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Großbritannien: Stimmung der Unternehmen pessimistischer als nach Lehman-Pleite

Stimmungen schaffen ökonomische Fakten: weniger Investitionen, weniger Neueinstellungen von britischen Unternehmen..

FMW-Redaktion

Brexit – kein Problem? Das sehen die britischen Großunternehmen offenkundig anders. Gemäß einer Umfrage des Beratungsunternehmens Deloitte, über das die „Financial Times“ berichtet, sind die Finanzchefs von 132 Firmen, die im FTSE 300 gelistet sind, pessimistischer als je zuvor, seit es dieses Befragung gibt (seit 2007) – und damit auch pessimistischer als unmittelbar nach der Pleite von Lehman Brothers.

So antworteten 73% der Befragten, dass sie die Aussichten für ihre Firma schlechter einschätzen als noch bei der letzten Befragung drei Monat zuvor. Deloitte begann die Umfrage unmittelbar nach dem Brexit-Votum der Briten. Du die Stimmung hat sich vollständig gedreht: so sagten bei der vorherigen Befragung nur 11%, dass sie für das kommende Jahr sinkende Umsätze erwarten würden – in der neuen Umfrage sind es zwei Drittel der Befragten und damit eine klare Mehrheit. Das korrespondiert mit zahlreichen Gewinnwarnungen, die britische Unternehmen seit dem Brexit-Votum veröffentlicht haben.

Und dass der Brexit die Chancen ihrer Unternehmen verschlechtern würden, bejahen mehr als zwei Drittel der Befragten – nur 13% glauben an eine Verbesserung durch den Brexit (das dürften eingefleischte Brexit-Befürworter sein oder Unternehmen, die von einem schwachen Pfund profitieren). Und diese negative Einschätzung der Zukunft hat ganz praktische Konsequenzen: 82% der Firmen werden ihre Investitionen zurück fahren (in der letzten Umfrage nur 34%), 83% der Firmen sagen, sie werden weniger Menschen einstellen (letzte Umfrage: nur 29%). Diese Tendenz zur Zurückhaltung der Unternehmen bei Investitionen und Neueinstellungen stieg schon im Mai deutlich an, hat sich aber durch das Brexit-Votum dynamisch beschleunigt.

Auffallend ist, dass die Finanzlenker (CFOs) eine weitere Aufweichung der Geldpolitik durch die Bank of England klar ablehnen: so wollen nur 3% eine Zinssenkung, nur 6% eine Ausweitung des QE durch die Notenbank. Man sieht also in einer lockeren Geldpolitik nicht die Lösung für die durch den Brexit drohenden ökonomischen Probleme. Auch Steuersenkungen oder vermehrte Ausgaben der öffentlichen Hand zur Stützung der Wirtschaft hat für die Befragten derzeit keine Priorität. Viel wichtiger finden die Befragten, dass die britische Regierung eine klare Agenda kommuniziert, wie sie die Verhandlungen mit der EU angehen will.

Gleichwohl sieht die Studie von Deloitte einen Hoffnungsschimmer: die schneller als erwartet abgelaufene Ablösung Camerons und der Antritt von Theresa May dürfte die Unsicherheit reduziert haben. Gleichwohl erwartet die britische Wirtschaft, das zeigt die Umfrage mehr als deutlich, schweres Fahrwasser. Wenn Firmen weniger oder gar nicht mehr investieren, weil sie die Zukunft pessimistisch einschätzen und daher auch kaum neue Mitarbeiter einstellen, werden auch jene Briten das zu spüren bekommen, die für den Brexit gestimmt hatten..



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