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Hongkong: Die Preise für Wohnimmobilien brechen ein

Die Skyline von Hongkong

Die Immobilienpreise in Hongkong könnten auf einen mehrjährigen Abwärtstrend zusteuern. Gleich mehrere Faktoren belasten den Markt.

Die Krise in Hongkong und Sonderfaktoren drücken auf die Preise

An einem der bislang teuersten Immobilienmärkte der Welt gibt es ein neues Phänomen: rückläufige Preise. Besonders neu gebaute Wohnimmobilien sind bereits davon betroffen. In den letzten zwölf Monaten betrug der Preisrückgang bei dem Verkauf neuer Wohnungen durchschnittlich 27 Prozent. Dieser massive Wertverfall hat mehrere Gründe. Vor allem die seit sechs Monaten andauernden Proteste in der Stadt haben Investoren verunsichert und den Kapitalzustrom in die Finanzmetropole nahezu zum Erliegen gebracht.

In den letzten 24 Monaten wurden zudem die Kapitalverkehrskontrollen in China verschärft, was vor allem Festlandchinesen von Investitionen in den Immobilienmarkt Hongkongs abhält. Peking möchte verhindern, dass zu viel Geld aus China abfließt und der Außenwert des Yuan dadurch zu stark unter Druck gerät.

Aber auch steuerliche Gründe und eine zuvor künstliche Verknappung spülen vermehrt Wohnfläche auf den Markt. Viele Bauträger verkauften ihre Objekte, um einer neuen Steuer auf unbebauten Wohnraum zu entgehen. Insgesamt wurden allein aus diesem Grund im Jahr 2019 über 20.000 Immobilien verkauft, gespeist aus dem Bestand, der sich in den letzten 15 Jahren aufgebaut hatte.
Nach drei Jahren permanent steigender durchschnittlicher Preise für Wohnraum in Hongkong kommt der Trend damit an einen Wendepunkt. Noch im Jahr 2018 wurden Rekordpreise erzielt. Wie teuer der Markt mittlerweile ist, verdeutlicht das Beispiel eines Bürohaus-Parkplatzes mit der Größe von 12,5 Quadratmetern, der umgerechnet zu einem Preis von 900.000 Euro verkauft wurde.

Strafsteuer auf ungenutzten Wohnraum

Neben den politischen Forderungen geht es bei den Protesten vieler junger Menschen auch um den zunehmenden Mangel an bezahlbarem Wohnraum in Hongkong. Das Wohlstandsgefälle ist enorm: Nahezu 20 Prozent der Einwohner Hongkongs lebt unterhalb der Armutsgrenze. Ganze Familien hausen in sogenannten Nanowohnungen mit unter 20 Quadratmetern Wohnfläche. Hongkonger, die sich nicht einmal diese Kleinstwohnungen leisten können, leben in „Sargzimmern“. Schätzungsweise 200.000 Menschen, davon 40.000 Kinder, leben in Wohnungen von 1,4 bis 9,3 Quadratmetern.

Ähnlich der Situation in Berlin floss in den letzten Jahren sehr viel spekulatives Geld in die Stadt, auch aus dem Ausland, das die Immobilienpreise nach oben trieb und gleichzeitig dringend benötigte Wohnfläche dem Markt entzog. Im Gegensatz zu Berlin fordern die Demonstranten in Hongkong allerdings keine Enteignungen, sondern Maßnahmen gegen die Hortung von ungenutztem Wohnraum zu rein spekulativen Zwecken.

Die Regierung Hongkongs versucht, diese Spekulation mit einer Steuer auf Leerstand einzudämmen. Sofern eine neu errichtete Wohnungen sechs Monate nach ihrer Fertigstellung immer noch ungenutzt ist, kann eine Sondersteuer auf bis zu fünf Prozent des Immobilienwertes erhoben werden.

Als direkte Folge dieser drohenden Srafbesteuerung ist die Anzahl der zum Verkauf stehenden Objekte sprunghaft angestiegen.
Seit Jahresbeginn wurde in Hongkong so viel Wohnraum verkauft, wie seit dem Jahr 2004 nicht mehr. In den ersten elf Monaten dieses Jahres wurden rund 20.000 neu gebaute Immobilien im Gegenwert von 214 Milliarden Hongkong-Dollar (24 Milliarden Euro) verkauft.

Der dynamische Rückgang der Immobilienpreise bedeutet für Immobilienentwickler somit zwar geringere Erträge aber auch deutlich höhere Umsätze.

Trend zur Verkleinerung

Der Trend in der 7,5 Millionen Einwohner Metropole geht weiter in Richtung kleinere Wohneinheiten, um den Bedarf einer wachsenden Bevölkerung schneller zu decken. Die Tatsache, dass die Preise in den meisten Teilen der Stadt rückläufig sind, hat also auch damit zu tun, dass Wohnraumentwickler vermehrt kleinere Wohnungen anbieten, die automatisch den Durchschnittspreis der angebotenen Wohneinheiten mindern.

Es geht dabei nicht um die Nanowohnungen von weniger als 20 m², die wegen des sehr stark eingeschränkten Wohnkomforts einen schlechten Ruf genießen, sondern um Durchschnittswohnungen.

Um dem Wohnungsmangel zu begegnen, versuchen die Gesetzgeber in Hongkong mit einem Bündel aus Maßnahmen, Spekulanten abzuschrecken und Erstkäufern den Marktzugang zu erleichtern. Dazu gehören auch staatlich subventionierte Darlehen für den Erwerb von Erstimmobilien.

Fazit und Ausblick

Für das nächste Jahr erwarten Analysten einen Rückgang um weitere 10 bis 15 Prozent bei den Preisen für neue Wohnimmobilien. Nach wie vor besteht zwar theoretisch ein Nachfrageüberhang an Wohnraum in der wachsenden Metropole. Das Problem ist primär aber die Leistbarkeit. Die Binnennachfrage könnte den Markt also stabilisieren, wenn die Preise weiter zurückkommen und sich mehr junge Hongkonger Wohnraum in ihrer Heimat leisten könnten. Der Wegzug aufs chinesische Festland kommt für die meisten Menschen in der Sonderverwaltungszone aus politischen Gründen nicht in Frage.

Auf absehbare Zeit dürften die Proteste und der sehr autoritäre Umgang Pekings mit den Demonstranten ein Belastungsfaktor für den Markt darstellen. Das Mehrangebot aus bislang zurückgehaltenen Spekulationsobjekten dürfte hingegen ein temporärer Sondereffekt sein, der sukzessive an Bedeutung verliert. Die schwache wirtschaftliche Entwicklung in Hongkong und die politische Instabilität bleiben aber als Belastungsfaktoren in zunehmendem Maße erhalten.



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2 Kommentare

  1. „Steuer auf Leerstand“ das ist eine sehr sinnvolle Steuer. Diese ganze Spekulation führt dazu, dass die leute aus den Städten gedrängt werden. London hier auch ganz vorne dabei. Genauo unbebaute und ungenutzte Grundstücke nur zur Spekulation.

    Pakrplatz für 900.000€. Wow, dass das noch Jemand bezahlt.

    1. Hallo Berlin, habt ihr mitgelesen? So gehts!

      Hier in Deutschland kann man entgangene Mieteinnahmen wegen leerstehenden Wohnungen sogar noch von der Steuer absetzen.

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