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Goldman´s Doppel-Prognose – ein Kontraindikator?

FMW-Redaktion

Goldman Sachs sieht den Euro weiter kräftig fallen, von aktuell 1,06 auf bis zu 0,80 im Jahr 2017. Ein Euro wäre dann nicht mehr 1,06 Dollar wert, sondern nur noch 0,80 Dollar. Goldman-Analyst Robin Brooks bezeichnet die Spekulation gegen den Euro aktuell als Top-Empfehlung. Deutschland-Chef Jörg Kukies sagte gegenüber der „FAZ“ letztes Wochenende Anfang 2016 könnte der Kurs schon Richtung 0,95 gehen.

Man sieht die Volkswirtschaften der Eurozone mit schwachen Wachstumsaussichten. Das würde in der Folge weiterhin niedrige Zinsen und weiterhin eine Geldschwemme der EZB bedeuten, was den Euro folglich schwächen sollte. Und in der Tat ist es so, dass wahrscheinlich schon nächste Woche die EZB weitere Maßnahmen verkünden wird wie die Erhöhung des Anleihekaufprogramms, und evtl. noch niedrigere Einlagezinsen für Banken bei der EZB. Aber ist dieser Effekt nicht schon jetzt im Euro-Kurs von 1,06 eingepreist? Erwartet der Profi-Trader und Hedgefondsmanager die EZB-Maßnahmen nicht schon längst und ist bereits short im Euro? Darauf deuten u.a. extrem große Short-Positionen am Devisen-Terminmarkt hin, wo gegen den Euro spekuliert wird. Aber der überwiegende Teil der Devisenspekulationen findet heutzutage im unregulierten globalen Interbankenmarkt statt, wo letztlich niemand vorhersagen kann, ob die Profi-Zocker alle bereits short im Euro sind, oder erst in den nächsten Monaten auf den fahrenden Zug aufspringen werden.

Goldmans´s Szenario scheint größtenteils auf einer anderen eigenen Annahme aufzubauen. Denn wie die Bank letzte Woche verkündete, erwarte man in 2016 gleich vier Zinsanhebungen seitens der Fed, was natürlich den US-Dollar deutlich stärker und den Euro weiter schwächer werden lässt. Aber das ist bis dato die Annahme von Goldman selbst. Sie basiert (logische Schlussfolgerung) auf der Annahme, dass die US-Wirtschaft weiterhin kräftig wächst, was in den letzten Monaten arg in Zweifel gezogen werden konnte. Bei starkem Wachstum müssen die Zinsen angehoben werden und die Attraktivität des Dollar-Raums steigt gegenüber dem Euro-Raum, der deutlich schwächer laufen soll. Aber gerade heute zeigt das Beispiel Spanien, dass es in der Eurozone nicht überall so schlecht läuft wie beispielsweise in Frankreich.

Zunehmend mehr Börsianer betrachten Goldman´s drastische Prognosen (Öl 20 Dollar etc) schon seit geraumer Zeit als Kontraindikator. Aber da muss sich letztendlich jeder Anleger selbst entscheiden, was er für richtig hält. Zumindest der anfangs erwähnte Robin Brooks lag bisher mit seinem Szenario richtig, da er schon letzte Jahr bei EURUSD-Kursen von 1,30 davon sprach, dass es Richtung 2017 auf die Parität zugeht. Davon liegt er aktuell gar nicht so weit entfernt. Kommt es wirklich zu vier Zinsanhebungen in den USA nächstes Jahr? Wird die Masse der Trader den Euro weiter runterdrücken, oder war jetzt schon viel Abwärtsdruck eingepreist? Eine wacklige Gesamtannahme von Goldman, die nur funktionieren kann, wenn die US-Wirtschaft in den nächsten ein zwei Jahren kräftig brummt, und die Eurozonen-Volkswirtschaften weiterhin kräftig schwächeln. Und niemand weiß, wie stark die „Crowd“ der Zocker schon short im Euro positioniert ist.

Ach ja, Goldman Deutschland-Chef Kukies hatte da noch einen guten Ratschlag für die Leser der FAZ. Verkaufen Sie Anleihen, kaufen sie Aktien. Europäischen Aktien traue man ein Kursplus im Schnitt von 5% zu.

Euro
Der Euro hat jetzt fast schon sein Tief aus März erreicht.




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1 Kommentar

  1. Hervorragender Beitrag der den Nagel genau auf den Kopf trifft,
    Eine Grundüberlegung die jeder Trader haben könnte/sollte: Wer von den Big Boys gibt welches Statement ohne Eigeeninteresse ab?
    Zu unseren Favoriten gehört die Deutsche Bank – es tritt regelmäßig und recht zuverlässig das Gegenteil deren Analysen und Setups ein.
    Ein Schelm der Böses dabei denkt :)

    Beste Grüße & gute Trades

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