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Griechenland: massenhaftes Firmensterben

Massive Pleitewelle im 2.Halbjahr 2016 in Griechenland erwartet - aber die Welt kuckt nicht mehr hin..

FMW-Redaktion

Kürzlich hatte die größte Supermarktkette Griechenlands, Marinopoulos, Insolvenz angemeldet – aber Kenner gehen davon aus, dass noch viele, teilweise bekannte Namen, ebenfalls in diesem Jahr noch in die Pleite rutschen werden. Derzeit kursieren Zahlen von ca. 50 ziemlich sicheren weiteren Firmenpleiten in diesem Jahr – aus verschiedenen Branchen wie Lebensmittel, Autos, Gesundheitssektor und Schwerindustrie (vor allem Stahl). Viele dieser Firmen sind de facto schon pleite, haben aber noch nicht Insolvenz angemeldet – nun dürfte sich im zweiten Halbjahr die Pleitewelle beschleunigen.

Wieviele Pleiten noch folgen werden in 2016, wird wesentlich davon abhängen, wie und ob Marinopoulos gerettet wird. Sollte die Supermarktkette nicht gerettet werden, wird eine regelrechte Schneise der Verwüstung durch die Lebensmittelindustrie Griechenlands fegen, seien es kleinere oder größere Firmen. Viele dieser Firmen haben deutlich weniger Kapital als ihnen Marinopoulos schuldet – daher dürfte der Umgang mit dem Platzhirsch am griechischen Lebensmittelmarkt eine Priorität der griechischen Politik sein. Aber es dürfte schwer werden, ausländische Käufer für ein Unternehmen zu finden, das seit Jahren unter schwindenden Verkaufszahlen leidet, Tendenz weiter abwärts gerichtet. Der private Konsum ist in Griechenland stark eingebrochen, woher hier eine Wende kommen soll, ist völlig unklar.

Zwar haben Griechenlands Banken meist Lombardkredite an Marinopoulos vergeben – sie könnten also im Falle einer endgültigen Pleite also auf einige faktisch verpfändete Assets von Marinopoulos zugreifen. Doch sind diese Pfänder inzwischen deutlich weniger wert als die von den Banken an die Supermarktkette vergebenen Kredite (insgesamt 260 Millionen Euro).

Erwischen könnte es in 2016 auch zwei der drei Stahl-Firmen Griechenlands: sie stehen praktisch seit Jahren still, nun kommt die finale Phase mit der Frage, ob und wer bereit sein könnte, noch einmal Geld zu investieren. Derzeit verhandeln griechische Banken mit ausländischen Unternehmen aus der Branche – doch sind die Aussichten auf eine Rettung eher begrenzt, da die gesamte Stahlindutrie nicht nur in Europa unter Druck steht.

Gerettet werden könnte dagegen die in Griechenland spärlich vertreten Autoindustrie – so etwa die griechische Vertretung von Hyundai, Hyundai Hellas. Hier scheint es Kauf-Interesse seitens einiger Konkurrenten zu geben.

So oder so: viele Firmen haben sich lange Jahre durchgeschleppt in Griechenland – nun scheint der Zeitpunkt des großen Firmensterbens zu kommen. Je nachdem, wie groß die Welle wird (dass eine Welle kommt, gilt als sicher), werden erneut tausende Arbeitsplätze wegfallen. Aber das scheint, nachdem noch im letzten Sommer die ganze Welt wie gebannt auf Griechenland gestarrt hatte, nun niemanden mehr so richtig zu interessieren..



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3 Kommentare

  1. Helmut Josef Weber

    Wie kann auch eine Firma in der EU überleben, wenn Sie (bei halber Produktivität) doppelt so hohe Löhne zahlen muss wie in Polen.
    Wer investiert da sein Geld in einen Betrieb?
    Selbst das von den Bauern gelieferte Olivenöl kann in Griechenland Niemand bezahlen.

    Viele Grüße
    H. J. Weber

    1. Griechenland hat die falsche Währung – wie übrigens alle südeuropäischen Länder. Währungen fungieren wie Federn, um volkswirtschaftliche Ungleichgewichte abzupuffern. Seit der Euro-Einführung gibt es diese Federn nicht mehr. Die Währung wirkt seitdem deflationär und wachstumshemmend. Der Euro ist viel zu schwer für Griechenland, Portugal, Spanien, Italien – und wird es wohl auch immer bleiben…

  2. Bis Griechenland zum Nulltarif zu haben ist, die Menschen, damit sie arbeiten dürfen, möglichst noch etwas bezahlen dafür – solange soll die Austeritätspolitik wohl fortgeführt werden. Ironie aus

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