Von Markus Fugmann
Sechs Wochen ist es nun her, dass sich der Maestro, als Mario Draghi, zuletzt geäußert hat. Für die Märkte ist das eine lange, eine sehr lange Zeit. Am Donnerstag aber ist es nun wieder so weit, und die Erwartung des Marktes ist , dass Draghi wieder etwas anbieten wird, also mehr von der Medizin darbieten wird, die bislang so unerfreulich wenig geholfen hat (siehe dazu „Diese zwei Faktoren zeigen das völlige Debakel für die EZB“).
EZB-Chef Mario Draghi.
Foto: EZB
Aber diese Erwatung ist wohl zu optimistisch. Und das aus vielerlei Gründen. Der erste ist: das Brexit-Votum der Briten hat nicht – wie von der Notenbank befürchtet – zu Verwerfungen an den Märkten geführt. Weder die Kreditmärkte, schon gar nicht die Aktienmärkte, die derzeit höher handeln als vor dem Brexit-Votum, zeigen Anzeichen von Streß (mit Ausnahme des Tages unmittelbar nach dem Votum). Und das bedeutet: das Bedürfnis der EZB, den Märkten ein beruhigendes Siganl geben zu müssen, ist faktisch nicht vorhanden!
Und das zeigt auch ein Blick auf die ökonomischen Daten der Eurozone: zwar zeigen die Einkaufsmanagerindizes zuletzt erste Bremsspuren (vor allem der deutsche Einkaufsmanagerindex für Diensleistung), weil viele Firmen sich vor allem mit dem Export nach Großbritannien schwer tun angesichts des im Vergleich zum Pfund viel teurer gewordenen Euros – aber das reicht noch nicht aus, ist noch zu vage, um jetzt schon einen Eingriff notwendig erscheinen zu lassen.
Bei der Pressekonferenz nach der letzten EZB-Sitzung im Juli, die noch unter dem Eindruck des Brexit-Votums stand, hatte Draghi gesagt, man brauche mehr Daten, um zu wissen, wo man stehe – das wisse man dann im September. Nun hat man mehr Daten, weiß aber nach wie vor nicht wirklich, wie die Lage derzeit ist. Das hat kürzlich EZB-Chefvolkswirt Praet noch einmal betont: alles irgendwie wie erwartet, als hätte es das Brexit-Votum gar nicht gegeben.
Nun war aber der dovsihe Ton Draghis bei der letzten Pressekoferenz im Juli hauptsächlich von der Erwartung bestimmt gewesen, dass der Brexit die Wirtschaft der Eurozone belasten würde – was bisher (scheinbar zumindest!) nicht wirklich der Fall ist – oder eher noch nicht. Aber das kann eben noch kommen, das weiß auch die EZB. Und wenn es kommt, wäre es jetzt unklug, noch mehr Pulver zu verschießen, als man ohnehin schon verschossen hat.
Ein weiterer Punkt ist das für November geplante Referendum über eine Senatsreform in Italien, an die Italiens Ministerpräsident Renzi bekanntlich seine politische Zukunft geknüpft hat. Scheitert Renzi, wäre die Wahrscheinlichkeit einer neuen Euro-Krise hoch – auch das spricht für eine erst einmal abwartende Haltung der EZB. Dazu noch die Frage, ob die Fed die Zinsen anhebt, ob Donald Trump die Wahlen in den USA gewinnen wird im November etc. Es liegen also jede Menge „event risks“ vor uns, vor allem im November. Man sollte dort besser reagieren können, das, was man noch im Köcher hat, aufbewahren. Und das spricht eindeutig dafür, den großen Wurf, sollte man ihn bei der EZB für notwendig befinden, wenn überhaupt erst auf der Dezember-Sitzung anzubringen.
All das spricht auch dafür, dass die Erwartung der Märkte enttäuscht werden dürfte. Ja, vielleicht wird es darauf hinauslaufen, dass das QE über die bisherige Laufzeit verlängert wird. Aber entscheidend ist wohl die Frage, ob die EZB ihre selbst gesetzten Regel für die Anleihekäufe ändert, weil ihr langsam aber sicher die kaufbaren Anleihen ausgehen werden (unter anderem weil Deutschland weniger Schulden aufnehmen wird über Anleihen; aber auch weil die Renditen massiv gesunken sind und die EZB nur bis -0,4% Rendite kaufen darf).
Im Juli hatte Draghi den September in den Vordergrund gerückt – und zu erwarten ist nun, dass er am Donnerstag den Dezember in den Fokus rücken wird. Für die Märkte wäre das wohl zu wenig..
Kommentare lesen und schreiben, hier klicken