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Haben private Kurzfrist-Trader hierzulande bald bessere Chancen gegen Profis?

Hochfrequenzhandel ist der offizielle Begriff für die Tätigkeit von hochspezialisierten Unternehmen, die oftmals sogar direkt neben den Server-Gebäuden von Börsen eigene Serverräume mieten. Damit wollen sie durch die räumliche Nähe selbst winzigste Bruchteile von Bruchteilen von Bruchteilen von Sekunden nutzen um bei Börsenorders schneller zu sein als die Konkurrenz.

Große Umsatzanteile vor allem an Börsen in Europa und in den USA entfallen auf diese Hochfrequenzhändler, die große Summen ständig hin und her schieben. In den USA gab es bereits eine Regulierung in diesem Bereich. Dabei kommen fast gar keine Menschen mehr zum Einsatz. Sie programmieren die Software und überwachen im laufenden Handel, ob sie auch korrekt funktioniert. Besonders beliebt ist dieser extrem schnelle Handel rund um die Veröffentlichung von wichtigen Wirtschaftsdaten.

Dazu gehören zum Beispiel zahlreiche Konjunkturdaten aus den USA, die meistens um 14:30 oder 16:00 Uhr deutscher Zeit veröffentlicht werden. Aber auch Zinsentscheidungen von Notenbanken und die wöchentliche Veröffentlichung der Öl-Lagerbestände in den USA um 16:30 Uhr jeden Mittwoch sind beliebte Ereignisse, nur um mal einige wenige zu nennen. Wer winzige Sekundenbruchteile schneller ist als die Konkurrenz, kann die Daten für sich nutzen und zuerst in die richtige Richtung handeln. Betroffen von solchen Trades sind in der Regel und in den Charts ganz klar erkennbar Märkte wie Öl und der Euro vs US-Dollar. Aber auch Indizes und ganz normale Aktien sind tagtäglich davon betroffen.

Der normale private Trader oder auch der private Profi-Trader, der hauptberuflich an der Börse zockt, kann bisher gar nicht mithalten mit Hedgefonds und sonstigen Unternehmen, die Millionensummen alleine in die technische Infrastruktur investieren können, nur um einen Bruchteil einer Sekunde schneller zu sein. Das könnte sich jetzt eventuell ändern. Denn nach übereinstimmenden Berichten will die Eurex, die Derivate-Tochter der Deutschen Börse, ab Juli die Orders der Hochfrequenzhändler um eine Millisekunde (also 0,001 Sekunden) verzögern. Gelten soll diese Beschränkung testweise für Produkte auf deutsche und französische Aktien. Dadurch sollen andere „normale“ Anleger in die Lage versetzt werden bessere Chancen im laufenden Handel zu haben. Eine Millisekunde, das ist eine Ewigkeit für diese Profi-Zocker!

Ist es gut möglich, dass die Deutsche Börse bei einem Erfolg dieses Tests so ein Tempolimit für die sogenannten HF-Zocker (High Frequency) auch für den Kassamarkt einführt, also den „normalen“ Handel mit den originalen Basisprodukten wie Aktien und Anleihen? Das ist durchaus denkbar. Dann hätten auch in Deutschland normale Anleger rund um die Veröffentlichung wichtiger Daten bessere Chancen im schnellen aktiven Börsenhandel.

Die HF-Zocker sind wie gesagt auch in Deutschland ein wichtiger Faktor. Zum Beispiel bei Futures sollen sie gut 1/3 der Trades ausmachen. Welchen volkswirtschaftlichen Nutzen sie haben? Keinen. Ihre Argumentation gegen die Regulierung ihrer Geschäfte war stets, dass sie ja für deutlich mehr Liquidität in den Märkten sorgen. Aber mal ehrlich. Bevor es sie gab, war auch ausreichend Liquidität in den Märkten vorhanden! Und by the way… die schlimmsten Kursschwankungen in Indizes und Devisen in den letzten Jahren wurden durch wen verursacht? HF-Trader und ALGOS, wo die Menschen die Computer machen lassen, was wiederum zu völlig irrwitzigen Lawineneffekten führte.


Foto: Deutsche Börse AG



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2 Kommentare

  1. Wow eine Millisekunde. Da hat man ja richtig Vorsprung. Interessant wäre wie viel Marktkapital diese ALGOS inzwischen aufgesaugt haben. Da Aktien, Indizies und Rohstoffe ständig zur gleichen Zeit an markanten Widerständen hängen schätze ich auf 95%. Das gehört nicht verlangsamt, sondern verboten.

    Privatanleger oder Großinvestoren bestimmen nur welche Aktien steigen oder fallen, jedoch nicht die Höhe. Die Algos lenken den Gesamtmarkt. Fällt Beispielsweise Apple nachbörslich und zieht den Nasdaq etwas runter, so verstärkt sich der Effekt enorm in dem Algos alle Aktien in dem Indize verkaufen. Teilweise um mehrere Prozentpunkte. Niemand käme auf die Idee Aktien grundlos zu verkaufen, nur weil ein gehyptes Unternehmen mal einen schlechten Tag hat. In Millisekunden nachbörslich wohlgemerkt.

    Das ist kein Handeln, das ist automatisierte Bereicherung auf Kosten der Gesellschaft.

  2. nicht zuvergessen. wenn es stürmischer wird ziehen sich die algos zurück und stellen damit keine Liquidität zur verfügung

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