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Griechenland: warum auch das aktuelle Hilfspaket an Absurditäten scheitern wird

FMW-Redaktion

Wer verstehen will, warum auch das dritte Hilfspaket für Griechenland zum Scheitern verurteilt ist, muß nur einen Blick auf die Eigentumsverhältnisse im Land werfen. Denn die sind nach wie vor alles andere als klar, nach wie vor existiert in Griechenland kein funktionierendes Katasteramt, das Klarheit über den Besitz von Land bringen könnte. Und dabei hat die EU schon hunderet von Millionen Euro zur Errichtung eines solchen Katasteramts investiert – aber dessen Fertigstellung ist noch weit entfernt. Optimistische Prognosen gehen von der Fertigstellung im Jahr 2020 aus, aber das ist wohl deutlich zu optimistisch.

Und das bedeutet, dass die eingeplanten Privatisierungserlöse von 50 Milliarden Euro, die sich die Gläubiger vom Landverkauf erhofft hatten, Makulatur sind. Im dritten Hilfspaket hat man an dem 50-Milliarden-Ziel festgehalten, erwartet allerdings erst in 30 Jahren das Erreichen der Zielmarke – bsilang stehen lediglich 3,1 Milliarden Euro an Einnahmen zu Buche. Solange nämlich nicht klar ist, wem was wirklich gehört, kann nichts verkauft werden – zumal Rechtsstreitigkeiten bei Landfragen in Griechenland dreimal so lange dauern bis zu einer gerichtlichen Klärung als im EU-Durchschnitt.

Laut offiziellen Angaben sind bislang nur 25% des Landes vollständig kartografiert – 22% sind derzeit in Arbeit. Mehr als die Hälfte sind gewissermaßen noch terra incognita – man ist derzeit dabei, Verträge auszuarbeiten für Kartografie-Dienstleister, die die restlichen gut 50% erfassen sollen.

Offiziell gelten 60% des Landes als Wald und dürfen daher nicht ökonomisch genutzt werden. Diese Einstufung aber stammt von Luftaufnahmen kurz nach dem 2.Weltkrieg, sind also hoffnungslos veraltet. Das zweite Riesenproblem ist die Kirche als zweitgrößter Landbesitzer nach dem Staat: sie hat ebenfalls keine zentrale Erfassungstelle für Land, viele jahrhunderalte Verträge sind handschriftlich erstellt und enthalten Angaben wie: „von diesem Olivenbaum aus noch einmal 500m Meter“ oder „fünf Steinwürfe weiter in dieser Richtung“. Faktisch also ein heilloses Chaos – zumal auch jenseits der Kirch die meisten Verträge handschriftlich sind. Nicht-kirchliche Verträge, die vor dem Jahr 1883 datieren, gelten dabei als ungültig, das Land wird vom Staat beansprucht – endlose Rechtsstreitigkeiten sind die Folge. Und: die meisten Häuser wurden in Griechenland illegal gebaut, es gibt starke Interessenvertretungen von Hausbesitzern, die naturgemäß jeden Versuch einer exakten Erfassung zu torpedieren versuchen.

Genau das ist das Grundproblem: mit der Erreichtung eines funktionierenden Katastersystems würden viele Griechen viel verlieren. Und genau deswegen ist die Annahme, ein solches Amt dann 2020 an den Start zu bringen, wohl pure Illusion. Solange aber die zentrale Frage um die Besitzverhältnisse nicht geklärt ist, ist und bleibt Griechenland für die Gläubiger ein hoffnungsloses Milliarden-Grab!



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2 Kommentare

  1. Unter Privaten käme somit zur Konkursverschleppung auch noch Veruntreuung.

  2. wenn jemand gewillt ist, ein Kataster zügig einzuführen, dann die aktuelle Regierung. In den letzten 20 Jahren haben PASOK und ND erfolgreich ein Kataster verhindert, sogar dafür vorgesehene Gelder wieder an die EU zurückgegeben. Beide Parteien haben damit erfolgreich ihr Klientel geschont.

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