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Gaspreis nach dem Mega-Absturz – EU abhängig von Putin und Wetter

Herd mit Gas

Wir berichteten gestern bereits. Der Gaspreis am Terminmarkt, der quasi als Frühindikator für die Endverbraucherpreise gilt, war in nur sechs Handelstagen um 61 Prozent eingestürzt. Nach einer vorherigen gigantischen Rally im Verlauf mehrerer Wochen stürzte der für Europa entscheidende Terminkontrakt Dutch TTF von 176 auf 68 Euro. Bis jetzt geht es wieder bergauf auf aktuell 87 Euro.

Gaspreis entspannt sich etwas nach großem Absturz

Im folgenden TradingView Chart sehen wir den Kursverlauf im Terminmarkt-Gaspreis seit dem 20. Oktober. Gestern schrieb ich bereits, dass es gut möglich wäre, dass dieser Kurssturz wiederum eine Übertreibung ist, nur diesmal auf der Abwärtsseite. Und so scheint es zu sein. Jetzt sehen wir den Anstieg im Preis für Gas am Terminmarkt. Der Auslöser für den Absturz der letzten Tage sah man ganz klar durch die Verschiffung von jeder Menge Flüssiggas aus Übersee nach Europa. Die Verkäufer lenkten sogar in Fahrt befindliche Schiffe nach Europa um, weil hier nun mal höhere Preise als in anderen Abnehmerregionen zu erzielen sind. Dieses Szenario an „im Anmarsch“ befindlichem Gas ließ den Gaspreis in den Keller rauschen.

Chart zeigt Kursverlauf im Dutch TTF Gaspreis seit dem 20. Oktober

Zweifel an ausreichend großen Lieferungen an Flüssiggas

Man hätte jetzt denken können: Prima, endlich kann sich Europa aus der Abhängigkeit vom russischen Gas befreien. Treten die USA als großvolumiger Lieferant von verflüssigtem Gas auf, ist man nicht mehr so abhängig von den Fördermengen von Gazprom, über die der Gaspreis in Europa bislang leicht beeinflusst werden konnte. Aber offenbar kommen aktuell Zweifel daran auf, ob die derzeit in Lieferung befindlichen Gasmengen aus Übersee ausreichen, um die fehlenden russischen Gaslieferungen auszugleichen oder sogar zu übertreffen. So schreibt der Rohstoff-Experte Salih Yilmaz aktuell, dass die EU mit ihren gefährlich knappen Vorräten an Gas zwei Kräften ausgeliefert sei, Wladimir Putin und dem Wetter.

Geringe Liefermengen an Gas aus Russland

Denn derzeit kommt offenbar immer noch sehr wenig Gas durch die Pipelines aus Russland, und trotz aktuell mildem Wetter in Europa droht womöglich wieder kälteres Wetter – und ein Aufdrehen der Heizungen bedeutet nun mal ein schnelleres Leeren der Gas-Vorräte in Europa. Ole Hansen von der Saxo Bank weist aktuell darauf hin, dass die zu geringen Gas-Lieferungen aus Russland die zunehmenden Flüssiggas-Lieferungen aus Übersee derzeit ausgleichen. Der Experte Stephen Stapczynski weist auf aktuell wichtige Faktoren für den Gaspreis hin. Obwohl die USA jüngst zum ersten Mal zum weltweit größten Exporteur von Flüssiggas aufgestiegen sind, so seien die europäischen Lagerbestände für Gas für diese Jahreszeit sehr niedrig. Die russischen Lieferungen seien weiterhin schwach, und es sei wieder kälteres Wetter in Aussicht. Auch gebe es einige Anzeichen für asiatisches Kaufinteresse am Spotmarkt für Gas.

Wacklige Gemengelage

Kurz-Fazit: Die Gas-Lieferungen per Tanker aus Übersee haben tagelang dafür gesorgt, dass die gigantische Rally im Gaspreis am Terminmarkt zusammenbrach. Aber nun ist unklar, ob wirklich genug Gas per Schiff in Europa ankommen wird, um die niedrigen Lieferungen aus Russland nicht nur auszugleichen, sondern oben drauf auch einen Überschuss zu liefern, damit die Lagertanks sich füllen können. Und oben drauf bleibt das Wetter eine unkalkulierbare Komponente für den Gaspreis. By the way… dass Deutschland letzte Woche planmäßig mehrere Atomkraftwerke abgeschaltet hat, sorgt am europäischen Energiemarkt wohl nicht gerade für Entspannung.



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