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Giert Italien auf neue Anleihe-Käufe durch die EZB?

Wie war das noch kurz vor der Wahl in Italien? Die jetzt neuen Regierungsvertreter posaunten lauthals, dass die EZB doch auf ihre Forderungen gegen Italien verzichten solle. Damit war die gigantische Halde an italienischen Staatsanleihen gemeint, welche die EZB über die italienische Notenbank in den letzten drei Jahren aufgekauft hat. Dies gehörte regulär zum Aufkaufprogramm der EZB namens „PSPP“.

Ohne dieses Programm hätte es kaum Investoren gegeben, die zuletzt neue italienische Schulden gekauft hätten. Aber nach der Wahl war schnell Schluss mit der Forderung die EZB solle auf ihre Ansprüche verzichten. Jetzt bahnt sich vermutlich eine Kehrtwende an. In letzter Zeit gab es immer wieder mal „waghalsige“ Presseberichte aus Italien, dass die USA oder China sich bereit erklärt hätten frisch ausgegebene italienische Schuldtitel zu kaufen – das erwies sich aber eher als Sommerloch-Luftnummer.

Aber jetzt berichtet die italienische „La Stampa“ doch relativ konkret über den Wunsch der italienischen Regierung, dass die EZB ihr Anleihekaufprogramm für Staatsanleihen aus der Eurozone doch bitte weiterführen solle (das aktuelle Programm endet diesen Dezember). Die Intention dahinter scheint klar. Fällt demnächst die EZB beziehungsweise die italienische Notenbank als Hauptkäufer italienischer Staatsschulden weg, fehlt der Kaufdruck. Die Kurse würden fallen, womit die Rendite automatisch steigt. Italien müsste wohl spürbar höhere Zinsen zahlen, um die eigenen neuen Anleihen für ausländische Investoren attraktiv zu machen. Das wird teuer!

Offizielle Aussagen zu diesem aktuellen Gerücht gibt es weder von der italienischen Regierung noch von der EZB. Angeblich solle die EZB doch bitte, wenn sie ihr aktuelles Programm schon nicht verlängere, doch ein neues Programm auflegen mit einem anderen Namen. Versucht die italienische Regierung vielleicht verschiedene Dinge miteinander zu vermischen und als Druckmittel einzusetzen? Jüngst drohte sie offen damit den gerade im Gespräch befindlichen EU-Haushalt zu blockieren, wenn andere Länder nicht dauerhaft und komplett in Italien ankommende Flüchtlinge aufnehmen.

Könnte diese Drohung stillschweigend „eingetauscht“ werden gegen ein neues Anleihekaufprogramm der EZB, zugeschnitten auf italienische Bedürfnisse? Gewiss, das klingt arg nach Verschwörungstheorie und Kaffeesatzleserei. Aber man bedenke: Merkel, Draghi, Juncker und Co tun alles dafür um das Gesamtgebilde Europa irgendwie zusammenzuhalten. Und um das aufbrausende Italien im Griff zu behalten, da könnte man durchaus bereit sein faule Kompromisse zu schließen, oder?

Italiens Vize-Premier di Maio sagt ganz aktuell auf die Frage, ob Italien bei der EZB nach Hilfe fragen wolle im Falle spekulativer Attacken auf Italiens Anleihen, dass man „niemanden nach irgendeiner Art von Hilfe“ fragen werde. Das klingt eher nach einer übertriebenen Form der trotzigen Ablehnung. Überzeugend klingt dieses Dementi nicht wirklich.

Seit gut einer Woche rührt sich die Rendite zehnjähriger italienischer Staatsanleihen nicht vom Fleck. Sie verharrt auf erschreckend hohem Niveau bei 3,17%, und damit höher als US-Anleihen gleicher Laufzeit (aktuell 2,88%). Hier sieht man die italienische Rendite im Chart seit September 2017. Charttechnisch wirkt es so, als warte man auf ein Signal für den Ausbruch nach oben. Die Gerüchteküche rund um Italiens Schulden kann verpuffen, oder es kann in Kürze auch weiter bergauf gehen in der Rendite. Alles hängt von den unvorhersehbaren impulsiven Äußerungen der neuen Regierung in Rom ab.

Italien 10y Rendite

Italien EU
© European Union, 2017 / Source: EC – Audiovisual Service / Photo: Mauro Bottaro



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3 Kommentare

  1. Letztendlich wird die EZB den „lender of last resort“ geben. Wie Sie bereits richtig erwähnt haben, werden Draghi, Merkel und Juncker alles tun um Europa und insbesonderes die Eurozone zusammen zu halten. Und selbst wenn es kein offizielles Nachfolgekaufprogramm gibt, wird die EZB bzw. die Nationalen Notenbanken „auf eigene Rechnung“ kaufen was dann in der EZB Bilanz unter dem nichtssagenden Punkt „other assets“ verbucht wird.

    Das hält die EZB gar nicht aus wenn der Bondmarkt zur Normalität zurückkehrt und die Zinssätze und auch Risikoaufschläge steigen. 2011 hat man doch auch sofort eingegriffen nachdem Berlusconi gejammert hat.

  2. „What ever it takes“, dieses Mantra muß man immer vor Augen haben, wenn man mit Geld zu tun hat.

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