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Goldpreis zeigt verblüffende Stärke – Experten erklären den Grund

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Eigentlich müsste der Goldpreis momentan eher Schwäche zeigen? Seit den Andeutungen von EZB-Chefin Christine Lagarde letzte Woche sind Zinsanhebungen in der Eurozone noch dieses Jahr denkbar, und die Renditen für Staatsanleihen steigen – in den USA und auch in Europa. Damit werden Anleihen wieder ein Stück weit attraktiver gegenüber dem zinslosen Gold, auch wenn nach Abzug der Inflation von richtiger Attraktivität noch lange keine Rede sein kann. Aber grundsätzlich gilt: Kurzfristig steigende Anleiherenditen bedeuten Druck gegen den Goldpreis.

Goldpreis zeigt sich robust trotz steigender Anleiherenditen

Schauen wir auf den folgenden Chart, der bis zum 27. Januar zurückreicht. Der Goldpreis (blaue Linie) steigt von 1.783 Dollar im Tief auf aktuell 1.826 Dollar. Man sieht seit Tagen, wie deutsche und US-Anleiherenditen (türkis und orange) ebenfalls gestiegen sind, was wie gesagt eigentlich gegen einen steigenden Goldpreis spräche. Die zehnjährige US-Anleiherendite ist seit dem 27. Januar von 1,80 auf 1,93 Prozent gestiegen, die deutsche Anleiherendite für die zehnjährige Laufzeit von -0,04 auf +0,22 Prozent. Der US-Dollar (gelb) verläuft die letzten Tage seitwärts. Gold zeigt sich derzeit also erstaunlich robust!

Erklärungen von Experten

Aber woher kommt derzeit dieser robuste Anstieg im Goldpreis? Daniel Briesemann von der Commerzbank erwähnt heute ebenfalls, dass Gold gestiegen ist, obwohl die Anleiherenditen weiter gestiegen sind. Da die marktbasierten Inflationserwartungen nicht im gleichen Ausmaß angezogen haben, seien auch die Realzinsen etwas gestiegen. Gold habe daher erneut relative Stärke gezeigt. Hinter dem festen Goldpreis steht nach Meinung von Daniel Briesemann offenbar eine aktuell höhere Nachfrage nach Gold als sicherer Hafen im Zuge der Ukraine-Krise. Diese habe sich auch in ETF-Zuflüssen von 8,5 Tonnen in den letzten zwei Tagen widergespiegelt.

Trotz dessen traut man bei den Analysten der Commerzbank Gold in den nächsten Monaten keine großen Sprünge zu. Über dem Goldpreis hänge das Damoklesschwert der ersten Zinserhöhung der US-Notenbank Fed. Sie setze wahrscheinlich im März einen Zinserhöhungszyklus in Gang. Bis dahin dürfte sich der Goldpreis nur verhalten entwickeln, selbst wenn die ETF-Nachfrage anziehen sollte. Die berichteten Zuflüsse von über 40 Tonnen im Januar hätten dem Goldpreis jedenfalls keinen Auftrieb gegeben. Mit dem Beginn des Zinserhöhungszyklus der Fed sollte auch der Goldpreis laut Daniel Briesemann etwas steigen. Er würde dann dasselbe Verhaltensmuster an den Tag legen wie schon bei früheren Zinserhöhungszyklen.

Man denke bei der Commerzbank jedoch nicht, dass die Bäume für Gold in den Himmel wachsen. Denn im Laufe des zweiten Halbjahres dürften die Marktteilnehmer ihren Blick bereits auf 2023 richten – und dann womöglich weitere Zinsschritte der Fed einpreisen. Zudem werde dann wohl auch die EZB ihre Geldpolitik straffen. Daher erwartet man im zweiten Halbjahr wieder eine Schwächephase im Goldpreis. Entsprechend korrigiert die CoBa ihre Preisprognose für Gold. Nach einem Anstieg des Goldpreises auf 1.850 Dollar im zweiten Quartal erwartet man nun einen Rückgang auf 1.800 Dollar zum Jahresende (bisherige Prognose 1.900 Dollar). Nach einer anfänglichen Schwächephase sieht man 2023 zwar wieder höhere Goldpreise. Man hat aber auch für das nächste Jahr die Prognose nach unten angepasst und erwartet für Ende 2023 nun 1.900 Dollar (bislang 2.100 Dollar).

Ole Hansen von der Saxo Bank erwähnt heute ebenfalls, dass Gold trotz eines weiteren Anstiegs der US-Staatsanleiherenditen und eines stärkeren Dollars den dritten Tag in Folge höher gehandelt wird. Die gesamten mit Goldbarren unterlegten börsengehandelten Fondsbestände stiegen gestern auf ein neues 4 1/2-Monats-Hoch, da Vermögensverwalter und Anleger auf der Suche nach ruhigeren Gewässern in Anbetracht der erhöhten Inflation mit dem am Donnerstag anstehenden Verbraucherpreisindex in den USA sowie der Turbulenzen an den Anleihe- und Aktienmärkten wieder in Gold investierten. Der Goldpreis habe mehr als 61,8 Prozent des Einbruchs nach dem FOMC-Verkündung vom 26. Januar zurückerobert, wobei die Unterstützung bei 1.820 Dollar und der Widerstand beim Januarhoch bei 1.854 Dollar liegt.

Chart vergleicht seit Ende Januar Goldpreis mit Anleiherenditen und US-Dollar TradingView Chart vergleicht seit dem 27. Januar den Goldpreis mit US-Dollar, US-Anleiherendite und deutscher Anleiherendite.



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2 Kommentare

  1. Ich bin kein Experte aber die Logik sagt mir dass Gold attraktiv ist solange die Inflation höher ist als die Zinsen. das könnte aber noch länger der Fall bleiben.
    Es sei denn, Aktien werden wieder interessant.

    1. Ja Roland Höltgen, so ist es.
      Natürlich mit den üblichen Schwankungen, die gerne im frühen asiatischen Handel durch so massive Papiergoldverkäufe ausgelöst werden, dass sogar die Stops reißen und auch sollen.
      Denn dann können sich die Banken gut eindecken, die nach Basel 3 jetzt physiches Gold als Absicherung verwenden dürfen.
      Aber es können eben nur sehr wenige Menschen physisch in Gold investieren, denn es gibt nur etwa eine Unze pro Erdenbürger.
      Und davon haben die Nationalbanken schon eine Menge, und ich auch Einiges.

      Viele Grüße aus Andalusien Helmut

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