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Handelsdeal – Pflaster für ein gebrochenes Bein

Auffällig ist auch, dass die Chinesen, wie im Oktober, bisher keinen Handelsdeal unterschrieben haben und die Erwartungen der Amerikaner in der Zeit nach der Ausrufung eines angeblichen Deals sukzessive relativieren, wie dies jetzt auch wieder geschieht (siehe Video ab 1:50 Minute). Auch die Rücknahme von bereits etablierten Zöllen auf Initiative der USA ohne einen unterzeichneten Deal und ohne weiteres Entgegenkommen der Chinesen zeigt, wie sehr die Strategie Trumps China mit Zöllen unter Druck zu setzen an seine Grenzen gestoßen ist. Trump hat begriffen, wie anfällig sowohl der heimische Aktienmarkt als auch die Realwirtschaft im Falle einer weiteren Eskalation im Handelskrieg wären. Da speziell die Rücknahme von Zöllen ohne Gegenleistung Chinas die schwächer werdende Verhandlungsposition der USA zeigt, wird Peking erneut versuchen, Zeit zu gewinnen und die Konditionen für einen Phase 1 Handelsdeal zu seinen Gunsten abzuschwächen.

Der Handelskrieg zwischen China und den USA tobt weiter

Die durch den neuen US-Protektionismus ausgelösten Verwerfungen im Welthandel durch höhere Kosten, die erzwungene Verlagerung von Produktion, die Umleitung von Exporten über Drittstaaten (z. B. von China über Vietnam), die Unsicherheit bei Investitionen und das Aufsprengen von Lieferketten dauern unvermindert an.

Es ist noch ein langer Weg bis zu einem umfassenden Handelsdeal, der auch so sensible Punkte wie den Umgang Chinas mit staatlichen Unternehmen und Banken sowie chinesischen Auslandsinvestitionen umfasst. Und es gibt wenig Grund zu der Annahme, dass bald ein größerer Deal, also quasi ein Phase 2 Handels-Deal, erreicht werden kann. China spielt eindeutig auf Zeit und der US-Wahltermin rückt immer näher. Das Weiße Haus könnte im Gegenzug mit dem Anschein zufrieden sein, den Druck auf China aufrechtzuerhalten. Damit besteht die Gefahr, dass bis zu den Wahlen Anfang November nächsten Jahres außer einem Pseudo-Handelsdeal kein weiterer Fortschritt erreicht wird. In der Zwischenzeit bleiben wesentliche Teile der Zölle in Kraft und damit die Unsicherheit sowie die daraus resultierenden ganz realen Belastungen für die Weltwirtschaft.

Die Position Chinas scheint in der Realität von den Forderungen der Amerikaner immer noch sehr weit entfernt zu sein und das birgt zumindest die latente Gefahr eines neuerlichen Wutanfalls des Präsidenten, der schon im September zur spontanen Ausrufung neuer Zölle gegen China führte. Die Wahrscheinlichkeit dafür ist zwar aufgrund der neuen Interessenlage Trumps (Wahlkampf) gesunken, aber Unberechenbarkeit ist Teil der politischen Strategie Trumps auf allen Ebenen.

Ernüchterndes Fazit

Der einzige realistische Erfolg für die USA in dem angeblich erreichten Handels-Deal mit China ist die Vereinbarung über den Kauf von Agrarprodukten. Wobei die von beiden Seiten erwarteten Volumina stark voneinander abweichen. Die Amerikaner drängen permanent auf feste Abnahmekontingente in unrealistischer Höhe, wohingegen die Chinesen immer wieder betonen, nur so viel zu kaufen, wie sie tatsächlich benötigen, unter Wahrung der Lieferverträge mit Agrar-Produzenten in anderen Ländern. Tatsächlich werden die Chinesen in diesem Jahr daher auch nur ca. die Hälfte der in den beiden Vorjahren importierten Agrargüter in den USA kaufen. Auch deshalb, weil China in diesem Jahr, bedingt durch die Dezimierung der Schweinepopulation in Folge der Schweinepest, weniger Bedarf an Futtermitteln, speziell Sojabohnen hat.

Wenn aber die erhoffte Lieferung von Agrarprodukten auf dem Niveau der Jahre 2017 und 2018 nach China alles ist, was bisher erreicht werden konnte, wäre es dann nicht vernünftiger gewesen, China zu dauerhaft verbindlichen Zusagen für den Zugang zum Agrarmarkt zu bewegen anstatt einen Handelskrieg in epischem Ausmaß vom Zaun zu brechen und die Handelsbeziehungen der beiden größten Volkswirtschaften des Planeten dauerhaft zu beschädigen?

Stattdessen hat die Trump-Administration Subventionen in Höhe von 16 Mrd. US-Dollar als Ausgleich für handelsbedingte Verluste an amerikanische Farmer ausgegeben, was aber nur einem Bruchteil des tatsächlich entstandenen Schadens für die Agrar-Industrie abdeckt. Die Chinesen jedenfalls haben ihre Lektion gelernt und streben nun nach totaler Unabhängigkeit von amerikanischen Bauteilen und Zulieferern, speziell in der Hightech-Industrie. Die USA werden sich noch wundern, welch guten Kunden sie sich auf Dauer vergrault haben. Die Primärziele Trumps, das amerikanische Handelsbilanzdefizit abzubauen und hochwertige Jobs in die USA zurückzuholen, sind so nicht erreichbar.



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6 Kommentare

  1. Der aktuelle Deal muss ja nicht die Rettung sein. Wichtig ist, dass die Märkte dies glauben. Und ein endgültiger Deal wäre für die Börsen auch nicht gut. Denn dann könnnen sie nicht mehr der Möhre „Handelsdeal“ hinterherlaufen. Also jetzt kommt dann die Handelsdeal Phase II.

  2. Na ja, mal sehen ob das Plaster auch über den kommenden Freitag hinaus hält.

    1. Für Superhelden und harte Männer reicht ein Pflaster bei Knochenbruch oder Schusswunde ins eigene Bein. Drei Schritte humpeln, ein letzter verzerrter Gesichtsausdruck, dann wird die nächste Bergspitze erklommen. Erinnert an die Wayne-Brüder John und Bruce 🤪

      Heute erst gelesen: „Die US-Regierung richtet ihren Blick nun nach Europa, nachdem sie mit China eine Teileinigung im Handelsstreit erreicht hat“. Das erinnert nun eher an den dunklen Turm Barad-dûr und Saurons Böses Auge. Nachdem Gríma the Nigel „Schlangenzunge“ dem abtrünnigen weißhaarigen Saruman von der westlichen Insel das Bündnis zu verraten half und sich die wankelmütigen Haradrim aus dem Süden im Aufwind befinden, droht das letzte Bündnis der Gefährten zu scheitern.

      Die Zauberer an den Börsen werden es schon richten 🙃

      1. @Stina, als Filmfan muss ich mir diesen Kommentar einrahmen. Sensationell!

  3. @Hannes Zipfel
    Genauso sehe ich das auch. Das Spiel von Trump ist einfach viel zu durchsichtig.

    1. Klar ist es leicht zu durchschauen. Trump droht immer wieder und weiter, es wird aber keinen großen Deal geben. Das wichtigste ist ja auch, dass man weiter die Karotte vor dem Esel Börse her tragen kann.
      China kann unmöglich auf die Bedingungen eingehen. Da könnte man einem Säugetier gleich das atmen verbieten.

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