Der Handel zwischen China und den USA bleibt unberechenbar: Der Containerumschlag in chinesischen Häfen ist rückläufig. Gleichzeitig steigen die Frachtraten.
Während sich die Umschlagszahlen in chinesischen Häfen rückläufig zeigen, steigen zugleich die Frachtraten. Nach wie vor sucht der globale Handel ein neues Gleichgewicht, doch die zentrale Voraussetzung dafür fehlt: Planungssicherheit.
Handel USA-China: Weniger Containerumschlag in China
Das chinesische Transportministerium meldet für die erste Mai-Woche einen Rückgang des Containerumschlags in den chinesischen Häfen um 5,76 Prozent im Vergleich zur ersten April-Woche. Auch der gesamte Güterumschlag fiel um 5,84 Prozent. Allerdings fällt der gemessene Rückgang in die Zeit der Maifeiertage in China – was wahrscheinlich macht, dass es sich um saisonale Effekte handelt. Gleichzeitig meldet die Plattform Marlin Exchange 52 Ausfahrten chinesischer Schiffe in Richtung Nordamerika. Dieser Wert liegt knapp unter dem gewohnten Wochenschnitt von 55 bis 59 Ausfahrten.
Frachtraten auf Routen zwischen China und USA steigen
Trotz der rückläufigen Mengen steigen die Frachtraten weiter. Auf der Route Shanghai–New York kletterte der Preis pro 40-Fuß-Container laut Drewry World Container Index (WCI) von 3.500 auf 3.646 US-Dollar. Auch nach Los Angeles stiegen die Preise spürbar.
Diese Preisentwicklung passt nicht zu den gemeldeten Rückgängen bei den sogenannten „Blank Sailings“, also ausgefallenen Abfahrten. Zwischen dem 20. und 24. Mai lag die Ausfallquote laut Drewry bei 8,4 Prozent. Damit sinken seit drei Wochen die Blank Sailings.
Der Rückgang der geplanten Abfahrten steht wahrscheinlich im Zusammenhang damit, dass mindestens sechs komplette Linien zwischen China und den USA eingestellt wurden. Diese betreffen sowohl Häfen an der Ost- und Westküste als auch im Golf von Mexiko. Die Ursache dafür dürfte weniger in der aktuellen Nachfrageentwicklung liegen als in den andauernden Umstrukturierungen der Allianzen zwischen den großen Reedereien. Diese Neusortierung der Fahrpläne wird sich och über die kommenden Monate erstrecken und sorgt für eine temporär intransparente Kapazitätslage.
Hafen von Los Angeles meldet leichte Entwarnung
Ein Beispiel für diese Verzerrung ist der Hafen von Los Angeles. Im April wurden dort sechs Verbindungen gestrichen, im Mai wird mit 17 gerechnet. Auch das ist eher Ausdruck struktureller Umstellungen als einer linearen Marktkorrektur.
Bei der Prognose des Frachtumschlags zeichnet sich hingegen eine Entspannung ab. Für diese Woche erwartet der Hafenbetreiber einen Rückgang von 14% gegenüber dem vergangenen Jahr an ankommenden Containern, für nächste Woche wird sich aber die erwartete Menge um 44% erhöhen. In zwei Wochen steht im Moment noch die Prognose bei einem kräftigen Rückgang. Dies wird sich aber mit großer Wahrscheinlichkeit noch ändern.
Trotz dieser widersprüchlichen Signale bleibt der Handel in Bewegung – allerdings unter erheblicher Anspannung. Das 90-tägige Moratorium zwischen Washington und Peking eröffnet ein begrenztes Zeitfenster, das vor allem bei Standard-Massenware reicht, um einen kompletten Produktionszyklus abzuwickeln. Von der Order bis zur Ankunft in einem US-Hafen vergehen im Schnitt acht bis zwölf Wochen.
Große US-Importeure wie Walmart haben bereits begonnen, ihre Verschiffungen aus China wieder hochzufahren. Seit Verkündung des Moratoriums dürften die Drähte zwischen Disponenten, Produzenten und Logistikern glühen.
Keine Planung, kein Kurs, kein Netz
Der transpazifische Handel zwischen den USA und China ist nicht zum Erliegen gekommen. Aber das sensible Gleichgewicht ist massiv gestört. Die Märkte fahren auf Sicht. Reedereien takten ihre Kapazitäten im Wochenrhythmus, Großimporteure bewegen sich zwischen Vorsicht und Beschaffungspflicht. Das alles geschieht unter Bedingungen, die für ein global verzahntes Produktionssystem hochproblematisch sind. Wenn Güter vier bis acht Wochen unterwegs sind, wird jede kurzfristige Anpassung zur logistischen Lotterie.
Das 90-tägige Moratorium zwischen Peking und Washington ist daher nicht mehr als eine Atempause im Standardgeschäft. Wer heute ordert, hat gerade Zeit genug, um seine Produktion gerade rechtzeitig in einen US-Hafen zu bringen.
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