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Griechenland pleite? Falsch – die Notenbank besitzt Gold für 5,3 Milliarden Euro

Von Claudio Kummerfeld

Gestern hat die „Bank of Greece“ (Notenbank) ihre Bilanz für April veröffentlicht. Unter dem Punkt „Vermögenswerte“ findet man Erstaunliches: Griechenland pleite? Falsch – die Notenbank besitzt Gold für 5,3 Milliarden Euro…

Griechenland Goldreserven
Stand 30.04.2015, gestern veröffentlicht: Griechenland besitzt Gold für mehr als 5 Milliarden Euro. Grafik: Bank of Greece

Griechenland hat Gold für 5,3 Milliarden Euro

Die „Bank of Greece“ (griechische Notenbank) hat gestern ihre aktuellste Bilanz veröffentlicht, wo sie Punkt für Punkt ihre Vermögenswerte (z.B. Forderungen gegen griechische Banken) präsentiert, aber auch ihre Schulden. Unter dem Punkt „Vermögenswerte“ taucht der Punkt Gold auf. Dort ist zu lesen (siehe Auszug oben): 5,27 Milliarden Euro. Das heißt de facto Griechenland hat (über den Umweg Notenbank) noch einen massiven Goldbestand. Wie kann das sein? Worauf wartet die Notenbank? Sie ist nicht weisungsgebunden, muss also wie jede andere Notenbank im Euro-Währungssystem auch keine Weisungen der Regierung Tsipras entgegennehmen. Aber trotzdem stellt sich die Frage: Wozu ist eine „Goldreserve“ da außer für eine derartige Lage wie die Aktuelle, wo die Bevölkerung in Griechenland so weit unten ist, dass wir es uns nicht mal vorstellen können? Für irgendwelche Währungskriege braucht die griechische Notenbank jedenfalls keine Goldreserven, denn Griechenland hat den Euro und die Notenbank agiert als Teil des Euro-Systems unter dem großen Schutzschirm der EZB. Also wozu noch diese Goldreserven halten? Für wen? Uns ist keine Antwort eingefallen. Vielleicht haben die Herrschaften Notenbanker in ihren „Business Schools“, aus denen sie entsprungen sind, die unabänderliche Wirtschaftstheorie mitgebracht, dass eine Notenbank Goldreserven haben muss, also eine Art Selbstzweck.

Aber das geht doch gar nicht… ?

Jetzt kann man argumentieren diese Goldreserven sind ja im Besitz der Notenbank, die ja wie in jedem Land eine staatliche Institution außerhalb der eigentlichen Staatenfinanzierung ist. Aber letztendlich kann der Staat Griechenland sich das Geld holen, so oder so! wenn er denn nur wollte. Dabei könnte es aber ein Problem geben. Dazu gegen Ende mehr.

Griechenland Bank of Greece Haupteingang in Athen
Haupteingang der griechischen Notenbank „Bank of Greece“ in Athen.
Foto: Neosmyrnian/Wikipedia (CC BY-SA 4.0)

Möglichkeit 1:
In Griechenland macht man es wie in Deutschland, wo die Deutsche Bundesbank ihre Gewinne an das deutsche Finanzministerium abführt. Die griechische Notenbank könnte einfach das Gold verkaufen und als Gewinn an das griechische Finanzministerium abführen.

Möglichkeit 2:
Man macht es so wie bisher auch: die 5,2 Milliarden Erlös aus dem Gold-Verkauf gewährt die „Bank of Greece“ den griechischen Geschäftsbanken als Notkredit oder sonstigen Kredit – davon kaufen die Banken dann griechische Staatsanleihen. Dies läuft so bereits Monat für Monat, sonst wären die Banken und der Staat längst zahlungsunfähig.

Möglichkeit 3:
Die Chaos-Theorie – einfach irgendein neues Gesetz erlassen, das den direkten Zugriff der Regierung auf das Gold ermöglicht – denn bei den Herren Tsipras und Varoufakis scheint ja alles möglich zu sein. Diese Möglichkeit scheint aber problematisch, da bei einer Beschneidung der Unabhängigkeit der Notenbank in Griechenland EZB und EU-Kommission auf die Barrikaden gehen würden.

Mal ernsthaft…

Aber mal ganz ernsthaft: Wenn Griechenland ein Gesetz erlassen muss, wie gerade erst geschehen, um die letzten Bargeldreserven von Krankenhäusern und kommunalen Einrichtungen nach Athen abzuziehen, um Renten und Staatsgehälter zahlen zu können, warum nimmt man sich nicht das Gold? Das reale Problem könnte sein (natürlich eine reine Vermutung), dass das Thema „Gold“ einer der Streitpunkte ist zwischen Premier Tsipras und dem Notenbankchef Stournaras. Ihr Verhältnis soll mehr als frostig sein. Wie das Handelsblatt am Montag detailliert berichtete, soll Tsipras derzeit aktiv an seiner Demontage arbeiten – einfach entlassen kann er einen Notenbankchef aufgrund seiner Sonderstellung nicht – er muss ihm schon eine konkrete Verfehlung nachweisen. Vielleicht wollte er den aller aller aller allerletzten Notgroschen, den Griechenland noch hat, nicht freiwillig rausrücken.




Nachträgliche Anmerkung des Autors:
Erläuterung: Bei den oben beschriebenen „Möglichkeiten“ 1 und 3 würde die Bilanz der griechischen Notenbank aus dem Gleichgewicht kommen. Aktiva und Passiva, also Vermögen und Schulden müssen immer auf den Euro exakt gleich groß sein. Da die Notenbank fest an die Regularien der EZB gebunden ist, kann sie ihre Bilanz nicht durch diese Art von Geldabzug zerstören. Realistisch möglich wäre die Variante 2, nämlich das Gold zu verkaufen und es an griechische Banken zu verleihen, damit die davon griechische Staatsanleihen kaufen. Über diese Variante blieben die 5,3 Milliarden Euro „Forderungen der Notenbank gegenüber den Geschäftsbanken“ als „Vermögenswert“ auf der Aktiva-Seite der Bilanz erhalten und Aktiva und Passiva hielten sich weiterhin exakt die Waage.



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2 Kommentare

  1. Warum sollte der erwähnte Goldbestand was an der Pleite ändern. Wie naiv muss man denn sein, zu glauben, dass diese Bestände nicht längst verpfändet sind. Eine der ersten und besten Positionen auf die die Gläubiger stets schielen.

  2. Es könnte – auch nur eine Vermutung meinerseits – daruaf hinauslaufen wie in der Ukraine: das Gold (42t) ist dort und dann war es mal dort. Jetzt haben es die Amerikaner und damit ist schon alles gesagt: die Ukraine ist pleite, denn das ist so gewollt (besser lenkbar durch externe Finanzierung per „am Tropf“ hängen).

    Wenn ich nicht falsch liegen sollte, wird es das gleiche Schicksal hier noch einmal geben – vorher hören die Repressalien nicht auf. Hatten wir nicht auch noch was von dem gelblichen Plunder?

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