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Gaspreise: im 2. Halbjahr werden Rechnungen für Verbraucher explodieren

Trotz sich füllender Gasspeicher in Deutschland warnt die Bundesnetzagentur vor Lieferengpässen

Gaspreise Rechnungen für Verbraucher

Trotz sich füllender Gasspeicher in Deutschland warnt die Bundesnetzagentur vor Lieferengpässen während der kommenden Heizperiode:  Die explodierenden Gaspreise seien bei den Verbrauchern noch gar nicht richtig angekommen. Im Vergleich zum Vorjahr haben sich diese verdreifacht. Zudem wird ab Juli die Gas-Durchleitung via Nord Stream 1 wegen Wartungsarbeiten vorerst komplett eingestellt.

Vervielfachung der Gaspreise wird dramatische Folgen haben

Eigentlich sollte der Blick auf die aktuellen Füllstände der Gasspeicher in Deutschland für Gelassenheit sorgen. Diese sind bereits auf über 60 Prozent angestiegen. Ende Juni letzten Jahres waren es knapp über 40 Prozent. Aber die Nachfrage war vor Jahresfrist pandemiebedingt geringer und der Winter recht milde. Vor zwei Jahren lagen die Füllstände deutschlandweit um diese Zeit bei über 88 Prozent.

Gasspeicher Deutschland aktueller Füllstand

Und in den Vorjahren standen die Gasflüsse aus Russland auch nicht zur Disposition.

Die Gasspeicher in Deutschland verfügen über eine Gesamtkapazität gemessen in Energiegehalt von zusammen ca. 255 Terawattstunden. Damit können bei 100 Prozent Füllstand gleichwohl nur 25 Prozent des jährlichen Gasverbrauchs sichergestellt werden. Daher ist Deutschland auf den permanenten Zufluss von Gas angewiesen.

Mit dem Verweis auf technische Probleme begründet der russische Energieriese Gazprom die seit Wochen stark sinkende Durchleitungsmenge via Nord Stream 1. Aktuell sind es nur noch knapp 40 Prozent der Normalkapazität. Deutschland erhält einen Großteil seiner Gaslieferungen über diese Ostsee-Pipeline.

Der Betreiber macht die Sanktionen des Westens für die wegbrechenden Gaslieferungen verantwortlich, da in Kanada gewartete Gasturbinen für Nord-Steam 1 nicht wieder zurück nach Russland gelangen. Der deutsche Wirtschaftsminister Robert Habeck hält dies für einen Vorwand, um die Liefermengen künstlich zu reduzieren und die Gaspreise weiter hochzutreiben.

Die beiden anderen Gas-Pipelines aus Russland nach Deutschland, „Jamal“ und „Transgas“, führen durch das Kriegsgebiet in der Ukraine und sind permanent dem Risiko von Beschädigungen und vollständigen Lieferunterbrechungen ausgesetzt.

Die Alternative Gasversorgung mit LNG (Liquefied Natural Gas) für Europa stockt jedoch und die Preise liegen wegen der aufwendigeren Gewinnung und des teuren Transports ca. 40 Prozent über denen für russisches Gas.

LNG Deliveries to Europe Gaspreise

Der Präsident der Bundesnetzagentur, Klaus Müller, äußerte sich am Dienstag sehr besorgt, da den Verbrauchern der eigentliche Schock noch bevorstehe. Seit der letzten Heizperiode haben sich die Gaspreise vervielfacht. Er rechnet mit tragischen Schicksalen von Verbrauchern, die mit der Höhe ihrer Gasrechnung ab Herbst finanziell überfordert sein werden. Daran ändert auch die vom Bund verabschiedete Energiepauschale in Höhe einer einmaligen Bruttozahlung von 300 Euro für Arbeitnehmer nichts, da viele Verbraucher jetzt schon für Strom und Gas deutlich mehr bezahlen müssen. Zudem soll es Versorgern zukünftig gestattet werden, Kostensteigerungen beim Einkauf von Strom und Gas direkt an ihre Kunden durchzureichen.

Ab Juli vorerst gar kein Gas mehr via Nord Stream 1

Der russische Gazprom-Konzern will ab dem 11. Juli im Rahmen der alljährlichen Inspektion Nord Stream 1 komplett stilllegen. In dieser Zeit strömt kein Kubikmeter Gas mehr durch die Ostseeröhre.

Da Deutschland weiterhin von der leitungsgebundenen Infrastruktur abhängig ist, sieht Müller die Gasversorgung als gefährdet an. Die Bundesregierung hatte bereits am 23. Juni die zweithöchste Alarmstufe für den „Notfallplan Gas“ ausgerufen. Lieferengpässe seien für das zweite Halbjahr nun sehr wahrscheinlich.

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Eigentlich soll die Gasversorgung via Nord Stream 1 nach den Wartungsarbeiten Ende Juli wieder aufgenommen werden. Da die Durchleitungsmenge aber bereits im Vorfeld der Leitungsinspektion dramatisch abfällt, befürchten Gashändler, dass die Wartung ein Vorwand sein könnte, um den Stopp der Lieferungen in die Länge zu ziehen. Das würde die Gaspreise weiter anheizen und die weitere Befüllung der Speicher bremsen. Das bisherige Tempo der Wiederauffüllung ließe sich dann nicht mehr halten.

Damit würde das Szenario von Versorgungsengpässen im Winterhalbjahr plötzlich sehr real werden, wenn bis dahin die deutsche Konjunktur und mit ihr die Gasnachfrage nicht stark eingebrochen sind.

Am europäischen Referenzmarkt für Gaspreise (TTF) reagieren die Notierungen für eine Megawattstunde (MWh) für kurzfristig lieferbares Gas bereits heftig: Der Future-Kontrakt (TTF) ist seit Anfang des Monats parallel zur schrumpfenden Durchleitungsmenge durch Nord Stream 1 um knapp zwei Drittel auf 130 Euro pro MWh teurer geworden. Das entspricht umgerechnet 13 Cent je Kilowattstunde.

Im Vergleich zum Vorjahr 2021 sind die Gaspreise (TTF) um 312 Prozent angestiegen.

Gaspreis-Future TTF Gaspreise - schwere Zeiten für Verbraucher
„Gaspreis-Future TTF“ (TradingView.com)



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15 Kommentare

  1. Warum fragt man denn nicht einfach die Kanadier, warum die Gasturbinen nicht schon wieder auf dem Weg nach Russland sind?
    Ich denke, man hat Angst, dass die Russen recht haben, und Kanada dann für die verminderte Gaslieferung verantwortlich ist.
    Was ein Mist dann auch.
    Aber irgendwie muss es doch Putin sein.

    Viele Grüße aus Andalusien Helmut

  2. Bekommen wie bestellt.

    Es wird zappenduster um die EU…

    Aber hey, ist ja nur Geld!
    Man kann ja auch die Duschzeiten einschränken…
    Bei soviel Klugerizität unsere Politik ist man sprachlos!

  3. Ihr Anteil von Wärmepumpen an neu installierten Heizungen betrug 2021 nur knapp 17 Prozent. Gasheizungen hatten einen Marktanteil von rund 70 Prozent. Wie bescheuert kann man eigentlich sein?

    1. Das Stromsicherheit sieht aber auch nicht besser aus.Dank an den grünen und ihrer Wähler

    2. Hallo Jan,
      das ist noch gar nichts.
      Hannover stellt sein Gasnetz auf russisches H-Gas um, und der Einbau von Gasheizungen wird immer noch subventioniert.

      Gasumstellung in Hannover & Region – Mein H-Gas – Informationen

      https://www.mein-h-gas.de/

      Viele Grüße aus Andalusien Helmut

      1. Hallo Helmut,
        der gesamte Westen und Nordwesten Deutschlands stellt schon länger (seit 2015) auf H-Gas um. Im Rest der Republik ist das längst Standard. Das hat meines Wissens aber nichts mit russischen Gas zu tun, sondern wird ebenso von Großbritannien und Norwegen geliefert. Der Grund sind stetig fallende Fördermengen von L-Gas.

        Gefördert wird nur noch der Austausch alter Heizungen im Bestand, nicht jedoch beim beim Neubau. Und nur besonders effiziente Gas-Hybridheizungen mit Brennwerttechnik und einer Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung, die mit erneuerbaren Anlagen (Solarthermie, Wärmepumpe, Biomasse) kombiniert sind. Die können später zudem ohne großen Aufwand für den Betrieb mit Wasserstoff umgerüstet werden.
        Es gibt da zwar ein paar unseriöse Seiten und Artikel, die gegenteiliges behaupten, nicht zuletzt mal wieder der FOCUS. Das ist aber wie gewohnt kompletter Schwachsinn.
        https://www.nibe.eu/de-de/support/artikel/foerderung

        Hier nochmal im Original, nachzulesen auf Seite 28:
        Zusätzlich sind im Neubau (BEG WG, BEG NWG) nicht förderfähig:
        Wärmeerzeuger auf Basis des Energieträgers Gas (fossiles Gas), z. B. Gas-Brennwertkessel, gasbetriebene Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen, Gasstrahler, Gas-Warmlufterzeuger sowie die zugehörigen Umfeldmaßnahmen (z. B. Abgassysteme und Schornsteine)
        https://www.bafa.de/SharedDocs/Downloads/DE/Energie/beg_infoblatt_foerderfaehige_kosten.pdf?__blob=publicationFile&v=17

        Oder hier unter dem Punkt „Voraussetzungen für Gas-Hybrid-Heizungen“:
        Die Gas-Hybridheizung ist nur im Gebäudebestand förderfähig.
        https://www.bafa.de/DE/Energie/Heizen_mit_Erneuerbaren_Energien/Foerdervoraussetzungen/foerdervoraussetzungen_node.html;jsessionid=15B6016D88DF9FEC46F3ABAD68BF2B66.1_cid371

        1. Hallo Jan,

          ob es der richtige Weg ist, jetzt bei schwindenden Gasreserven (L-Gas) aus Deutschland und Holland, auf H-Gas aus Norwegen und Großbritannien zu setzen, ist aber gewagt, denn auch andere Länder müssen russisches Erdgas ersetzen.
          Und selbst bei den modernsten Gasgeräten, wird immer noch Gas verbrannt, wenn auch mit hohem Wirkungsgrad.
          Wenn aber schon eine neue Heizung eingebaut werden soll, dann doch gleich eine Wärmepumpe. Zumal der Umbau gerade bei Fubodenheizungen und bei dem Vorhandensein von Niedertempeaturheizkörpern, die benötigten Vorlauftemperaturen des Heizungswassers leicht zu erreichen sind. Uraltanlagen, die Temperaturen von 90/70 benötigen, lassen sich durch das Auswechseln der Heizkörper sicherlich kostengünstiger wärmepumpengerecht umrüsten, als jetzt noch für „ein paar Jahre“ auf das Verbrennen von Gas zu setzen.
          Zumal ja angeblich Strom aus Wind und Sonne massiv ausgebaut werden sollen.
          Und 1 KW Solarstrom, durch den Wärmepumpeneffekt, in 4 bis 6 KW Wärme umzuwandeln, sehe ich als sinnvoller an, als jetzt noch die Erdgasnetze und die Endgeräte umzurüsten.
          Ich glaube auch kaum, dass in den nächsten Jahrzehnten soviel grüner Wasserstoff zur Verfügung stehen wird, um damit die Heizungskessel in Wohnhäusern zu versorgen, denn alleine was die Industrie benötigen wird, ist gigantisch.
          Ich kenne z. B. keine spanische Wohnung, die nicht mit einer dezentralen Wärmepumpe beheizt werden kann, und im Sommer gekühlt werden kann.
          Wenn man es genau nimmt, ist das ja auch eine Uralttechnik, die aber gut funktioniert, und kaum mehr groß verbessert werden kann. Selbst die Wärmerückgewinnung, über die Umleitung der Abluft über den Kompressor der Wärmepumpe, ist mit sehr einfachen Konstruktionen möglich.
          Mal sehen was so passieren wird.

          Viele Grüße aus Andalusien Helmut

          1. Hallo Helmut,
            grundsätzlich wäre eine komplette energetische Sanierung von Gebäuden natürlich zu befürworten, da bin ich ganz bei Ihnen. Aber gerade in größeren Städten, wie z. B. in Berlin, ist das bei den vielen großen Wohnblöcken ein Problem. Es ist immer die Entscheidung der Vermieter oder Eigentümergemeinschaften, nicht der Politik. Und ein Gebäude, das nicht gut gedämmt ist (Fassade, Dach, Fenster) und meistens auch noch Etagenheizungen hat, lässt sich nicht so einfach auf Niedertemperaturheizung umrüsten.

            Heizkörper für Niedertemperatursysteme sind vielfach größer als normale Heizkörper und arbeiten über zwei Wärme-Übertragungswege: Wärmestrahlung und Wärmekonvektion. Wärmestrahlung setzt allerdings voraus, dass 1. der Platz für die deutlich größere Fläche vorhanden ist und 2. dieser Platz auch nicht durch Möbel u.ä. verdeckt wird. Besser wäre eine Fußboden- oder Wandflächenheizung, doch um die einzubauen, müsste man die Mieter wochenlang umsiedeln. Und wie gesagt, Dämmung und Fenster müssen dazu passen.

            Dann stellt sich noch das Problem der Etagenheizungen in Kombination mit Wärmepumpen. Man kann ja schlecht bei 30 Wohnungen 30 dieser Kästen an die Fassade hängen. Der Lärm wäre unerträglich, vom Stadtbild einmal abgesehen. Als Zentralheizung in diesen Dimensionen funktioniert die Technik nicht. Platz für große Pufferspeicher ist meistens auch nicht vorhanden. Und wie soll das Problem mit Warmwasser und Legionellen gelöst werden, wo es ja mindestens 60 Grad benötigt?

            Ich denke, dass die genannten hocheffizienten Gas-Hybridheizungen ein guter Kompromiss wären. Eine Einsparung von 50% oder mehr ergibt in der Summe eine gewaltige Menge. Dazu muss die Industrie als deutlich größter Gasverbraucher ebenfalls in die Pflicht genommen werden, sparsamer und effizienter zu werden.

    3. Man sollte N1 u. N2 an eine indische Firma verkaufen. Dann kann Deutschland das Gas auf eine indische Rechnung kaufen

  4. Nordstream2 liegt und ist betriebsfertig und voller Gas.
    Nur die Ideologie der bunten deutschen verhindert das.

  5. Pingback: Aktuelles vom 30.06.2022 | das-bewegt-die-welt.de

  6. So so man rechnet mit tragischen Schicksalen von Verbrauchern…..und wie gedenkt man diesen Menschen dann zu helfen??? Oder überlässt man sie einfach ihrem Schicksal? Ich bin gespannt…..Ideologie vor das Wohl der Bevölkerung zu stellen ist eine bodenlose Frechheit hoffentlich gibt es soziale Unruhen!

  7. Es ist unfassbar, was sich diese Regierung leistet. Wir müssen in unserer Mietwohnung auch mit Gas heizen,
    mittlerweile werden diese Kosten eine 2. Miete sein. Und der Mittelstand soll das alles bezahlen, helfen und ohne Gegenleistung tut der Staat nur immer denselben (unverschuldet ausgenommen). Nun wird aber auch der Mittelstand dadurch verschuldet und kann sich nichts mehr leisten. Lohnt sich dann Arbeit überhaupt noch…mal nachdenken. Irgendwann ist aber wirklich mal Schluss in diesem Land. Für alles und jeden muss bezahlt werden!!! Alles geht bergab…danke an die Wähler, die diese Regierung gewählt haben. Ich hoffe, das hier endlich mal ein Auwachen statt findet!!!

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