspeicher in Deutschland, vor allem die von Gazprom, sehr gering befüllt sind, liege eben „nicht allein an machtpolitischen Erwägungen“ von Gazprom. Nach dem kalten Winter 2020/2021 seien die Füllstände an Gas niedrig gewesen, und die europäischen Händler hätten im Sommer diesen Jahres wegen dem hohen Gaspreis nur zurückhaltend Vorräte angelegt, weil sie auf zusätzliche Gasflüsse durch die Inbetriebnahme von Nord Stream 2 spekulierten. Es ist also zu einfach die ganze Schuld für die geringen Füllmengen der Speicher bei Wladimir Putin abzuladen.

Chart zeigt Dutch TTF Gaspreis im Kursverlauf seit Anfang JuniTradingView Chart zeigt Dutch TTF Gaspreis im Kursverlauf seit Anfang Juni.



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