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Großbritannien mit konkreten Problemen der jahrelangen Niedrigzinspolitik

FMW-Redaktion

Die Bank of England hat heute eine Denkschrift veröffentlicht, die ein Problem von jahrelanger Niedrigzinspolitik offenlegt. Aber nicht offziell auf der Webseite der Bank of England, sondern man publiziert diesen Text im öffentlichen Mitarbeiterblog der BoE „Bank Underground“ wo eigentlich freier Gedankenaustausch usw möglich sein soll. Aber so eine schwergewichtige Analyse dort zu publizieren, ist schon erstaunlich.

Immerhin stammt sie nicht vom Pförtner de BoE, sondern von Philipp Bunn aus der „Structural Economic Analysis Division“ der BoE. Es geht um die enormen Probleme mit Hypotheken in Großbritannien. 700.000 Haushalte in UK hätten ein hohes Risiko ihre Hypothekenraten nicht mehr zahlen zu können. Diese Zahl an Haushalten würde mehr als 30% des Vorsteuer-Einkommens für ihre Hypothekenrate ausgeben. Weitere 200.000 Haushalte würden sogar mehr als 50% dafür aufwenden. Eine von Bunn´s Kernaussagen im Text ist „Above a certain debt-servicing ratio, arrears rates rise sharply“. Ab einer bestimmten Relation steige die Zahl der Zahlungsausfälle schnell an.

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Der Chart zeigt: Gibt ein Haushalt in UK 30 oder 35% seines Bruttoeinkommens für eine Hypothek aus oder sogar mehr, explodiert ab diesem Niveau die Wahrscheinlichkeit eines Zahlungsausfalls, denn ab da nimmt der Anteil der Ausfälle stark zu. Grafik: Bank of England

Das Problem ist das billige Geld. Bereits jetzt wo viele Immobilienkredite mit Mini-Zinsen am Laufen sind, können diese insg. 900.000 Bankkunden nur unter hoher Belastung oder fast schon gar nicht mehr zahlen. Aber passiert mit diesen Immobilienkrediten, wenn die Bank of England jetzt ihre Niedrigzinspolitik ändert? Dieser Schwenk steht zwar nicht bevor, aber die Lage vieler Schuldner dürfte sich in den nächsten 12 Monaten wohl kaum entscheidend verbessern. Sie haben sich an das billige Geld gewöhnt, wie Schuldner in vielen anderen Ländern auch. Steigt der Leitzins nur minimal, und laufen dann Festzinsvereinbarungen zwischen Banken und Hausbesitzern aus, die dann turnusmäßig erneuert werden müssen, explodiert die monatliche Belastung und die Hausbesitzer können mit ihrem Einkommen die Hypothek nicht mehr bezahlen. Geschah etwas Ähnliches nicht etwa 2007 in den USA?

„The danger zone – when should we worry about how much households spend on their mortgages?“

…fragt Bunn in seinem Text. Es sei schwer zu bestimmen ab welchem Punkt genau ein Haushalt nicht mehr in der Lage sei seine Rate zu bedienen, aber wenn wir den Chart betrachten, dann ist dieses Niveau irgendwo ab 35% erreicht. Zitat Philipp Bunn:

„In the period since 2000, that danger zone appears to lie between spending 30% and 50% of pre-tax (or gross) income on mortgage payments, depending on the measure used (Chart 1). Although it is ultimately post-tax income that is used to make mortgage payments, gross income is used here because it is more widely available (we’ll come back to this later). There is a big difference in the number of people who are potentially at risk depending on whether the danger zone is defined as having a mortgage DSR above 30% or above 50%.“

Bunn´s Schlussfolgerung beschreibt das Risiko der steigenden Zinsen, wie von uns vorhin beschrieben. Was wenn die Zinsen durch die BoE angehoben werden? Zitat:

„Above a certain DSR, arrears rates rise sharply, and it is the number of households who fall into this DSR danger zone that we should worry about when thinking about how financial distress might rise following increases in interest rates or unexpected falls in income.“

Noch was zum Pfund…

Nachdem am Wochenende der britische Arbeitsminister Iain Duncan zurückgetreten war, mehren sich die Ängste David Cameron hätte sein Kabinett und seine Partei nicht mehr im Griff beim Thema Verbleib in der EU. Denn Duncan ist Brexit-Befürworter, und erneut bekommt die britische Öffentlichkeit demonstriert, wie sehr Cameron´s Parteigänger gespalten sind in dieser Frage. Das bringt das eigentlich unpolitische Pfund heute mal wieder unter Druck. Gegen den US-Dollar verliert das Pfund seit gestern Abend Handelsstart im Interbankenmarkt gut 80 Pips auf aktuell 1,4380. Der Verlust hält sich in Grenzen, aber das ist der Tenor zum Wochenstart im Pfund-Handel.

Wie nervös der Forex-Markt beim Thema Pfund heute und auch in den letzten Tagen ist, zeigt die Volatilität im Paar Pfund vs Dollar (GBPUSD). Gegen den Dollar liegt die Volatilität im Pfund-Handel heute 2,3% über der im Pfund-Handel gegen den Euro. Der höchste Spread seit 2008. Auch die Volatilitäten im Optionshandel können sich sehen lassen. Also: Auch wenn der Kurs im Augenblick keine gigangtischen Schwankungen hinlegt: Die Nervosität ist groß. Mit jeder politischen Äußerung, Rücktritten usw kann sich etwas tun.



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