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180 Dollar Preisdeckel Gas-Preisobergrenze könnte Energiekrise verschärfen

Die Gas-Preisobergrenze von 180 Euro könnte die Energiekrise in Europa verschärfen. Hier dazu eine aktuelle Expertenanalyse.

Gestern beschloss die EU einen Gaspreisdeckel bei 180 Euro pro Megawattstunde. Vermutlich ist es eher eine Art Showeffekt? Denn wenn die Terminmarktpreise für Gas (aktuell 102 Euro im TTF-Kontrakt) wirklich über 180 Euro steigen sollten, und wenn deswegen wirklich vermehrt LNG-Lieferungen (Flüssiggas) eher nach Asien statt nach Europa gehen, würden die EU-Partner sicherlich ziemlich schnell diese 180 Euro-Grenze bei Seite wischen. Versorgungssicherheit mit Gas hat dann doch Vorrang.

Stephen Stapczynski ist ein anerkannter Gas-Experte von Bloomberg. Zusammen mit seinem Kollegen Yongchang Chin hat er heute eine Analyse veröffentlicht, die dennoch zur Vorsicht mahnt. „Europas Gaspreisobergrenze droht die Energiekrise zu verschärfen“, so der Titel der Analyse. Die von Europa beschlossene Deckelung der Erdgaspreise droht die Versorgung Europas zu beeinträchtigen und die Energiekrise zu verschärfen. Die europäischen Länder einigten sich diese Woche auf eine Obergrenze für die Gaspreise und beendeten damit ein monatelanges politisches Gezerre um Eingriffe in den Energiesektor. Dieser Mechanismus kann laut Stephen Stapczynski zwar dazu beitragen extreme Preisschwankungen zu verhindern, macht Europa jedoch anfällig für unzureichende Lieferungen und eine stärkere Konkurrenz aus Asien.

Eine Preisobergrenze für Gas ohne eine damit verbundene Begrenzung der Nachfrage könnte das europäische Gasversorgungsdefizit noch verschlimmern, indem sie den Verbrauch fördert, so Analysten der Goldman Sachs Group wie Samantha Dart in einem am Montag veröffentlichten Bericht. Dies könnte das weltweite Angebot im nächsten Jahr verknappen und im schlimmsten Fall die Regierungen dazu zwingen, Gas zu rationieren.

Außerdem wird es den Importeuren in Europa durch die Obergrenze für Gas erschwert, ihre Gebote für die Versorgung mit LNG deutlich zu erhöhen. Die Branche hat davor gewarnt, dass LNG-Ladungen nach Asien gehen werden, wenn die Preise dort höher sind als die Obergrenzen in Europa, und zwar genau dann, wenn Chinas Nachfrage durch die Lockerung der Covid-Null-Beschränkungen erwacht.

Die LNG-Importeure in Europa und Asien konkurrieren um Lieferungen von denselben Exporteuren, zum Beispiel den USA und Katar. Ein Vorteil der Obergrenze besteht darin, dass sie die Wahrscheinlichkeit ausufernder Bieterkämpfe – und Preisspitzen – für Spotlieferungen zwischen den beiden Regionen verringern könnte. Die asiatischen LNG-Preise orientieren sich stark an der Entwicklung in Europa, wobei die beiden Märkte im letzten Jahr eng miteinander verbunden waren, da die Importeure um das freie Angebot an Gas kämpften.

Die europäische Maßnahme, die im Februar in Kraft treten soll, kann zurückgenommen werden, wenn es zu „negativen Auswirkungen“ kommt. Außerdem gilt die Obergrenze nicht für den außerbörslichen Handel, was zu einer starken Verlagerung von den Börsen auf den weniger transparenten Markt führen könnte.

Die EU hat sich darauf geeinigt, die Erdgaspreise auf 180 Euro pro Megawattstunde zu begrenzen, was etwa 56 Dollar pro Million britischer Wärmeeinheiten entspricht. Damit das Instrument ausgelöst wird, müssen die Gaspreise drei Tage lang über der Obergrenze und auch bis zu einem gewissen Grad über den LNG-Preisen liegen. Wäre die Obergrenze zu Beginn dieses Jahres eingeführt worden, wäre sie im August und September an mehr als 40 Tagen angewandt worden. Die asiatischen LNG-Preise lagen zwischen August und September etwa zwei Wochen lang über 56 Dollar pro Million Btu.

Die Preisobergrenze für Gas wird von mehreren asiatischen LNG-Importeuren gefeiert, die nach Angaben von Händlern von den steigenden europäischen Preisen nach dem Einmarsch Russlands in der Ukraine betroffen waren. Die Spotpreise in Asien schwankten in diesem Jahr zwischen 19 Dollar und einem Rekordwert von 85 Dollar, und zwangen mehrere zahlungsunfähige Importeure, ihre Pläne zur Beschaffung von LNG zu stoppen.

FMW/Bloomberg

FSRU-Schiff
Photographer: Peter Boer/Bloomberg


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1 Kommentar

  1. Über viele Jahre (wahrscheinlich Jahrzehnte) wird nun die Kapazität von N1 (mit mehr als 500 LNG- Tankern pro Jahr) ersetzt werden müssen.
    Bis wieder zig neue AKW in Deutschland in Betrieb sind, oder das vorhandene Gas auf deutschen Boden gefördert wird.
    Dann wird es (mit Atom) auch mit dem Traum vom grünen Wasserstoff funktionieren.
    Mal sehen wieviel Billionen an Euro bis dahin für das LNG in die Lieferländer geflossen sind.
    Nur der erste „Doppelwumms“ kostet schon etwa den halben Bundeshaushalt; und er wird nicht der Letzte sein, wenn die Kosten für Energie nicht voll auf den Endverbraucher durchschlagen sollen.
    Schon 2020 war abzusehen, dass Energie sehr teuer werden wird in Deutschland.
    Aber, wie auch heute verbreitet die grüne Sekte Glaubensrichtlinien, die schlicht und einfach ein Treppenwitz sind.
    Aber- trotzdem sollten „Erneuerbare“ (mit den dazugehörigen Speichern) so weit wie möglich ausgebaut werden, damit dafür fossile Kraftwerke abgestellt werden können.
    Jede Tonne verbrannte „Fossile“ ist eine schlechte Tonne.

    Viele Grüße aus Andalusien Helmut

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