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Heuschrecken zeigen dem Staat wie Business geht – der Steuerzahler muss noch „ein wenig durchhalten“

Wie refinanzieren Private Equity-Investoren (die "Heuschrecken") oft ihre Investitionen? Wenn Sie beispielsweise in Deutschland mittelständige Unternehmen aufkaufen, tauschen sie das Management der Firmen aus. Diese Firmen werden dann gezwungen hohe...

FMW-Redaktion

Wie refinanzieren Private Equity-Investoren (die „Heuschrecken“) oft ihre Investitionen? Wenn Sie beispielsweise in Deutschland mittelständige Unternehmen aufkaufen, tauschen sie das Management der Firmen aus. Diese Firmen werden dann gezwungen hohe Schulden aufzunehmen. Diese Gelder müssen sie dann zwangsweise als Sonderdividende oder Kredite an die eigene Muttergesellschaft (also die Heuschrecken) abführen. Und dieser Betrag entspricht oft dem vorher gezahlten Kaufpreis.

So hat die Muttergesellschaft kein Verlustrisiko mehr bei ihrer Investition. Das Risiko liegt von da an alleine bei der nun mit Schulden überladenen Tochtergesellschaft. Gelingt es die Tochter brutal zu restrukturieren, kann die Private Equity-Firma den Laden Jahre später weiter verkaufen, und gut Gewinn machen. Gelingt es nicht und die Tochter geht den Bach runter, hat der Investor wenigstens kein Geld verloren. So einfach ist das.

Und so scheint es auch bei der HSH Nordbank zu laufen. Wie stolz waren die Länder Hamburg und Schleswig-Holstein, als man verkündete für die tolle Summe von 1 Milliarde Euro die HSH Nordbank verkauft zu haben an Private Equity-Investoren aus den USA (Cerberus etc). 1 Milliarden Euro, das ist doch was! Wir hatten gemutmaßt, dass die Investoren demnach genug Potenzial im vorhandenen Schiffsportfolio sehen, so dass man mehr als 1 Milliarde Erlös heraus ziehen kann.

Aber wie wir alle erst jetzt lernen können, läuft die Sache vermutlich (!) anders. Nach übereinstimmenden Medienberichten haben die Länder nicht nur dem Verkauf der Bank zugestimmt, sondern parallel dazu auch einem sogenannten „Portfolioübertragungsvertrag“ namens „Carve-out-Portfolio“. Die HSH Nordbank verkauft demnach ein Kreditpaket von 3,5 Milliarden Euro an die neuen Eigentümer mit einem Rabatt von 1 Milliarde Euro.

Auffällig ist: Der Kaufpreis für die HSH Nordbank liegt auch bei 1 Milliarde Euro. Wenn die Eigentümer nun also dieses Portfolio für 3,5 Milliarden Euro einfach weiter verkaufen an andere Investoren, haben sie ihren Kaufpreis für die HSH Nordbank auf einen Schlag wieder rausgeholt, denn sie haben dieses Paket ja für 2,5 Milliarden Euro gekauft, und das von der eigenen Tochter. Demnach wäre dieser Bankkauf ein risikoloses Geschäft für die Investoren.

Die Bundesländer wären nicht die Verlierer. In diesem Fall verliert wie bei allen anderen solcher Ausschlachtungen immer die Tochtergesellschaft, also hier die HSH Nordbank selbst. Da die Bank als Konstrukt wenig Mitleid erregt, wären die Mitarbeiter der Bank die großen Verlierer, wenn der Laden den Bach runtergeht. Denn durch diese Transaktion fehlt der Bank nun offensichtlich ein Vermögenswert von 1 Milliarde Euro – denn sie musste Forderungen weit unter Wert verkaufen. Somit startet die eigentlich sanierte HSH ihr neues Dasein als Bank im Privatbesitz mit einem dicken Loch in der Kasse – vermutlich jedenfalls!

HSH Nordbank-Brandherde schwelen weiter vor sich hin

Bevor die Länder Hamburg und Schleswig-Holstein die HSH Nordbank verkaufen konnten, hatten sie die Bank aufgehübscht, in dem sie den größten Schrott aus der Bank herauslösten, und direkt „ins eigene Buch“ nahmen. Dafür gründeten die beiden Bundesländer 2015 eine Zweckgesellschaft namens „hsh portfoliomanagement“. Sie kaufte der HSH Nordbank für den offiziellen Wert von 4,1 Milliarden Euro Schrott ab, wofür man nur 2,4 Milliarden Euro zahlte. Für diese Summe mussten die Bundesländer Schulden aufnehmen.

Aber schon bald musste die Zweckgesellschaft den Wert des Schrotts runter korrigieren auf 2 Milliarden Euro. Derzeit ist man dabei die Halde an Krediten und Schiffen immer weiter abzubauen. Die aktuellsten Geschäftsdaten haben wir weiter unten im Wortlaut abgedruckt, aber vorher noch zwei Details. Da wäre erstens der erstaunliche Umstand, dass diese eigentlich winzige Zweckgesellschaft inzwischen 60 Mitarbeiter hat, was den Steuerzahler letztes Jahr 5,9 Millionen Euro Gehalt gekostet hat. Bei nur noch 214 zu betreuenden Schiffen würde das bedeuten, dass rein rechnerisch jeder Mitarbeiter sich um 3,5 Schiffskredite kümmert.

Was gibt es da den ganzen Tag zu tun? Es wirkt eher wie eine Produktionsstätte für gut bezahlte Posten im Staatsdienst (immerhin im Schnitt ein Jahresgehalt von 98.300 Euro pro Mitarbeiter). Und was ist uns noch aufgefallen? Noch kann für die Steuerzahler von Hamburg und Schleswig-Holstein das Restportfolio der Zweckgesellschaft weiter Verluste produzieren und die Staatsschulden erhöhen. Was sagt der Vorstand der Gesellschaft Ulrike Helfer dazu? In großen Lettern ist von ihr auf der Webseite der Gesellschaft zu lesen Zitat:

„Der Schifffahrtsmarkt hat sich in der Vergangenheit immer wieder erholt – und das wird er auch diesmal tun. Wir müssen jetzt alle zusammen noch ein wenig durchhalten“.

Zitat Ende. Amen! Also gilt das Prinzip Hoffnung. Vielleicht wäre es ratsam der Öffentlichkeit zu sagen, dass hier weitere massive Verluste im Schrotthaufen schlummern? Aber nein, der Schiffsmarkt hat sich ja stets immer wieder erholt. Lasst uns alle gemeinsam an den Händen halten, die Augen schließen und das Beste hoffen – wir müssen nur noch ein klein wenig durchhalten… Hier die aktuellsten Daten zum Geschäftsabschluss der Zweckgesellschaft für 2017 im Wortlaut:

Der Aufbau der Abwicklungsanstalt der Länder Schleswig-Holstein und Hamburg konnte in 2017 erfolgreich abgeschlossen werden. Nach dem uneingeschränkten Testat der Wirtschaftsprüfer, hat der Verwaltungsrat der hsh portfoliomanagement AöR den Jahresabschluss 2017 heute festgestellt und genehmigt. Forderungen in Höhe von 193 Mio. Euro wurden zurückgeführt, 39 Schiffssicherheiten haben das Portfolio seit Übernahme verlassen, davon 37 in 2017. Dabei liegt der Erlös oberhalb der Buchwerte.

Die Verwaltungsaufwendungen der hsh portfoliomanagement sind im Berichtsjahr auf 28,4 Mio. Euro (Vorjahr: 27,9 Mio. Euro) gestiegen. Diese hohen Aufwendungen entfielen im Wesentlichen auf den weiteren Aufbau der Geschäftsorganisation. Der gestiegene Personalaufwand von 5,9 Mio. Euro (Vorjahr: 2,2 Mio. Euro) ist auf den weiteren planmäßigen Personalaufbau von 60 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zurückzuführen.

Insgesamt wurde ein Jahresfehlbetrag von 44,4 Mio. Euro ausgewiesen, der jedoch dank der wesentlich geringer ausgefallenen Risikovorsorge auf das Kreditgeschäft in Höhe von 2,4 Mio. Euro (Vorjahr: 470,1 Mio. Euro) deutlich (Vorjahr: 505,3 Mio. Euro) reduziert werden konnte. Ulrike Helfer, Vorstandsmitglied der hsh portfoliomanagement AöR, kommentiert: „Wir haben für das Jahr 2017 keine nachhaltige Verbesserung der Schifffahrtsmärkte erwartet. Auch wenn sich im abgelaufenen Jahr an den Schifffahrtsmärkten leichte Aufhellungen zeigten, gingen wir in unserer Planung noch davon aus, dass sich die angespannte wirtschaftliche Lage der Kreditnehmer insgesamt nicht maßgeblich ändern wird. Diese Annahmen haben sich bestätigt.“

Der Abbau des ausstehenden Kreditbetrages des notleidenden Schiffsfinanzierungsportfolios um nahezu 14 Prozent auf 3.856 Mio. Euro und der Abbau der Forderungen an Kunden um annähernd 20 Prozent auf 1.643 Mio. Euro ist auf sehr unterschiedliche Effekte zurückzuführen. Der größte Teil dieser Veränderung ist im Wesentlichen der schwächeren Dollarkursentwicklung (Rückgang um ca. zwölf Prozent) zuzuschreiben.

Heuschrecken Containerschiffe
Hinter all den Buchungen stehen immer die großen Containerschiffe. Beispielbild von Containerschiffen. Gemeinfreies Foto



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5 Kommentare

  1. Bei aller Kritik an den sog. Heuschrecken muss man bedenken, dass die hier beschriebene Praxis nur funktioniert wenn man Übernahmegesellschaft aufwertet. Am Ende des Prozesses steht ein Verkauf an, daraus erzielt die Heuschrecke dann ihren Profit. Jedoch muss man einen Käufer finden und dieser muss bereit sein einen höheren Preis zu zahlen als die Heuschrecke bezahlt hat. Der neue Käufer wird nur kaufen wenn er sich wiederum einen Profit verspricht. Die Heuschrecke muss das Geschäft der Gesellschaft also verbessern und effizienter machen. Deshalb ist die Pauschalkritik mMn unberechtigt. Man könnte es auch so sehen dass die Heuschrecken für effizientere Unternehmen u. Märkte sorgen was betriebs- u. volkswirtschaftlich begrüßenswert ist.

  2. diese Heuschrecken werden immer dumme finden, da es immer und ewig Politiker geben wird!
    die größte Verbrecher -und betrügerbank war die „Treuhand“! schlimmer las die kann man kein Volk betrügen!

  3. Ja, da hat Frank völlig recht:
    Man könnte es auch so sehen, dass das Wirken der ‚Heuschrecken‘ betriebs- und volkswirtschaftlich begrüßenswert ist.

    Zum Beispiel um das Jahr 2000, als die europäischen Märkte im Zuge der ‚Globalisierung‘ zwangsgeöffnet wurden, die Heuschrecken ungehindert nach Europa einfielen und die hiesigen – bis dahin in der Summe immer noch profitablen – Mischkonzerne filetierten.

    Das brachte binnen kurzer Zeit mehr als 3 Millionen neue Arbeitslose alleine in Deutschland mit sich (primär im geringqualifizierten Arbeitnehmerbereich), weil die ‚Werkbänke‘ ins seinerzeit noch billige Osteuropa verlagert wurden.

    Diese belasteten die Sozialkassen gar sehr, so sehr, dass Schröder & Co. Hartz IV auf den Weg brachten, um diese vormals in Lohn und Brot stehenden ‚arbeitsscheuen Sozialschmarotzer‘ davon abzuhalten, die Sozialkassen weiter auszurenten.

    Das brachte für die Binnenwirtschaft einen jährlichen Kaufkraftverlust von (umgerechnet) rund 2,5 Millarden Euro mit sich – von der fortwährenden Belastung der Sozialkassen mal abgesehen. Das ist volkswirtschaftlich gesehen natürlich ausgesprochen begrüßenswert.

    Manchmal habe ich den Eindruck, die Frage, ob manche Mitbürger noch alle Tassen im Schrank haben stelle sich gar nicht. Eher neige ich zu der Vermutung, dass manche niemals einen Schrank besessen haben. ;)

  4. Oh, Ihr Artikel wirkt ziemlich gut recherchiert – gar nicht wie die übliche Stimmungsmache gegen die HSH Nordbank AG. Hatten Sie also Gelegenheit mit den Akteuren direkt zu sprechen wie es journalistischen Gepflogenheiten entspricht um eine möglichst differenzierte Berichterstattung zu gewährleisten? Andernfalls dürften Sie sich wohl kaum Redaktion nennen, oder? Verantwortung beginnt bei einem selbst – und nicht beim Fingerzeigen auf andere. Wer sich davon beeindrucken lässt, möchte die Zusammenhänge offenbar nicht richtig verstehen.

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