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Inflation: Laut DIW ist nur die selbsterfüllende Prophezeiung problematisch

Magnet und Geldscheine

Die Inflation steigt deutlich auf inzwischen +4,1 Prozent. Die Erzeugerpreise klettern aktuell mit +14,2 Prozent auf den höchsten Stand seit dem Jahr 1974. Sogar im Monatsvergleich steigen sie rasant um 2,3 Prozent. Zahlreiche Faktoren zeigen aktuell dramatisch steigende Preise an. Es gibt aber eine Fraktion, die offenkundig der Meinung der Notenbanken nahe steht, dass diese ganze Sache mit der stark steigenden Inflation nur ein vorübergehendes Phänomen ist.

Zu dieser Fraktion gehört auch ganz eindeutig Dr. Marcel Fratzscher, Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW). Und eben dieses DIW hat heute ein Papier veröffentlicht, wonach die Gefahr beim Thema Inflation wohl nur von psychologischer Seite droht. Viele Faktoren wie Konjunkturpakete oder Lieferengpässe würden die Teuerung nur temporär antreiben. Das Risiko einer Lohn-Preis-Spirale sei aber nicht ausgeschlossen, wenn Inflationserwartungen steigen. Die EZB sollte laut DIW hier rechtzeitig „kommunikativ gegensteuern“.

Sorgen der Bürger über hohe Inflation

Viele Bürgerinnen und Bürger würden sich Sorgen machen, dass die stark gestiegenen Preise in diesem Tempo weiterhin so zulegen könnten. Derzeit tragen laut DIW aber vor allem die höheren Energiepreise zur Gesamtinflation im Euroraum bei – mit knapp 50 Prozent. Die klassischen Inflationstreiber wie Lohndruck, Konsum oder Produktionskosten würden sich hingegen eher moderat entwickeln, und würden nur temporär wirken. Ein Risiko gehe jedoch von den Inflationserwartungen aus, die eine Lohn-Preis-Spirale in Gang setzen könnten.

Das, was die Inflation derzeit treibt, sind laut Aussage des DIW vor allem vorübergehende Effekte, die aber „leider alle gleichzeitig zusammenkommen“. Die Effekte der Konjunkturpakete, die die Inflation über die nächsten zwei bis drei Jahre verteilt um 0,6 bis 1,7 Prozentpunkte schüren werden, sollen in absehbarer Zeit auslaufen. Auch Lieferengpässe, die derzeit die Kosten in der Produktion in die Höhe schießen lassen, sollten sich laut DIW im kommenden Jahr auflösen. Von der Angebotsseite sei allein deswegen weniger Preisdruck zu erwarten, weil die Inflation bei den Dienstleistungen, die zwei Drittel der Kerninflationsrate ausmachen, weiterhin bei unter einem Prozent liegt. Auch der Lohndruck und die Konsumneigung würden sich bisher moderat entwickeln. Das DIW geht daher davon aus, dass die Inflation noch mehrere Monate erhöht bleibt, sich aber abschwächt, wenn die temporären Effekte nachlassen.

Nur ein gefühltes Problem, das zur selbsterfüllenden Prophezeiung werden könnte?

Ist die hohe Inflation nur Einbildung, und müssen wir alle einfach nicht darüber reden, dann passiert auch nichts Schlimmes? Gehen die KonsumentInnen, aber auch die Unternehmen davon aus, dass die Preise weiter so steigen, werden die Menschen laut DIW nämlich Käufe vorziehen und höhere Löhne fordern. Die Unternehmen wiederum würden auf ihre Preise aufschlagen, wenn sie damit rechnen, höhere Löhne und höhere Erzeugerpreise zahlen zu müssen. Dies könne eine klassische Lohn-Preis-Spirale in Gang setzten, die „weniger auf tatsächlichen strukturellen Faktoren als auf einer psychologischen Dynamik“ basiert, so das DIW. Höhere Inflationserwartungen könnten dann zu einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung werden und die tatsächliche Inflation ankurbeln.

Die EZB sollte die Entwicklung von höheren Erwartungen an die Inflation laut DIW aber genau beobachten und sich rechtzeitig für den Fall einer Lohn-Preis-Spirale wappnen, und möglichst jetzt schon kommunikativ gegensteuern. Letztlich sei es aber nicht nur die Aufgabe der Zentralbank, sondern auch der Politik und Wissenschaft, die Öffentlichkeit über die Ursachen der derzeitigen Inflation faktenbasiert zu informieren, um die Inflationserwartungen solange wie möglich auf einem angemessenen Niveau zu halten.

Grafik des DIW zur Inflation



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2 Kommentare

  1. Die EZB sucht wohl schon nach der perfekten Ausrede für eine außer Kontrolle geratenen Inflation:

    Wir sind unschuldig! Schuld sind die saudummen Verbraucher mit ihren übertriebenen Inflationssorgen!

  2. Pingback: Zinsen Update: Ausblick; Langzeitanalysen; Freie Analysen; Zinshandel.de

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