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ifo-Index hinter den Kulissen – warum die Stimmung so gut ist

Schutzmaske und Einkaufswagen

Wir haben um 10 Uhr über den ifo-Index berichtet, den wichtigsten deutschen Konjunkturindikator, der auch international sehr viel Beachtung erfährt. Der ifo-Index (96,6 bei Prognose von 93,2) wie auch die Geschäftserwartungen (100,4 bei Prognose von 95,0) fielen deutlich besser aus als erwartet, und als im Vormonat. Die Grundaussage dazu lautet, dass die Stimmung in der Industrie sowieso bestens ist, und dass die Dienstleister optimistisch auf die Erholung nach der Coronakrise in den nächsten Monaten schauen.

Aber kann dieser Optimismus im ifo-Index auch ein verzerrtes Bild zeigen? Dazu ist uns vor wenigen Minuten der frische Kommentar von Jörg Krämer in die Hände gefallen, dem Chefvolkswirt der Commerzbank. Er hat sich die Zahlen genauer angeschaut, und hat dazu sehr interessante Anmerkungen gemacht. Grundsätzlich sieht auch er eine optimistische Grundstimmung in der Wirtschaft. Aber da ist noch mehr.

Einzelhandel und der Befragungszeitraum für den ifo-Index

Jörg Krämer merkt an, dass die Einzelhändler ihre gegenwärtige Geschäftslage weniger schlecht beurteilen – dies decke sich mit den Bewegungsdaten von Google, die in den letzten Wochen deutlich mehr Menschen in Einkaufspassagen etc registriert hätten. Aber der ungewöhnlich kräftige Sprung in den Geschäftserwartungen könne teilweise daran liegen, dass sich die Einzelhänder beim Beantworten der Umfrage für das ifo-Institut in der ersten März-Hälfte Hoffnungen auf eine bevorstehende Lockerung des Lockdowns gemacht haben. Diese sollten jedoch nach dem Corona-Gipfel am Montag einen Dämpfer erhalten haben, so Jörg Krämer. Also zu viel Optimismus, weil der Befragungszeitraum nur bis Mitte März reicht?

Industrie

In der Tat – die Lage für die deutsche Industrie ist gut. Laut Jörg Krämer habe die deutsche Industrie gelernt mit der Pandemie umzugehen. Außerdem profitiere sie von der starken Auslandsnachfrage – übrigens nicht nur aus China, sondern auch aus den USA und aus dem Rest des Euroraums. Aber bei der ungewöhnlich guten Lagebeurteilung im ifo-Index könne ein Basiseffekt eine Rolle gespielt haben. Bei der Frage nach der gegenwärtigen Geschäftslage lassen sich seiner Aussage nach nämlich zahlreiche Unternehmen vom Vorjahresvergleich der Umsätze leiten, der zur Zeit natürlich sehr hoch ausfällt, weil die Industrie vor einem Jahr unter dem ersten Lockdown litt. Also auch hier – ist das optimistische Bild verzerrt, ist es zu optimistisch?

Starke Erholung

Dennoch könnte eine kräftige konjunkturelle Erholung anstehen. Laut Jörg Krämer habe man bei der Commerzbank für seine Prognose (abgesehen vom ifo-Index) unterstellt, dass der Lockdown in der gegenwärtigen oder leicht gelockerten Form noch bis Ende Mai in Kraft bleibe. Dies sei für die betroffenen Unternehmen im Einzelhandel und Dienstleistungsbereich und ihre Beschäftigten schlimm. Für das zweite Quartal rechne man nur mit einer verhaltenen Erholung, nachdem das Bruttoinlandsprodukt im ersten Quartal wahrscheinlich um mehr als 2% geschrumpft ist. Aber nach einem Ende des Lockdowns erwarte man jedoch weiter eine kräftige wirtschaftliche Erholung. Die Erfahrung des hohen Wachstums im dritten Quartal 2020 (8,5% ggü. Q2) zeige, wie stark sich die Wirtschaft erhole, wenn der Staat die Corona-Beschränkungen lockert, so Dr. Jörg Krämer.

Grafik zeigt ifo-Index nach Sektoren aufgeteilt



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