Die Experten Gerd Kommer und Thomas Mayer hatten sich vor einigen Tagen äußerst kritisch zum deutschen Immobilienmarkt geäußert. So bestehe laut Mayer die Möglichkeit, dass der deutsche Immobilienmarkt vor zahlreichen NOCH nicht erzwungenen Verkäufen steht, die noch zu einem drastischen Absturz der Immobilienpreise führen können. Aktuell gibt es eine andere Sichtweise auf das Thema Immobilien, und zwar vom Chef der Allianz. Die Versicherung verwaltet direkt und über Töchter gigantische Geldbeträge.
Immobilienmarkt im Absturz – oder selektiv schon ein guter Kauf?
Lohnt es sich selektiv vorzugehen? Für einen Privatanleger, der nur über Fonds oder Immobilienaktien agieren kann, ist dies natürlich weitaus schwieriger als für die ganz großen Kapitalsammelstellen, bei denen es zum Beispiel um komplette Bürogebäude geht. Allianz-Chef Oliver Bäte will das Asset-Management-Geschäft der Allianz SE durch ein stärkeres Vordringen in den Bereich der alternativen Anlagen stärken. Viele Chancen sieht im derzeit arg gebeutelten Immobilienmarkt, wie er in einem Interview mit Bloomberg sagte. Er verriet auch, dass sich die Kundengelder bei der Fondstochter Pimco stabilisiert haben, dass im Versicherungsgeschäft mit keinen großen Übernahmen zu rechnen ist, und er die Allianz-Aktie für unterbewertet hält.
“Wichtig ist nachhaltiges Wachstum in unseren neuen Produkten, insbesondere alternative Anlagen wie Immobilien”, erklärte Bäte. “Der aktuelle Abschwung am Immobilienmarkt ist eine Chance für unsere Fonds.” Vielerorts sinken die Preise wegen der stark gestiegenen Zinsen. Für die Allianz böten alternative Strategien den Vorteil, dass es dort weniger Schwankungen bei den angelegten Geldern gebe. Zudem winke eine bessere Marge. “Über den Zyklus gerechnet sind alternative Angebote für einen Asset-Manager viel attraktiver”, so sagt es Oliver Bäte.
Die Allianz sichert sich mit dem Asset Management, das neben Pimco auch aus Allianz Global Investors (AGI) besteht, zusätzlich zum Versicherungsgeschäft eine relativ stabile Ertragsquelle. Ende März verwaltete der Konzern fast 1,7 Billionen Euro an Geldern externer Kunden, wofür man Gebühren kassiert. Der Kollaps einiger von AGI angebotener Hedgefonds führte unlängst allerdings auch zu Milliarden-Belastungen. Zudem litt Pimco im vergangenen Jahr unter Abflüssen in Folge des globalen Bonds-Ausverkaufs.
Oliver Bäte zufolge werden derzeit viele alternative Assets verkauft, unter anderem am Immobilienmarkt. In den USA geschehe dies in einigen Ecken des Marktes schon in Panik. Das sei typischerweise ein Zeichen dafür, dass man bald wieder billig kaufen könne. Besonders den Markt für Gewerbeimmobilien hält Bäte für überverkauft. “Es gibt natürlich sehr alte, nicht besonders gut bewirtschaftete Immobilien, die auch dauerhaft ein Problem haben werden. Aber auch bei AAA-Immobilien in Top-Lagen schauen die Leute kritischer hin, und das ist totaler Unsinn.” Wann der Boden bei Preisen erreicht sei, lasse sich im Moment noch nicht sagen.
Die Schnäppchenjagd am Immobilienmarkt gehe allerdings bereits los, so Bäte: “Es gibt Firmen, auch in Deutschland, die sehr viel Stress haben, weil sie sehr hohe Fremdkapital-Belastungen haben, und dort findet man schon heute die ein oder andere Chance”.
Blick auf Immobilienaktien
FMW: Betrachten wir an dieser Stelle nur mal drei deutsche Aktien und ihre Performance vom Höhepunkt ausgesehen (was nicht heißen soll, dass Herr Bäte diese Unternehmen meint!). Der TradingView Chart zeigt seit August 2021: Vonovia fiel bis jetzt um 66,71 %, LEG Immobilien um 60,68 % und TAG Immobilien um 67,86 %.
Gehen wir im folgenden Chart 10 Jahre zurück: Vonovia stieg bis heute um gerade mal 12,46 %, TAG u m 6,58 %, LEG um 37,86 %. Die Mühe, in diese Immobilienaktien zu investieren, hätte man sich auf diese lange Sicht gesehen sparen können. Das plumpe Investment in den Dax (gelbe Linie) hätte in den letzten zehn Jahren nämlich 95,89 % Gewinn gebracht. Aber sieht man es aus Sicht eines Investors, der heute überlegt neu in den Immobilienmarkt zu investieren, und zwar über Aktien – ist es aus dieser aktuellen Sicht gesehen inzwischen ein günstiger Einstiegszeitpunkt? Das ist die Frage aller Fragen. Die große Heizungswende steht den Vermietern erst noch ins Haus, und ob die Immobilienpreise ihren Boden gefunden haben, und wie lange die Zinsen noch hoch bleiben… das sind Unsicherheitsfaktoren, die den Markt weiter belasten können. Aber zumindest wurden die Aktien von Immobilienkonzernen die letzten zwei Jahre kräftig an die Krise angepasst.

FMW/Bloomberg
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