Allgemein

Hyperinflation: In Venezuela kostet ein Liter Milch 6,7 Millionen Bolívar

Sechs Nullen werden gestrichen

Um Zahlungsprozesse und die Buchhaltung im privaten und öffentlichen Bereich zu vereinfachen, hat die Banco Central de Venezuela (BCV) am Donnerstag bekannt gegeben, dass zum Stichtag 1. Oktober sechs Nullen auf den Geldscheinen gestrichen werden. Ab dann ist der neue 100-Bolivar-Schein die höchste Stückelung. Die 1-Million-Banknote als Symbol der Hyperinflation schlechthin und ironischerweise ausgestattet mit dem Konterfei des Freiheitskämpfers Simón Bolívar wird aus dem Verkehr gezogen.

Dies ist bereits die dritte Wertanpassung in der sozialistischen Ära Venezuelas: Der Bolivar verlor 2008 unter dem inzwischen verstorbenen Präsidenten Hugo Chávez drei Nullen, während sein Nachfolger Nicolás Maduro 2018 fünf Nullen eliminierte. Nun lässt Maduro weitere sechs Nullen streichen.

Einführung des digitalen Bolivar

Gleichzeitig gab der Präsident der Zentralbank von Venezuela, Calixto Ortega Sánchez, das Inkrafttretens des digitalen Bolívar (Petro) ab 1. Oktober 2021 bekannt. Eingeführt wurde der Petro bereits im Jahr 2018 zur Bekämpfung der Inflation. Konzipiert wurde die Digitalwährung als Stablecoin, der mit den Ölreserven des Landes hinterlegt sein soll. Da in Venezuela aber die Korruption und die Selbstbereicherung auf allen Ebenen grassiert, hat die theoretische Öldeckung dem Petro nicht zum Durchbruch verholfen. Parallel zur Einführung kündigte Maduro damals an, die nationale Ölproduktion drastisch zu erhöhen. Tatsächlich brachen die Fördermengen von 2018 bis 2020 um weitere 63 Prozent ein. Ob die Hoffnung der Regierung und der BCV sich erfüllen, den US-Dollar als Parallelwährung durch den digitalen Bolívar verdrängen zu können, bleibt fraglich, da auch diese Währung der Kontrolle des Staates unterliegt und daher in der Bevölkerung wenig Vertrauen genießt. Die Inflation und das ökonomische Dilemma werden so sehr wahrscheinlich nicht beseitigt.

Lesen Sie auch

Fazit

Die Lebensqualität der Venezolaner wird ein digitaler Bolívar ebenso wenig verbessern können, wie das Streichen von sechs nullen auf den kaufkraftschwindsüchtigen Geldscheinen des Landes. Es ist herzzerreißend, wenn man mit Venezolanern über ihre Heimat spricht. Von der Karibik-Küste bis zu den Anden verfügt das Land über eine atemberaubende Natur, die man nirgendwo sonst auf der Welt erleben kann. Venezuela ist ein potenzielles Traumziel für Touristen aus aller Welt. Aber die Sicherheitslage ist prekär. Die Hauptstadt Caracas war einst eine blühende Metropole. Heute gleichen viele Stadtviertel den Drehorten eines postapokalyptischen Films. Gleichzeitig sitzt das Land auf enormen Bodenschätzen.

Den Venezolanern könnte es theoretisch materiell so gut gehen wie den Saudis. Es ist erschreckend, wie Politik den Wohlstand eines mit natürlichen Ressourcen so üppig gesegneten Landes zerstört. Dass auch die Währung eines derart erdölreichen Staates durch eine Hyperinflation verfallen kann, sollte auch den Politikern in den vermeintlich reichen Industriestaaten zu denken geben.



Kommentare lesen und schreiben, hier klicken

Lesen Sie auch

1 Kommentar

  1. Selbst noch im 20-ten Jahrhundert wäre Venezuela ein Land gewesen, reif für eine feindliche Übernahme. Es hätte einen neuen Herren bekommen, das Volk wäre, wie unter jedem Feudalregime, arm geblieben, aber nur Abgaben, Seuchen und Hungersnöte hätten ihm ernsthaft zugesetzt. So war es Jahrtausende lang, so wäre es immer noch. Nun aber hatte das Land das Pech sich die Fortschrittsfreunde einzufangen, die ja auch nicht einfach regieren können wie die alten Familiendynastien, z.B. die Sauds und sie halten sich hartnäckig wie die Krätze.

    Mitfühlende Kapitalisten drücken sich jetzt eine Träne aus dem Gesicht: ach die armen Menschen, man hätte so viel aus dem Land machen können, all das Öl und dann der Tourismus… aber die woken Kapitalisten sind eben auch ganz und gar Geschöpfe des 21-ten Jahrhunderts. Sie sind aufgewachsen in der Marktwirtschaft, die dereinst in grauseligen Zeiten entstanden war, als noch Menschen aus ihren Ländern entführt und verkauft wurden. Für das, was vor 10 Generationen war, schämen sie sich jetzt ganz dolle, aber nun sind sie endlich gut, sie beugen das Knie und wenn sie sich öffentlich noch mehr schämen und Tränen wegdrücken, werden sie noch besser. Das ist nicht einfach ihre Freiheit, das ist ihre Etikette – man fühlt sozialistisch-fortschrittlich und zeigt das auch.

    Nun bröckeln auch ihre eigenen Länder, die des real existierenden Fortschritts und es mehren sich die Zeichen von Dekadenz, von Anarchie und Tyrannei die stets gemeinsam auftreten. Sie verlieren das Mandat des Himmels, aber die Mongolen reiten noch in der Steppe, die Crashpropheten irren sich einfach immer und man kann den Verfall strecken, wie eine Schuldentransformation. So schnell wird das Erbe aus den Zeiten in denen man noch grausam war gegen sich, die Natur und alle, schon nicht verprasst werden. Sollte der Himmel fallen so sind wir alt und das Leben war gut.

Hinterlassen Sie eine Antwort

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert




ACHTUNG: Wenn Sie den Kommentar abschicken stimmen Sie der Speicherung Ihrer Daten zur Verwendung der Kommentarfunktion zu.
Weitere Information finden Sie in unserer Zur Datenschutzerklärung

Meist gelesen 7 Tage