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Größte US-Staatsinsolvenz aller Zeiten: US-Außengebiet Puerto Rico am Ende

So kam es nun, dass die Insel gestern Insolvenz angemeldet hat. Das tut die Regierung von Puerto Rico vor einem US-Gericht auf der Insel. Das Merkwürdige daran...

FMW-Redaktion

Man muss es immer wieder erst mal erklären, denn es ist in der Tat nicht so einfach. Puerto Rico ist kein US-Bundesstaat. Somit ist man nicht wirklich in Washington repräsentiert. Aber zolltechnisch gehört man zum US-Staatsgebiet, und so sind zum Beispiel Flüge von der Karibik-Insel mit 3,5 Millionen Einwohnern auf das US-Festland Inlandsflüge.


Die Flagge von Puerto Rico. Man gehört zu den USA, irgendwie, ein bisschen.

Man ist weder Fisch noch Fleisch, man hängt seit Ewigkeiten in der Luft. Man hat fast keine Rechte, ist aber trotzdem an US-Gesetze gebunden. Und dennoch sind die Bürger in der Tat lieber in so einem Status, als ganz unabhängig zu sein. Denn man sieht ja, wie es nebenan auf Haiti zugeht – so möchte man es sarkastisch sagen. Seit Jahren läuft auf Puerto Rico der sogenannte „brain drain“. Gut ausgebildete und Vermögende steigen einfach in den Flieger und siedeln sich auf dem US-Festland an. Zurück bleiben die Armen. Die Armutsrate auf der Insel beträgt 45%. Die Arbeitslosigkeit ist mehr als doppelt so hoch wie im Durchschnitt der USA.

Detroit ging im Jahr 2013 bankrott mit 18 Milliarden Dollar Schulden. Das ist aber nichts gegen Puerto Rico´s Schuldenberg von 70 Milliarden Dollar. Die Anleihegläubiger hatten lange gepokert, dass die US-Regierung in Washington schon ihre schützende Hand über ihr Außengebiet legen werde, und boten an auf 10% ihrer Schulden verzichten zu wollen. Puerto Rico wollte einen Schuldenschnitt in Höhe von 70% erzielen. Bei der Differenz war eine Einigung schwer möglich. So kam es nun, dass die Insel gestern Insolvenz angemeldet hat.

Das tut die Regierung von Puerto Rico vor einem US-Gericht auf der Insel. Das Merkwürdige daran ist: Als nicht existierende Kommune beziehungsweise nicht existierender Bundesstaat kann Puerto Rico eigentlich gar keine Insolvenz nach US-Recht beantragen. Daher hatte der US-Kongress letztes Jahr extra für den „Sonderfall Puerto Rico“ schon mal vorsorglich das sogenannte Rettungsgesetz „PROMESA“ erlassen. Danach kann Puerto Rico doch in die Insolvenz gehen. Der wohl in Kürze vom Gericht eingesetzte Insolvenzverwalter wird das machen, was in so einem Fall eben zu machen ist.

Schauen, was noch rauszuholen ist für die Investoren. Vermutlich werden die nun verdammt stark bluten und viel Geld verlieren. De facto ist Puerto Rico damit ein „default“ für die Anleihemärkte, also ein Zahlungsausfall. Wichtig ist auch: Die Insolvenz betrifft erst einmal nur eine Summe von 18 Milliarden Dollar, die direkt auf die Regierung der Insel lauten. Die weiteren Schulden sind oft ausgelagert auf staatliche Unternehmen wie Wasser- und Stromversorger. Sie könnten/dürften vielleicht auch bald folgen? Das kann man nicht genau sagen, aber der Rest dürfte vermeintlich mit gerissen werden im Abwärtsstrudel.

Ein Berater des Insel-Gouverneurs ließ gestern schon durchblicken, dass diese optisch getrennten Schulden auch bald in separaten Verfahren ausfallen könnten. Man kann es drehen und wenden, wie man will. Wer noch Geld für ein Ticket hat, wird sich Richtung Flieger begeben und aufs US-Festland übersiedeln – um es mal übertrieben auszudrücken. Und Puerto Rico, was wird aus der Insel? Es wird wohl ähnlich sein wie in kaputten US-Kommunen an den Großen Seen, die vom industriellen Niedergang betroffen sind. Der Amerikaner zieht dann einfach woanders hin, wo es Arbeit und Wertschöpfung gibt.

Ignorieren, und einfach weiter machen. Alle die zurückbleiben, haben eben Pech gehabt? „Kicking the can down the road“ nennt sich dieses Prinzip in den USA. Das Problem nicht klären, sondern einfach ignorieren und in die Zukunft verschieben. Irgendwer wird sich irgendwann mal vielleicht darum kümmern. Die Verarmung der betroffenen Gebiete nimmt dann immer weiter zu, weil so eine Abwärtsspirale nicht aufzuhalten ist. Welcher finanzkräftige oder gut gebildete Einwohner will dort noch leben, ohne schöne Einkaufszentren, ohne anständige ärztliche Versorgung, ohne ausreichend ausgestattete Polizeikräfte usw?

Die direkten Staatsschulden Puerto Rico´s galten lange Zeit als genau so sicher wie die „normalen“ Schulden von Festland-Kommunen. Deswegen hatten viele auf Seriosität bedachte Anleger jahrelang diese Anleihen gekauft. Am gigantischen 3,8 Billionen Dollar großen Markt für US-Kommunalanleihen ist dieser bald eintretende „default“ der größte Ausfall in der US-Geschichte.



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5 Kommentare

  1. heftig! und wieso berichtet sonst kein deutsches Medium darüber?

    1. Wie war das mit dem Sack Reis in China?

    2. Vielleicht macht Herr Trump, der Sie und mich auf allen Ebenen so herbe enttäuscht hat, Amerika nicht nur great again, sondern offiziell um einen weiteren Bundesstaat greater.
      Oder der Staat wird entschuldet indem Meeresgrundstücke verkauft werden – an Hoteliers wie Trump.
      Schön ist es dort ja wirklich:
      (Falls nicht der g e s a m t e LINK blau unterlegt sein sollte, muss man ihn als Ganzes kopieren und erneut einsetzen, sonst kommt man mitunter woanders drauf.)
      https://www.google.de/imgres?imgurl=http%3A%2F%2Fcdn-maf3.heartyhosting.com%2Fsites%2Fmuscleandfitness.com%2Ffiles%2Fstyles%2Ffull_node_image_1090x614%2Fpublic%2Fmedia%2Farianny-celeste-puerto-rico-main-promo.jpg%3Fitok%3D923xwJ-P&imgrefurl=http%3A%2F%2Fwww.muscleandfitness.com%2Fathletes-celebrities%2Firon-maiden-arianny-celeste-lights-puerto-rico&docid=7qLNfrk100RIrM&tbnid=0hBOZGUOHBDkaM%3A&vet=10ahUKEwiqiKmVmdbTAhWGI1AKHXruD20QMwhfKBswGw..i&w=1109&h=614&bih=603&biw=1152&q=puerto%20rico&ved=0ahUKEwiqiKmVmdbTAhWGI1AKHXruD20QMwhfKBswGw&iact=mrc&uact=8

  2. Arthur Bootsmann

    In den USA gibt es offenbar keine Angst vor Ansteckungsgefahren wie sie in der EU im Zusammenhang mit Griechenland als Grund für die Rettungspakte immer wieder angeführt werden. Anscheinend geht keine Gefahr für das Vertrauen in US-Staatsanleihen von der Pleite Puerto Ricos aus. Es lässt dennoch aufhorchen, da es konkret zeigt, wie schnell ein Staat sich seiner Verpflichtungen gegenüber den Anleihegläubigern entziehen kann.

  3. Puerto Rico,treffend Reicher Hafen, stellt die Blaupause für richtige US-Bundesstaaten dar!Da es,meines Wissens in den USA,keinen Länderfinanzausgleich gibt und der Mutterstaat selbst faktisch Pleite ist,wird auch dort gelten:Hilf dir selbst dann hilft dir Gott!Die Hedgefonds können ja dann das in Argentinien gelernte mal zuhause anwenden!Netter Gedanke.

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